20 Millionen Euro für Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe  

erstellt am
22 12. 09

Muzikant: Chanukkahgeschenk für jüdische Friedhöfe
Wien (kultusgemeinde) - Bei einem Runden Tisch auf Einladung von Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll, haben sich die Vertreter des Bundes, der Bürgermeister von Wien, der Landeshauptmann von Niederösterreich und die Israelitischen Kultusgemeinden, vertreten durch Präsident Ariel Muzicant und Vizepräsident Oskar Deutsch, auf eine Lösung des Problems zur Instandsetzung und Instandhaltung der Jüdischen Friedhöfe in Österreich geeinigt.
Die Lösung sieht folgendes vor:

  1. Die Verhandlungspartner waren sich einig, dass die Instandhaltung eine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden ist, und es sollen jetzt mit der Unterstützung der Länder auch entsprechende Instandhaltungs- und Pflegeverträge mit allen Gemeinden abgeschlossen werden.
  2. Für die Instandsetzung der Friedhöfe, wo durch die Nazis, durch Kriegsereignisse oder durch verschiedene andere Einflüsse mehr oder weniger große Schäden entstanden sind, wird ein eigener Fonds zur Instandsetzung Jüdischer Friedhöfe geschaffen. Dieser Fonds wird von der Republik Österreich mit 1 Million Euro pro Jahr, wertgesichert, auf die Dauer von 20 Jahren gespeist. Die restlichen notwendigen ca. 20 Millionen Euro werden einerseits von den Kultusgemeinden organisiert (Spenden aus dem In- und Ausland, ein EU-Projekt, etc.), andererseits durch Einzelvereinbarungen mit Ländern und Gemeinden aufgefüllt. So hat sich die Gemeinde Wien bereit erklärt, das Friedhofswärterhaus am Währinger Friedhof (von Architekt Kornhäusel im frühen 19. Jhd. errichtet) auf ihre Kosten generalzusanieren. Das Land Niederösterreich wird sich mit 25 Prozent an den Instandsetzungskosten bei niederösterreichischen Friedhofsprojekten beteiligen.

Fast neun Jahre nach Unterschrift des Washingtoner Abkommens wird damit das letzte völkerrechtlich noch offene Thema abgearbeitet. Die Israelitische Kultusgemeinde dankt dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, dem Bürgermeister von Wien und dem Landeshauptmann von Niederösterreich und hofft, dass auch mit allen anderen Ländern und Gemeinden zügig die noch notwendigen Vereinbarungen getroffen werden können.

Nach Eröffnung des neuen Maimonides Zentrums durch den Bundespräsidenten am 15. Dezember 2009, eines der größten und eindrucksvollsten Projekte jüdischen Lebens in Europa, ist nun mit dem Durchbruch bei den Jüdischen Friedhöfen, ein auch in Europa beispielhafter Schritt gesetzt, den man auch als ein verspätetes Chanukkahgeschenk bezeichnen kann, worüber sich die Österreichischen Kultusgemeinden nach so vielen Jahrzehnten besonders freuen.


 

Faymann zur Einigung über Fonds für jüdische Friedhöfe
Wien (sk) - "Es war eine Frage der Verantwortung Österreichs, des Respekts vor der Geschichte, vor den jüdischen Mitbürgerinnen Mitbürgern und auch vor dem kulturhistorischen Erbe dieses Landes", sagt Bundeskanzler Werner Faymann zur jetzt erzielten Einigung über die Dotierung eines Fonds durch die Republik Österreich, mit dessen Hilfe die jüdischen Friedhöfe saniert werden. "Es wäre nicht vertretbar gewesen, die Entscheidung noch länger aufzuschieben." Auf Einladung des Bundeskanzlers trafen am Montagabend der Vizekanzler, die Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich sowie der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde zu einem Gipfelgespräch im Bundeskanzleramt zusammen, um einen wichtigen offenen Punkt des im Jänner 2001 unterzeichneten "Washingtoner Abkommens" (Vertrag zur Entschädigung der jüdischen Bevölkerung in Österreich) zu behandeln.

Vereinbart wurde dabei die Schaffung eines Fonds, den der Bund pro Jahr mit je einer Million Euro dotiert, und zwar über die kommenden 20 Jahre. Den Rest der anstehenden Sanierungskosten für jüdische Grabstätten in Österreich - ca. 20 Mio. Euro - organisiert die Kultusgemeinde über Spenden.

"Damit wurde nach neun Jahren Diskussion ein gutes Ergebnis erzielt, mit dem alle Beteiligten große Verantwortung bewiesen haben", so Bundeskanzler Faymann.

 

Spindelegger begrüßt Durchbruch bei der Frage der jüdischen Friedhöfe in Österreich
Wien (bmeia) - "Mit ihrer Zusage insgesamt 20 Millionen Euro für die Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich zur Verfügung zu stellen, setzt die Bundesregierung ein klares und erfreuliches Zeichen. Österreich kommt damit seiner völkerrechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Washingtoner Abkommens nach. Viel wichtiger ist jedoch, dass Österreich dadurch auch einen entscheidenden Schritt in der Erfüllung seiner moralischen Verantwortung zur Wahrung der Würde jüdischer Grabstätten setzt", so Außenminister Michael Spindelegger zur am 21.12. zwischen dem Bund, Ländervertretern und der Israelitischen Kultusgemeinde gefundenen Lösung in der seit Jahren in Österreich diskutierten Frage der jüdischen Friedhöfe. Spindelegger zeigte sich zuversichtlich, dass die Länder und Gemeinden durch ihre Beiträge zur Erhaltung und Pflege der Friedhöfe einen entscheidenden Anteil an der Wahrnehmung dieser Verantwortung leisten werden.

"Es ist zudem besonders erfreulich, dass dieser lang ersehnte Durchbruch gerade zum jüdischen Channukka-Fest erzielt wurde. Jüdische Kultur und jüdische Kulturgüter sind unverzichtbare Bestandteile der österreichischen Tradition und Kultur und müssen daher bewahrt und gewürdigt werden", so Spindelegger weiter. Das aus dem Jahr 2001 stammende Washingtoner Abkommen zur Regelung von Fragen der Entschädigung und Restitution für Opfer des Nationalsozialismus enthält eine Bestimmung, wonach Österreich zusätzliche Unterstützung für die Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich leisten wird.

 

 Schreuder: Hoffe, die Stadt Wien wird ihren Beitrag leisten
Wien (grüne) - Die Grünen Wien zeigen sich erfreut über eine mögliche Lösung zur Sanierung der Jüdischen Friedhöfe. 2001 verpflichtete sich Österreich im Washingtoner Abkommen finanziell zur Sanierung und Pflege aller Jüdischen Friedhöfe beizutragen. Bislang blieb dieser Punkt unerfüllt, stattdessen streiteten Bund und Länder - insbesondere Wien - über die Finanzierung. In Wien befinden sich die kulturhistorischen wertvollen Areale Seegasse, Währing, Floridsdorf sowie Zentralfriedhof Tor 1 und 4 in einem prekären und teilweise zerstörten Zustand. Berichten zurfolge dürften sich Bund und Wien zu einer Lösung durchgerungen haben.

Grün-Gemeinderat Marco Schreuder, der gemeinsam mit zahlreichen Freiwilligen und Historikerin Tina Walzer seit Jahren für den Erhalt der Jüdischen Friedhöfe kämpft, zeigt sich sehr erfreut: "Eine Lösung zur Sanierung der Jüdischen Friedhöfe scheint in Sicht. Es war auch längst an der Zeit. Wir Grüne werden das Gespräch mit Bürgermeister Michael Häupl suchen, um besonders die in Wien liegenden Friedhöfe zu retten. Immerhin befand sich in der Bundeshauptstadt vor 1938 die drittgrößte jüdische Gemeinde Europas und daher auch die drei größten Jüdischen Friedhöfe Österreichs. Es handelt sich bei den Friedhöfen daher um einen historischen Ort der Erinnerung an eine zerstörte Kultur. Unser jahrelanger Kampf hat sich gelohnt, ich werte den Durchbruch auch als Grünen Erfolg", so Schreuder abschließend.
 

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