Muzikant: Chanukkahgeschenk für jüdische Friedhöfe
Wien (kultusgemeinde) - Bei einem Runden Tisch auf Einladung von Bundeskanzler Werner Faymann und
Vizekanzler Josef Pröll, haben sich die Vertreter des Bundes, der Bürgermeister von Wien, der Landeshauptmann
von Niederösterreich und die Israelitischen Kultusgemeinden, vertreten durch Präsident Ariel Muzicant
und Vizepräsident Oskar Deutsch, auf eine Lösung des Problems zur Instandsetzung und Instandhaltung der
Jüdischen Friedhöfe in Österreich geeinigt.
Die Lösung sieht folgendes vor:
- Die Verhandlungspartner waren sich einig, dass die Instandhaltung eine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden
ist, und es sollen jetzt mit der Unterstützung der Länder auch entsprechende Instandhaltungs- und Pflegeverträge
mit allen Gemeinden abgeschlossen werden.
- Für die Instandsetzung der Friedhöfe, wo durch die Nazis, durch Kriegsereignisse oder durch verschiedene
andere Einflüsse mehr oder weniger große Schäden entstanden sind, wird ein eigener Fonds zur Instandsetzung
Jüdischer Friedhöfe geschaffen. Dieser Fonds wird von der Republik Österreich mit 1 Million Euro
pro Jahr, wertgesichert, auf die Dauer von 20 Jahren gespeist. Die restlichen notwendigen ca. 20 Millionen Euro
werden einerseits von den Kultusgemeinden organisiert (Spenden aus dem In- und Ausland, ein EU-Projekt, etc.),
andererseits durch Einzelvereinbarungen mit Ländern und Gemeinden aufgefüllt. So hat sich die Gemeinde
Wien bereit erklärt, das Friedhofswärterhaus am Währinger Friedhof (von Architekt Kornhäusel
im frühen 19. Jhd. errichtet) auf ihre Kosten generalzusanieren. Das Land Niederösterreich wird sich
mit 25 Prozent an den Instandsetzungskosten bei niederösterreichischen Friedhofsprojekten beteiligen.
Fast neun Jahre nach Unterschrift des Washingtoner Abkommens wird damit das letzte völkerrechtlich noch
offene Thema abgearbeitet. Die Israelitische Kultusgemeinde dankt dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, dem Bürgermeister
von Wien und dem Landeshauptmann von Niederösterreich und hofft, dass auch mit allen anderen Ländern
und Gemeinden zügig die noch notwendigen Vereinbarungen getroffen werden können.
Nach Eröffnung des neuen Maimonides Zentrums durch den Bundespräsidenten am 15. Dezember 2009, eines
der größten und eindrucksvollsten Projekte jüdischen Lebens in Europa, ist nun mit dem Durchbruch
bei den Jüdischen Friedhöfen, ein auch in Europa beispielhafter Schritt gesetzt, den man auch als ein
verspätetes Chanukkahgeschenk bezeichnen kann, worüber sich die Österreichischen Kultusgemeinden
nach so vielen Jahrzehnten besonders freuen.
|
Faymann zur Einigung über Fonds für jüdische Friedhöfe
Wien (sk) - "Es war eine Frage der Verantwortung Österreichs, des Respekts vor der Geschichte,
vor den jüdischen Mitbürgerinnen Mitbürgern und auch vor dem kulturhistorischen Erbe dieses Landes",
sagt Bundeskanzler Werner Faymann zur jetzt erzielten Einigung über die Dotierung eines Fonds durch die Republik
Österreich, mit dessen Hilfe die jüdischen Friedhöfe saniert werden. "Es wäre nicht vertretbar
gewesen, die Entscheidung noch länger aufzuschieben." Auf Einladung des Bundeskanzlers trafen am Montagabend
der Vizekanzler, die Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich sowie der Präsident der Israelitischen
Kultusgemeinde zu einem Gipfelgespräch im Bundeskanzleramt zusammen, um einen wichtigen offenen Punkt des
im Jänner 2001 unterzeichneten "Washingtoner Abkommens" (Vertrag zur Entschädigung der jüdischen
Bevölkerung in Österreich) zu behandeln.
Vereinbart wurde dabei die Schaffung eines Fonds, den der Bund pro Jahr mit je einer Million Euro dotiert, und
zwar über die kommenden 20 Jahre. Den Rest der anstehenden Sanierungskosten für jüdische Grabstätten
in Österreich - ca. 20 Mio. Euro - organisiert die Kultusgemeinde über Spenden.
"Damit wurde nach neun Jahren Diskussion ein gutes Ergebnis erzielt, mit dem alle Beteiligten große
Verantwortung bewiesen haben", so Bundeskanzler Faymann. |
Spindelegger begrüßt Durchbruch bei der Frage der jüdischen Friedhöfe in Österreich
Wien (bmeia) - "Mit ihrer Zusage insgesamt 20 Millionen Euro für die Instandsetzung der
jüdischen Friedhöfe in Österreich zur Verfügung zu stellen, setzt die Bundesregierung ein klares
und erfreuliches Zeichen. Österreich kommt damit seiner völkerrechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung
des Washingtoner Abkommens nach. Viel wichtiger ist jedoch, dass Österreich dadurch auch einen entscheidenden
Schritt in der Erfüllung seiner moralischen Verantwortung zur Wahrung der Würde jüdischer Grabstätten
setzt", so Außenminister Michael Spindelegger zur am 21.12. zwischen dem Bund, Ländervertretern
und der Israelitischen Kultusgemeinde gefundenen Lösung in der seit Jahren in Österreich diskutierten
Frage der jüdischen Friedhöfe. Spindelegger zeigte sich zuversichtlich, dass die Länder und Gemeinden
durch ihre Beiträge zur Erhaltung und Pflege der Friedhöfe einen entscheidenden Anteil an der Wahrnehmung
dieser Verantwortung leisten werden.
"Es ist zudem besonders erfreulich, dass dieser lang ersehnte Durchbruch gerade zum jüdischen Channukka-Fest
erzielt wurde. Jüdische Kultur und jüdische Kulturgüter sind unverzichtbare Bestandteile der österreichischen
Tradition und Kultur und müssen daher bewahrt und gewürdigt werden", so Spindelegger weiter. Das
aus dem Jahr 2001 stammende Washingtoner Abkommen zur Regelung von Fragen der Entschädigung und Restitution
für Opfer des Nationalsozialismus enthält eine Bestimmung, wonach Österreich zusätzliche Unterstützung
für die Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich
leisten wird. |
Schreuder: Hoffe, die Stadt Wien wird ihren Beitrag leisten
Wien (grüne) - Die Grünen Wien zeigen sich erfreut über eine mögliche Lösung
zur Sanierung der Jüdischen Friedhöfe. 2001 verpflichtete sich Österreich im Washingtoner Abkommen
finanziell zur Sanierung und Pflege aller Jüdischen Friedhöfe beizutragen. Bislang blieb dieser Punkt
unerfüllt, stattdessen streiteten Bund und Länder - insbesondere Wien - über die Finanzierung. In
Wien befinden sich die kulturhistorischen wertvollen Areale Seegasse, Währing, Floridsdorf sowie Zentralfriedhof
Tor 1 und 4 in einem prekären und teilweise zerstörten Zustand. Berichten zurfolge dürften sich
Bund und Wien zu einer Lösung durchgerungen haben.
Grün-Gemeinderat Marco Schreuder, der gemeinsam mit zahlreichen Freiwilligen und Historikerin Tina Walzer
seit Jahren für den Erhalt der Jüdischen Friedhöfe kämpft, zeigt sich sehr erfreut: "Eine
Lösung zur Sanierung der Jüdischen Friedhöfe scheint in Sicht. Es war auch längst an der Zeit.
Wir Grüne werden das Gespräch mit Bürgermeister Michael Häupl suchen, um besonders die in Wien
liegenden Friedhöfe zu retten. Immerhin befand sich in der Bundeshauptstadt vor 1938 die drittgrößte
jüdische Gemeinde Europas und daher auch die drei größten Jüdischen Friedhöfe Österreichs.
Es handelt sich bei den Friedhöfen daher um einen historischen Ort der Erinnerung an eine zerstörte Kultur.
Unser jahrelanger Kampf hat sich gelohnt, ich werte den Durchbruch auch als Grünen Erfolg", so Schreuder
abschließend. |