…unter besonderer Berücksichtigung der Kredite an den Unternehmenssektor
Wien (oenb) - Die Analyse der statistischen Daten sowie der Ergebnisse der Umfragen bei österreichischen
Unternehmen geben keine eindeutigen Hinweise für das Bestehen einer Kreditklemme. Allerdings deuten Umfragen
bei Unternehmen darauf hin, dass ein Teil der Unternehmen nach wie vor mit verschärften Kreditvergabekonditionen
konfrontiert ist. Die seit Jahresbeginn beobachtete Abschwächung der Kreditdynamik dürfte zum überwiegenden
Teil auf den bis zur Jahresmitte beobachtbaren starken konjunkturellen Einbruch, der mit rückläufigen
Investitionen verbunden war, zurückzuführen sein. Entlastend für die Unternehmen wirkt die in Folge
der Zinssenkungsschritte der EZB seit Oktober 2008 gesunkene Zinsbelastung bei allen ausstehenden Krediten. Einige
Unternehmen berichten auch von Kreditangebotsbeschränkungen. Das Risiko, dass die Nachhaltigkeit der sich
abzeichnenden konjunkturellen Erholung dadurch beeinträchtigt werden könnte, dass das Kreditangebot der
Banken hinter dem Bedarf der Unternehmen zurückbleibt, wird aber derzeit als nicht sehr groß eingeschätzt.
Das Jahreswachstum des aushaftenden Kreditvolumens der österreichischen Banken an die Unternehmen hat sich
seit Jahresbeginn markant abgeschwächt. Während es bis Jahresende 2008 mit einer Jahreswachstumsrate
von durchschnittlich 8% noch erstaunlich robust war, hat sich die Wachstumsrate sukzessive auf 2,1% (September
2009) reduziert. In der kurzfristigen Dynamik stagnierte die Nettokreditausweitung im Durchschnitt der Monate seit
Jänner dieses Jahres. Eine Zusatzinformation liefert die seit Beginn 2009 von der OeNB erhobene Neukreditstatistik.
Sie zeigt, dass auf Basis der Meldung von 106 Banken durchschnittlich im Monat seit Jänner 2009 über
7,1 Mrd Euro Kredite neu an den Unternehmenssektor vergeben wurden. Etwa 80% der an den Unternehmenssektor neu
vergebenen Kredite wiesen eine Laufzeit von bis zu 6 Monaten auf.
Laut Zinssatzstatistik hat sich im Durchschnitt die Zinsbelastung der Unternehmen in Folge der seit Oktober 2008
erfolgten Zinssenkungsschritte der EZB reduziert. Bei neu vergebenen Unternehmenskrediten mit einer Zinsbindungsfrist
von bis zu einem Jahr, die das Gros der Neukredite ausmachten, ist eine vollständige Weitergabe der Zinssenkungen
zu beobachten. Bei den bestehenden Krediten erfolgte der Rückgang bisher noch nicht in demselben Ausmaß.
Dies hängt zum einen damit zusammen, dass ein Teil des aushaftenden Kreditvolumens über die gesamte
Laufzeit fix verzinst ist. Zum anderen orientieren sich die Kundenzinssätze insbesondere von variabel verzinsten
Krediten mit längerfristiger Laufzeit nicht nur am Geldmarkt, sondern auch an Kapitalmarktsätzen.
Bei den Krediten an die privaten Haushalte hat sich das Jahreswachstum im Laufe des heurigen Jahres ebenso wie
bei den Unternehmenskrediten reduziert, allerdings lässt sich hier bereits ein trendmäßiger Rückgang
des Wachstums seit 2005 beobachten. Die Jahreswachstumsrate sank von 3,6% vor einem Jahr auf nunmehr 0,3% im September
2009. Laut Zinssatzstatistik erfolgte die Weitergabe der Leitzinssenkungen bei Kreditzinssätzen von neu begebenen
Haushaltskrediten bislang in allen Kategorien zwar in hohem Ausmaß aber noch nicht vollständig. Bei
den volumensstärksten Kategorien, nämlich mit Bindungsfrist bis ein Jahr sanken die Durchschnittszinssätze
bei Konsum- und Wohnbaukrediten jeweils um 2,5 %-Punkte. Gründe für die verzögerte Weitergabe der
Zinssenkungen sind vor allem institutionelle Besonderheiten bei Bausparkrediten.
Die Analyse der statistischen Daten sowie der Ergebnisse der Umfragen bei österreichischen Unternehmen geben
keine Hinweise für das Bestehen einer Kreditklemme. Allerdings deuten die Umfragen darauf hin, dass ein Teil
der Unternehmen mit verschärften Kreditvergabekonditionen konfrontiert ist. Der Anteil jener Unternehmen,
der in den letzten Monaten eine Verschärfung registriert hat, ist weitaus höher, als jener, der von einer
Lockerung berichtet. Dies betrifft insbesondere Kreditnebenkosten sowie das Beibringen von Sicherheiten und Informationserfordernissen.
Auch Beschränkungen der Kredithöhe bzw. der Kreditlinien wurden bei einigen Unternehmen registriert.
Diese Beobachtungen stehen im Einklang mit den durch die wirtschaftliche Abkühlung hervorgerufenen Herabstufungen
in der Bonitätsbeurteilung vieler Unternehmen durch die kreditgebenden Banken.
Bei einigen der sehr großen österreichischen Unternehmen ist eine Entlastung bei den Finanzierungsbedingungen
zu beobachten. Dies hängt auch mit der seit letztem Frühjahr beobachtbaren Belebung des Unternehmensanleihenmarktes
zusammen. Einige Unternehmen haben den nun wieder relativ kostengünstigen Rentenmarkt als Alternative zum
längerfristigen Bankenkredit in Anspruch genommen. Die österreichischen Unternehmen emittierten laut
Emissionsstatistik brutto seit Jahresbeginn an die 7,6 Mrd. Euro, der Großteil davon wurde seit April begeben.
Die Beanspruchung des Rentenmarktes steht jedoch nur wenigen Unternehmen mit gutem Rating offen. Die Eigenmittelaufnahme
über den Aktienmarkt ist de facto seit Mitte 2008 zum Erliegen gekommen und bis Ende des 3. Quartals waren
keine nennenswerten Neuemissionen zu verzeichnen.
Die rückläufige Kreditdynamik steht zu einem erheblichen Teil im Einklang mit der bis Jahresmitte zu
verzeichnenden rezessiven konjunkturellen Entwicklung. Bei einem Teil der Unternehmen ist die Nachfrage nach Krediten
gestiegen – zur Finanzierung von Betriebsmittel bei rückläufigem Cash Flow sowie zur Refinanzierung (als
Kompensation von Tilgungen von abreifenden Anleihen und Krediten), aber auch in geringem Ausmaß zur Finanzierung
von Investitionen. Dies deutet darauf hin, dass die seit Jahresbeginn beobachtbare stagnierende Nettokreditausweitung
nicht ausschließlich auf eine abnehmende Kreditnachfrage zurückzuführen ist, sondern möglicherweise
auch Kreditangebotsbeschränkungen widerspiegelt. Diese können mit Risikoüberlegungen im Zusammenhang
mit der Bonität der Unternehmen sowie mit hohen Refinanzierungskosten der Banken im langfristigen Laufzeitensegment
erklärt werden. |