Brüssel (ec.europe) - Der mittlerweile als „große Rezession“ betitelte
Abschwung ist im dritten Quartal 2009 offenbar zu Ende gegangen. Die wiederanziehende Wirtschaftstätigkeit
ist auf verbesserte äußere Rahmenbedingungen und Finanzierungsbedingungen sowie auf gestiegenes Vertrauen
zurückzuführen. Da diese Erholung aber durch die massiven Hilfen von Regierungen und Zentralbanken weltweit
gestützt ist, die letztendlich zurückgefahren werden müssen, und von der Fähigkeit der Banken
abhängt, ihre Kreditvergabe an die Wirtschaft auszuweiten, sind die Aussichten nach wie vor ungewiss. Der
anhaltende, wenn auch geringe Anstieg der Arbeitslosigkeit gibt sozial wie wirtschaftlich Anlass zu Sorge. So die
jüngste Analyse der Wirtschaftslage im letzten Quartalsbericht über den Euroraum für dieses Jahr.
In dem Bericht heißt es weiter, dass den genannten Herausforderungen nur begegnet werden kann, wenn der Euroraum
die geplanten Strukturreformen entschlossen fortsetzt. In dem Kapitel, in dem es um den Rückhalt für
die Reformen in der Öffentlichkeit geht, sieht der Quartalsbericht gegenwärtig ein Zeitfenster, um das
Fundament für eine solide und nachhaltige Erholung zu legen. Ganz besonders ermutigt wird in dem Bericht zu
Strukturreformen, die Forschung und Innovation sowie Wettbewerb und Humankapital fördern, da Reformen dieser
Art sich außerordentlich positiv auf Wachstum und Beschäftigung auswirken können. Darüber
hinaus wird untersucht, wie die Krise langfristige Trends im Bankensektor des Euroraums beeinflusst haben könnte.
Die Wirtschaft des Euroraums wuchs im dritten Quartal um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal, was nach fünf
negativen Quartalen in Folge das Ende der Rezession bedeutet. Für das Jahr 2009 insgesamt rechnen die Kommissionsdienststellen
in ihrer Herbstprognose allerdings mit einer Schrumpfung des BIP um 4 %, was der größte Produktionsrückgang
seit dem zweiten Weltkrieg wäre.
Hauptmotor für das anziehende Wachstum im dritten Quartal waren die Exporte, die von der verbesserten Weltwirtschaftslage
profitierten. Auch die Lagerbestände trugen positiv zu dieser Entwicklung bei, da sich ihr Abbau eher langsam
vollzog. Im Gegensatz dazu ging der Verbrauch der privaten Haushalte leicht zurück, was auf die Verschlechterung
am Arbeitsmarkt zurückzuführen ist. Auch die Investitionen schwächten sich weiter ab, wenn auch
deutlich langsamer als zuvor. Die Finanzierungsbedingungen haben sich erheblich verbessert und viele Finanzindikatoren
haben wieder ihren Vorkrisenstand erreicht. Bedingt durch die niedrigen Preise von Wirtschaftsgütern und die
schwache Nachfrage bleiben das Geld- und Kreditwachstum für Unternehmen und private Haushalte aber weiterhin
gedämpft. Auch die Finanzindikatoren haben sich in jüngster Zeit nur allmählich verbessert und die
Finanzierungsbedingungen sind nach wie vor fragil.
Alles in allem sind die Aussichten für die Wirtschaft des Euroraums nach wie vor ungewiss. Zu großer
Sorge Anlass gibt insbesondere die Verschlechterung an den Arbeitsmärkten. Im dritten Quartal ging die Beschäftigungsquote
um 0,5 % gegenüber dem Vorquartal zurück und stieg die Arbeitslosenquote auf 9,6 % an. Gemessen an der
Höhe des Produktionsrückgangs und ungeachtet bestehender Länderunterschiede ist der Anstieg der
Arbeitslosigkeit aber geringer ausgefallen als befürchtet. Zu verdanken ist dies den Maßnahmen, die
zur Abfederung der Folgen der Krise auf die Beschäftigung getroffen wurden, insbesondere flexible Arbeitszeitregelungen,
Kurzarbeit und vorübergehende Schließungen.
Im aktuellen Quartalsbericht wird analysiert, wie die Öffentlichkeit Strukturreformen gegenübersteht
und in welchem Ausmaß die Krise diese Einstellung beeinflusst haben könnte. Die jährlichen Eurobarometer-Umfragen
zeigen, dass die Krise in den meisten Ländern des Euroraums das Bewusstsein dafür erhöht hat, dass
an Reformen kein Weg vorbeiführt. In den am schwersten von der Krise getroffenen Mitgliedstaaten ist dieses
Bewusstsein am stärksten gestiegen. Auch wenn Reformen am besten in Zeiten günstiger Konjunktur durchgeführt
werden, bietet dieser verstärkte Rückhalt doch gegenwärtig ein Zeitfenster, um strukturelle Wachstumshindernisse
in Angriff zu nehmen und das Fundament für eine solide und nachhaltige Erholung zu legen. Die Kommission wird
Anfang 2010 Vorschläge für eine neue Strategie zur Koordinierung der Strukturreformen in der EU vorlegen,
die die Nachfolge der derzeitigen Lissabon-Strategie antreten soll. Die Umfragen deuten auch auf große Unterstützung
für eine Beteiligung der EU an der Reformagenda der Mitgliedstaaten hin, wobei eine Mehrheit die Auffassung
vertritt, dass die EU eine aktivere Rolle spielen sollte.
Im Hauptteil des Berichts wird untersucht, wie sich die Krise auf langfristige Trends im Bankensektor des Euroraums
auswirken könnte. Die Analyse legt nahe, dass Größen-, Konzentrations- und Integrationstrends,
die schon vor der Krise bestanden, anhalten dürften, wobei die Banken in den kommenden Jahren wahrscheinlich
größer und internationaler werden und ihre Zahl abnimmt. Der EU-Finanzmarkt dürfte wohl auch einen
höheren Integrationsstand erreichen, da die treibenden Kräfte, insbesondere Risikodiversifizierung und
Nutzen für Verbraucher und Unternehmen, nach wie vor dieselben sind. Doch hat die Krise den Bankensektor durch
neue Marktbedingungen, eine neue Regulierung und durch die Aufsichtsreform sowie die Anwendung der EU-Beihilfevorschriften
in Fällen, in denen Banken staatliche Unterstützung erhalten haben, auch unter Umstrukturierungsdruck
gesetzt. So dürften sich die Banken in ihren Finanzierungsstrategien auf eine stärkere Eigenkapitalkomponente
verlagern und sich in ihren Geschäftsmodellen stärker auf die Kernmärkte konzentrieren. Letztendlich
wird das Finanzsystem des Euroraums künftig vielleicht weniger stark von Banken dominiert, die sich u.a. über
Unternehmensanleihen direkt am Markt finanzieren, und werden Finanzintermediäre, die nicht dem Bankensektor
angehören, wie private Kapitalanlagegesellschaften, eine wichtigere Rolle übernehmen. |