Privatdozent Dr. Jürgen Koepke, Geochemiker an der Leibniz Universität
Hannover, erforscht die Dynamik von Tiefseevulkanen und stellt sie im Labor experimentell nach
Hannover (idw) - Wer hätte das gedacht: Das größte Gebirge der Erde befindet sich
unter Wasser. Etwa 70.000 Kilometer misst eine gigantische Vulkankette, die den gesamten Planeten umschließt
und wichtige Wechselwirkungen mit dem Meerwasser eingeht: Sie filtert das Wasser aller Meere und Ozeane, sorgt
so unter anderem für das Salz im Meer und schafft Abkühlung im Erdinnern. Privatdozent Dr. Jürgen
Koepke vom Institut für Mineralogie der Leibniz Universität Hannover unternimmt seit Jahren Forschungsreisen
auf dem Atlantik und dem Pazifik, um Gesteins- und Wasserproben dieses hoch aktiven Filtersystems zu nehmen und
in Hannover zu untersuchen. "Dabei stellen wir uns unter anderem die Frage, wie sich die Magmen in Kammern
unter den Tiefseevulkanen entwickeln, warum es zum Beispiel zu Ausbrüchen kommt und welche Prozesse dabei
ablaufen", berichtet PD Dr. Koepke. "Aber auch die Nährstoffanreicherung des gefilterten Meerwassers
und das Kühlsystem selbst sind für uns von großem Interesse."
Unterhalb der offenen Vulkanschlote befinden sich tief im Meeresboden magmatische Kammern, in denen bis zu 1200
Grad Celsius herrschen. "Bei solchen Temperaturen kann das Ozeanwasser nicht bis in die Kammern hinströmen.
Es kommt zu komplexen Reaktionen, die die Magmenkammern abdichten", erläutert PD Dr. Koepke. "Weiter
oben, in sogenannten Zirkulationszellen, wird es erhitzt und mit Nährstoffen angereichert, hauptsächlich
mit Wasserstoff, Schwefel und Methan." Zirkulationszellen reichen bis zu 500 Meter in den Meeresboden hinein
und haben maximale Temperaturen von 500 Grad Celsius. Während unablässig kaltes Wasser in die Zelle hineinfließt,
schießt das erhitzte, angereicherte Wasser in Form einer schwarzen Wolke aus der Vulkanöffnung in den
etwa 2 Grad Celsius kalten Ozean, wo es sich sofort wieder abkühlt. "Diese schwarzen Wolken nennt man
Black Smoker", erklärt PD Dr. Koepke. "Auf diese Art werden die Vulkane gekühlt und gleichzeitig
die Ozeane mit Nährstoffen angereichert, die als Grundlage für blühendes Leben in 3000 Meter Wassertiefe
dienen." Dort leben beispielsweise Muscheln, Krebse, Schnecken und Schrimps.
Rückschlüsse auf diese Vorgänge zieht der Geochemiker aus den Wasser- und Gesteinsproben, die mit
Hilfe von Tiefseerobotern und speziellen Bohrschiffen genommen werden. "Kurz gesagt, untersuchen wir die Geodynamik
der untermeerischen Vulkanketten", berichtet PD Dr. Koepke. Das tun weltweit viele Forschungsgruppen. Das
Alleinstellungsmerkmal der Leibniz Universität Hannover ist die Kombination von natürlichen Proben mit
experimenteller Simulation. "Wir haben spezielle Hochdruckapparaturen, mit denen wir Verhältnisse schaffen
können, wie sie in den Magmenkammern unter den Meeren herrschen", erklärt PD Dr. Koepke. "Dadurch
können wir bestimmte Vorgänge experimentell und kontrolliert nachstellen, die Ergebnisse mit den natürlichen
Proben vergleichen und so die Prozesse rekonstruieren."
Ein siebenjähriges Förderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist gerade zu Ende gegangen,
aber die Forschungsreisen gehen weiter. "Für Studierende, die eine Bachelor- oder Masterarbeit schreiben,
ist das Thema Tiefseevulkane sehr interessant und ergiebig. Die Forschung kommt somit direkt bei den Studierenden
an", erläutert PD Dr. Koepke. |