Ausgehend von rund 50 Milliarden Euro steigt der Branchenumsatz um 1,2 Prozent – Branchenwachstum
wird sich 2010 nicht wesentlich beschleunigen
Wien (bank austria) - Der heimische Einzelhandel konnte im Krisenjahr 2009 seinen Branchenumsatz
vorläufig um 1,2 Prozent nominell steigern, womit die Branche eine Rolle als Konjunkturstütze übernommen
hat. Das geht aus einer aktuellen Branchenanalyse der Bank Austria Volkswirtschaft hervor. Obwohl die Konsumnachfrage
im Verlauf der Rezession deutlich gebremst wurde, sind nennenswerte Einbußen ausgeblieben. So wurden wegen
des Wirtschaftsabschwunges nicht etwa weniger Nahrungsmittel eingekauft, sondern die Nachfrage verlagerte sich
stärker in Richtung günstigerer Produkte wie z.B. Handelsmarken. Der Einzelhandel hat das Krisenjahr
2009 weitestgehend unbeschadet überstanden und damit auch die 50 Mrd. Euro Umsatzmarke erreicht. Überdurchschnittlich
gute Ergebnisse verbuchten der Nahrungsmitteleinzelhandel, der Uhren- und Schmuckhandel, der Sportartikelhandel,
die Apotheken und der Einzelhandel mit Medizinprodukten.
Im bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung verliert die Branche ihre konjunkturstützende Funktion. Dazu fehlen
stärkere Nachfrageimpulse. „Der Konsum bleibt auch heuer ein stabilisierender Faktor“, sagt Bank Austria Ökonom
Günter Wolf, „Die Konsumenten werden ihr Kaufverhalten wieder ausbalancieren und einen Teil ihrer Ausgaben
für dauerhafte Konsumgüter, der 2009 in die Anschaffung von Autos geflossen ist, wieder in den Einzelhandel
umlenken.“ Allerdings werden die zunehmende Verunsicherung am Arbeitsmarkt, schwache Lohnsteigerungen und die höhere
Inflation dämpfend auf die Konsumausgaben wirken. Unter diesen Bedingungen kann mit keiner wesentlichen Beschleunigung
des Einzelhandelswachstums gerechnet werden, das mit 1 bis 2 Prozent nominell deutlich unter dem gesamtwirtschaftlichen
Ergebnis bleiben wird.
„Die längerfristigen Aussichten des Einzelhandels, der traditionell zu den wachstumsschwächeren Sektoren
der österreichischen Wirtschaft zählt, bleiben moderat“, so Branchenanalyst Günter Wolf. Beispielsweise
ist die Wertschöpfung des Einzelhandels in den letzen zehn Jahren um durchschnittlich 3 Prozent nominell im
Jahr gestiegen, im Vergleich zu 4,1 Prozent Wachstum im Durchschnitt aller Wirtschaftsbereiche. Die Ursachen dafür
sind die demografische Entwicklung, variierende Konsumpräferenzen durch den steigenden Wohlstand und die geänderten
Lebens- sowie Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus wurden und werden infolge des hohen Konkurrenz- und Preisdrucks
in der Branche einzelhandelsrelevante Güter im Vergleich zu anderen Konsumkategorien billiger, ohne dass deren
Verbrauch stärker steigt. So sind die Preise für Nahrungsmittel und Bekleidung in den letzten zehn Jahren
um 0,8 Prozent bzw. um 1,3 Prozent im Jahr gestiegen, während die Preise für Dienstleistungen insgesamt
um 2,1 Prozent zulegten.
Der Einzelhandel bleibt trotz des unterdurchschnittlichen Wachstums ein wichtiger Arbeitgeber, 2008 für mehr
als 8 Prozent aller unselbständig Beschäftigten Österreichs bzw. für 272.000 Arbeitnehmer.
Allerdings werden fast ausschließlich Teilzeitjobs geschaffen: Beispielsweise sind seit Mitte der 90er Jahre
in der Branche 70.000 neue Stellen entstanden. In dem Zeitraum ist die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze um zirka
20.000 gesunken und die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze um rund 90.000 gestiegen. Aktuell dürfte bereits
knapp die Hälfte aller unselbständig Beschäftigten im Einzelhandel in Teilzeit arbeiten. Letztendlich
ist die hohe Teilzeitquote eine Ursache dafür, dass die Einkommen in der Branche um mehr als ein Drittel unter
dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt liegen; die niedrigen Tariflöhne sind eine andere Ursache. Das durchschnittliche
Bruttojahreseinkommen pro unselbständig Beschäftigten lag 2007 im Einzelhandel bei 17.000 Euro, im Vergleich
zu 27.000 Euro in der Gesamtwirtschaft. |