Debatte um Erstaufnahmezentrum hält an  

erstellt am
04 01. 10

Faymann: "Eberau entspricht nicht Koalitions-Abkommen"
Kanzler übt Kritik an Fekter - Asyl-Lösung gemeinsam mit allen Landeshauptleuten suchen - Vorgangsweise war ein "Fehler"
Wien (österreich) - In einem Interview in der der Tageszeitung "Österreich" (03.01.) übt Bundeskanzler Werner Faymann erstmals scharfe Kritik an der Vorgangsweise von Innenministerin Maria Fekter bei der Suche nach einem Asyl-Zentrum in Eberau. Laut Faymann würde ein Asyl-Zentrum in Eberau nicht dem Koalitionsabkommen entsprechen, weil dort ein Erstaufnahmelager "im Süden Österreichs" festgeschrieben sei, Eberau aber im Osten liege. Faymann wörtlich in "Österreich": "Wir haben im Koalitionsübereinkommen gemeinsam festgelegt, dass wir ein zusätzliches Erstaufnahmezentrum im Süden Österreichs errichten wollen. Jeder weiß aber, dass Eberau im Burgenland nicht im Süden sondern im Osten Österreichs liegt. Und wenn die Innenministerin ein Zentrum im Süden Österreichs suchen soll, dann kann sie nicht im Osten fündig werden. Das sehe ich als Fehler." Ein weiterer Fehler sei gewesen, nicht von Beginn an den zuständigen Landeshauptmann eingebunden zu haben.

"Eberau entspricht nicht dem Koalitionsabkommen."
Faymann meint in "Österreich", man solle nun die Volksbefragung im Burgenland abwarten. Faymann: "Sollte sich die Bevölkerung für ein Asyl-Zentrum aussprechen, dann soll man das akzeptieren - wenn nicht, sollte eine gemeinsame Lösung mit der Landeshauptleute-Konferenz gesucht werden. Eine Lösung hinter dem Rücken der Landeshauptleute wird nie funktionieren - nicht am Boden- und nicht am Neusiedlersee."Wichtigstes Thema in der Ausländerfrage für 2010 sei aber, so Kanzler Faymann, nicht das Asyl-Zentrum sondern die Kriminalitätsbekämpfung. Faymann in "Österreich": "Wochtigstes Ziel der Regierung im kommenden Jahr muss es sein, den Kriminalitäts-Tourismus zu bremsen. Ich fordere von der Innenministerin im neuen Jahr volle Härte im Kampf gegen den Kriminal-Tourismus und wir müssen sie dabei gemeinsam mit mehr personeller und finanzieller Ausstattung unterstützen."

 

Pröll mahnt Koalitionsabkommen ein
ÖVP-Chef stellt sich in mehreren Interviews klar hinter Innenministerin Maria Fekter und mahnt die Einhaltung des Koalitionsabkommens in der Frage des Erstaufnahmezentrums ein
Wien (övp-pd) - Josef Pröll stellt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung klar: „Es kann keinen Zweifel geben: Wir stehen zu 100 Prozent hinter dem gemeinsamen Regierungsübereinkommen und der Innenministerin, die darum kämpft, es auf Punkt und Beistrich umzusetzen.“ Und er fordert eine konsequente Politik: „Ich finde es bemerkenswert, dass all jene, die uns in der Causa Zogaj so heftig kritisiert haben, still schweigen, wenn es heute darum geht, menschenwürdige Erstaufnahmeplätze zu organisieren.“

Die Ursache für die Blockade des Erstaufnahmezentrums Eberau sieht Pröll im burgenländischen Wahlkampf: „Im Gegensatz zu den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark steht Landeshauptmann Niessl offenbar bereits im Wahlkampf und weniger zu seiner Verantwortung für Österreich. Fekter setzt nur um, was SPÖ und ÖVP abgemacht haben. Im Sinn einer gerechten Lastenverteilung steht weiter außer Zweifel, dass es ein drittes Aufnahmezentrum im Süden Österreichs geben muss.“

 

Hofer: Streit um Eberau eskaliert
SPÖ wirft Fekter "Täuschung" vor – Misstrauensantrag der FPÖ am 29. November
Wien (fpd) - Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl hat sich am 04.01. in einem Schreiben an alle Haushalte in den Bezirken Oberwart, Güssing und Jennersdorf gewandt. In diesem Schreiben wirft er ÖVP-Innenministerin Fekter wörtlich "Geheimhaltung und Täuschung der Betroffenen" vor.

Die FPÖ wird bei der Nationalratssitzung am 29. Jänner einen Misstrauensantrag gegen die Innenministerin einbringen. Aufgrund des sich zuspitzenden Streits zwischen SPÖ und ÖVP darf man gespannt sein, wie sich die SPÖ verhalten wird. Zumindest die Mandatare der SPÖ-Burgenland wollen bei der Abstimmung offenbar nicht anwesend sein.

FPÖ-Vizeparteiobmann Norbert Hofer fordert die SPÖ auf, Fekter nicht das Vertrauen auszusprechen. Sollte die SPÖ am 29. Jänner der Innenministerin den Rücken stärken, so wäre Burgenlands Landeshauptmann blamiert.

In dem Schreiben an die gesamte Bevölkerung im Südburgenland zeigt sich übrigens auch, dass das Erstaufnahmezentrum in Eberau keinesfalls vom Tisch ist. Niessl wörtlich: "Das Erstaufnahmezentrum darf derzeit nicht gebaut werden."

Hofer: "Ich gehe davon aus, dass die juristischen Winkelzüge der SPÖ den Bau nur verzögern können. Auch die Volksbefragung, die am 21. März stattfinden wird, ist rechtlich nicht bindend. Somit bleibt der Bau eine politische Entscheidung. Die Innenministerin hat bereits angekündigt, an dem Projekt festhalten zu wollen. Sie gibt sich betont gelassen. Spricht die SPÖ der Innenministerin das Vertrauen aus, so ist diese politische Entscheidung für das Projekt gefallen. Die Weichen dafür werden am 29. Jänner gestellt."

 

Petzner: Fekter soll Pläne für drittes Asyllager aufgeben
Klares Nein des BZÖ zu Erstaufnahmezentrum in Kärnten
Wien (bzö) -Angesichts der verblüffenden Erkenntnis seitens der Regierungsspitze, dass sich das Südburgenland nicht im Süden befindet, sondern Eberau im Osten liegt, fordert BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner "ein sofortiges Ende des peinlichen Regierungsstreites um ein Asyllager, das niemand braucht - weder im Osten noch im Süden". Weder seien derzeit Traiskirchen oder Thalham überbelegt, noch könne es das Ziel der Bundesregierung sein, mehr Asylwerber nach Österreich zu holen. Deshalb müsse es einen gänzlichen Verzicht auf das geplante dritte Erstaufnahmezentrum geben.

"Innenministerin Fekter soll sich um schnellere Asylverfahren und die konsequente Befolgung der bestehenden Gesetze kümmern, anstatt sich in Kleinkriege mit allen südlichen Bundesländern zu verstricken. Die "Ministerin für inneren Dilettantismus" hat sich nach Kärnten auch im Burgenland eine klare Abfuhr geholt. Gegen den Willen der Bevölkerung ein Asyllager hinterrücks errichten zu wollen, ist absurd und zeigt deutlich, wie abgehoben Maria Fekter mittlerweile ist. Das BZÖ ist strikt gegen die Errichtung eines dritten Erstaufnahmezentrums, egal in welchem Bundesland, denn ein solches Asyllager ist einfach nicht notwendig", betont Petzner, der die Bundesregierung abschließend davor warnt, nach ihrem Burgenland-Desaster es jetzt wieder in Kärnten zu versuchen. "Wenn sie ein Asyllager in Kärnten errichten wollen, dann erleben sie einen Proteststurm gegen den der Widerstand im Burgenland ein laues Lüftchen war, Frau Innenministerin Fekter".

 

 Korun: Koalitions-Hick-Hack statt Lösungssuche nervt
SP-VP lediglich an Stimmungsmache für Landtags- und Gemeindewahlen interessiert
Wien (grüne) - Bundeskanzler und Vizekanzler geben sich im Streit um das Erstaufnahmezentrum Eberau als willige Sekundanten her, statt Lösungen zu suchen. Faymann stellt sich hinter Niessl, Pröll hinter Fekter. Alle vier sind nicht an Lösungen interessiert, sondern ausschließlich an Stimmungsmache auf dem Rücken von AsylwerberInnen, die einen für die kommende Burgenland-, die anderen für die Niederösterreich-Wahl. "Fekter verantwortet durch ihre unerträgliche, wiederholte Gleichsetzung von AsylwerberInnen mit Kriminellen und ihrer Politik des Drüberfahrens die Ablehnung des Flüchtlingszentrums selber. Das zeigt vor allem eines: Flüchtlingsfragen sowie Migrations- und Integrationspolitik haben im Innenministerium nichts verloren. Fekter soll diese Bereiche an eine/n unabhängigen Integrations- und Migrationsstaatssekretär abgeben", fordert Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen.

Landeshauptmann Niessl wiederum hat das geplante Zentrum dazu benützt, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und aus wahltaktischen Gründen Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen, statt sich auf die tolerante Tradition des Burgenlands zu berufen. "Wohin auch immer ein Aufnahmezentrum kommen würde, es steht und fällt mit Betreuungsstrukturen, unabhängiger Rechtsberatung, psychologischer und sozialarbeiterischer Betreuung, über die allerdings bezeichnenderweise weder Faymann noch Pröll, noch Niessl, noch Fekter bisher ein Wort verloren haben", so Korun.
 
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