Österreichische Banken im internationalen Vergleich: kundenfreundlich und profitabel – Ausblick:
Kreditwachstum ab 2010 jährlich 3 Prozent, Einlagen 5 Prozent
Wien (erste bank) - Der heimische Bankplatz hat im abgelaufenen Geschäftsjahr wohl eher mit
negativen Schlagzeilen international auf sich aufmerksam gemacht. Was dabei ein wenig aus dem Fokus geraten ist:
Österreich gilt im internationalen Vergleich als einer der stabilen, konsumentenfreundlichen Bankplätze
in Europa. Nirgends – von Spanien einmal abgesehen – stehen den Kunden in Europa mehr Filialen zur Verfügung.
Und nirgends in Europa werden Zinsveränderungen so rasch an den Kunden weitergegeben, wie hier. Trotz hoher
Konkurrenz und niedriger Einkommensmargen, sind Österreichs Banken profitabel - sie liegen hinter Finnland,
Spanien, Italien und Irland an fünfter Stelle in der Eurozone. In punkto Sparen sind die Österreicher
Spitzenreiter. Mit einer Sparquote von 12% liegt die Alpenrepublik etwa doppelt so hoch wie der EU-Durchschnitt.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Macro-Consult im Auftrag der Erste Bank. Für die Erste Bank-Chefin
Elisabeth Bleyleben-Koren zeigt die Studie auch Wachstumsperspektiven für das Geschäftsmodell mit den
Sparkassen auf.
„Würde es einen europäischen Wettbewerb für Konsumentenfreundlichkeit im Bankbereich geben, Österreich
würde ihn mit Sicherheit gewinnen“, ist der Studienautor Josef Christl überzeugt. Christl, ehemaliger
Chefökonom des Finanzministeriums und Nationalbankdirektor, hat im Auftrag der Erste Bank den Bankplatz Österreich
und seine Perspektiven untersucht. Österreich gilt die Bankendichte betreffend, als ‚overbranched’ und bei
den Ertragsmöglichkeiten als ‚margenschwach’. Dennoch sind die österreichischen Banken gut mit Eigenkapital
ausgestattet und ‚durchschnittlich profitabel’. „Was für ertragshungrige Bankiers wohl eher keine Standortwerbung
sein mag, ist für Konsumenten höchst erfreulich“, meint Christl. Die durchschnittliche Bankmarge, also
der Abstand zwischen Leitzins und Kreditzins eines Konsumentenkredits, betrug zuletzt im Euroraum 6,19% (Oktober
2009). In Österreich sind es 4,44% also um 1,75 Prozentpunkte weniger. Bei Firmenkrediten ist dieses Verhältnis
ähnlich. Damit sind Kredite in Österreich auch billiger als im großen Nachbarland Deutschland –
übrigens ein Grund, weshalb Deutsche gerne bei Österreichs Banken Kunden sind. „Auch werden die veränderten
Leitzinsen rascher als in anderen Ländern an die Konsumenten weitergegeben“, so der Studienautor.
Hohe Filialdichte
In Österreich gibt es 867 Kreditinstitute mit 80.300 Angestellten und 4.251 Bankfilialen. Das bedeutet,
dass in Österreich auf eine Bankstelle 1.625 Einwohner kommen, das Versorgungsniveau ist im internationalen
Vergleich damit extrem hoch. In Holland kommen beispielsweise mit 5.386 mehr als dreimal so viele Personen auf
eine Bankstelle. Der Durchschnitt liegt in der Eurozone bei 1.832 Personen pro Filiale.
„Ein Grund, weshalb Österreichs Banken profitabel wirtschaften können, ist das hohe Kostenbewusstsein“,
meint Christl. Seit 1995 sinkt der Gradmesser dafür, die sogenannte Cost/Income-Ratio, kontinuierlich: Sie
lag Mitte der 90er Jahre noch bei knapp 70%, heute liegt sie bei unter 60%. Das bedeutet, dass von 100 verdienten
Euro über 40 Euro als Betriebsergebnis verbucht werden können.
Österreicher sind Europameister beim Sparen
Während die Verschuldungsquote mit 83,8% im internationalen Vergleich eher unterdurchschnittlich ist,
bestätigt die Studie, was im Land ohnehin bekannt ist: Die Österreicher sind Sparefrohs. Die Sparquote,
also das Verhältnis zwischen verfügbarem Einkommen und Sparleistung, beträgt 12%. Der Durchschnitt
in der Eurozone liegt bei 9,3% und in der EU-27 bei 6,2%. Nicht zuletzt deshalb hat der Weltspartag hierzulande
eine besondere Bedeutung.
Krise ändert Anlageverhalten und Wachstumsperspektiven für Banken
Die hohe Sparfreude ist allerdings nicht die einzige Reaktion der heimischen Anleger auf die Krise. Sie
hat das Anlageverhalten der Österreicher beträchtlich verändert: Der Anteil der gesamten Einlagen
erhöhte sich von 43% (2006) auf 47% (2009) gemessen am Geldvermögensbestand. Auch der Bargeldbestand
erhöhte sich von 3% auf 4%. Hingegen ging der Anteil von Investmentzertifikaten von 11% auf 8% zurück,
bei Aktien war es ein noch deutlicherer Rückgang von 5% auf 2%. Die Spareinlagen der privaten Haushalte steigen
hingegen langsam, aber kontinuierlich um etwa 3,5% pro Jahr. „Sie bilden eine sichere, krisenresistente Refinanzierungsbasis
für das Finanzsystem“, so Christl.
Zukunft verspricht weniger Dynamik, aber weiterhin Wachstum bei Spareinlagen und Krediten
Das niedrigere Wirtschaftswachstum würde natürlich auch die Dynamik im Kredit- und Einlagenbereich bremsen.
Dennoch geht die Studie für die nächsten fünf Jahre von einem Kreditwachstum von ca. 3 % und einem
Einlagenwachstum von ca. 5% pro Jahr aus. Die Inflation werde auf lange Sicht unverändert auf niedrigem Niveau
bleiben.
„Die nächsten Jahre werden für die heimischen Banken nicht leichter“, fasst Josef Christl seine Prognose
zusammen, „das Kreditwachstum bleibt gedämpft, Liquidität wird in der Beschaffung teurer, die Anforderungen
bezüglich Kapital werden höher und die Abschreibungswelle ist noch nicht vorbei.“ Banken brauchen daher
„ein klares Geschäftsmodell und eine sichere Fundingstruktur. Den Kunden und somit das Kreditrisiko zu kennen,
ist überlebenswichtig“, meint Christl.
Erste Bank sieht „window of opportunity“ für Sparkassenmodell
„Lange Zeit unter internationalen Bankiers als bieder belächelt, ist der Begriff Sparkasse jetzt wieder
modern“, sagt Elisabeth Bleyleben-Koren, Generaldirektorin der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen. Mit
dem Geschäftsmodell einer Sparkasse fühlt sich die Erste Bank für die kommenden Jahre jedenfalls
gut gerüstet. „Durch die hohe regionale Filialdichte kennen wir unsere Kunden sehr gut und sie vertrauen uns“,
so die Erste Bank Chefin, „in dem Jahr der Liquiditätskrise sind die Einlagen zwischen Ende 2008 und Ende
September 2009 in der Sparkassengruppe von 50,4 auf 51,2 Milliarden Euro angewachsen, während der Gesamtmarkt
im selben Zeitraum von 276 auf 268 Milliarden Euro geschrumpft ist. Alleine in den ersten drei Quartalen 2009 haben
wir 35.000 neue Kunden gewonnen.“
Das Modell der Sparkasse beschreibt Bleyleben-Koren so: „Wir sammeln Spareinlagen und investieren diese nicht in
intransparente, strukturierte Finanzkonstrukte, sondern primär in die heimische Kreditwirtschaft. Unser Wettbewerbsvorteil
ist vor allem die Kenntnis des Kunden und die regionale Entscheidungsmöglichkeit. Deshalb werden wir auch
keine Filialen schließen. Die Nahversorgerfunktion ist wesentlich in unserem Geschäftsmodell“, so Bleyleben-Koren.
Erste Bank und Sparkassen betreiben in Österreich rund 1.060 Filialen – und sie wirtschaften profitabel. Bis
auf das 4.Quartal 2008 – hier gab es zum Ausbruch der Finanzkrise einen erhöhten Abschreibungsbedarf - war
jedes Quartal mit durchschnittlich 25 Millionen Euro Ergebnis nach Steuern deutlich positiv. „Unser Geschäftsmodell
ist krisenresistent und unsere Gruppe wächst – zwar nicht revolutionär, aber evolutionär“, schließt
die Erste Bank-Chefin. |