Krise reduziert Österreichs internationale Finanzverflechtung   

erstellt am
30. 12. 09

Internationale Vermögensposition Österreichs 2008
Wien (oenb) - Die Wirtschafts- und Finanzkrise führte 2008 erstmals seit dem Vorliegen statistischer Aufzeichnungen zu einem Rückgang der internationalen Finanzverflechtung Österreichs. Bisher hatte sich die Vernetzung mit ausländischen Kapitalmärkten stets – teilweise in enormem Ausmaß – intensiviert. Ausschlaggebend war der Einbruch des für den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr besonders wichtigen Wertpapiergeschäfts. Der Euroraum ist trotz des Engagements in europäischen Wachstumsmärkten weiterhin mit Abstand die wichtigste Anlageregion Österreichs.

Österreichs Finanzvermögen im Ausland belief sich Ende 2008 auf 767 Mrd EUR, die Verpflichtungen lagen bei 810 Mrd EUR. Daraus ergibt sich für die österreichische Volkswirtschaft eine Internationale Vermögensposition in Höhe von -43 Mrd EUR (2007: -50 Mrd EUR). Das Kapitalmarktgeschehen zwischen Österreich und dem Ausland führte also per Saldo zu einem Abbau der Nettoverpflichtungen im Ausland und damit zu einer erwarteten Verringerung des künftigen Nettozinsaufwands. In Summe erreichten Aktiva und Passiva 582% der jährlichen Wirtschaftsleistung. Damit zeigt diese Internationalisierungsquote erstmals seit Vorliegen statistischer Daten einen deutlichen Rückgang (2007: 594%).

Ausschlaggebend für diese Entwicklung war der durch die hohe Unsicherheit der Anleger geprägte Einbruch der globalen Wertpapiermärkte, die das Rückgrat grenz¬überschreitender Finanzveranlagungen sind. Vor allem der Absturz der Aktienmärkte zog internationale Portefeuilles in Mitleidenschaft: Mit 16 Mrd EUR entfiel 2008 etwa die Hälfte aller im Ausland verzeichneten Wertpapierkursverluste (36 Mrd EUR) auf Aktien. Entsprechend dem regionalen Anlageschwerpunkt inländischer Investoren litten vor allem Titel deutscher Emittenten (-3 Mrd EUR). Aber auch Papiere, die den USA ( 2,3 Mrd EUR), Russland (-1,5 Mrd EUR) oder der Schweiz (-1,1 Mrd EUR) zuzurechnen sind, entwickelten sich durchwegs unerfreulich.

Ernüchternd fiel 2008 auch die Rendite ausländischer Investoren an der Wiener Börse aus. Diese büßten in nur 12 Monaten rund 29 Mrd EUR (-60%) ein, wodurch der Gewinn, den sie in den Jahren 2004 bis 2006 durch den Boom des ATX erzielt hatten (27 Mrd EUR), vollständig verloren ging. Allein im dritten Quartal 2008 erreichten die Verluste 12 Mrd EUR. Vorläufige Daten für das erste Halbjahr 2009 bestätigen jedoch jene Trendumkehr, die sich an den internationalen Börsen seit dem Frühjahr abzeichnet: Österreichische Titel im Auslandsbesitz warfen in diesem Zeitraum bereits wieder ein Plus von 3 Mrd EUR ab. Auch inländische Anleger dürfen sich nach diesen Schätzungen über Kursgewinne von etwa 1 Mrd EUR freuen.

Unter dem Eindruck der schweren Finanzkrise bestätigte sich 2008 neuerlich die Schutzfunktion des Euroraums für kleine Mitgliedsländer wie Österreich. Schädliche Währungskursschwankungen, die eine Reihe von Ländern mit eigenständiger Geldpolitik jüngst vor große Probleme gestellt haben, konnte Österreich dank seiner Zugehörigkeit zum Euroraum vermeiden. Mit etwa 340 Mrd EUR waren Ende 2008 nicht weniger als 45% des gesamten Auslandsvermögens in den vergleichsweise sicheren Partnerländern der Währungsunion veranlagt. Außerhalb des Euroraums spielen für Österreich Finanzzentren wie jenes der Schweiz (100 Mrd EUR, 13%), Großbritanniens (44 Mrd EUR, 6%) oder der USA (27 Mrd EUR, 4%) eine herausragende Rolle. Die Länder der EU-Erweiterungsrunden von 2004 bzw. 2007 absorbieren mit knapp 100 Mrd EUR ebenfalls einen beträchtlichen Teil der Auslandsaktiva. Damit ist die Bedeutung dieser Region, die infolge ihrer fortdauernden ökonomischen und rechtlichen Annährung an EU-Standards im vergangenen Jahrzehnt deutliche Fortschritte machte, wesentlich höher als die anderer, vergleichsweise riskanterer Länder Ost- und Südosteuropas1), die zusammen weniger als 10% des Finanzvermögens auf sich vereinen.
     
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