RH: Verrechnung der EU-Mittel in Österreich im Wesentlichen korrekt
Wien (pk) - Der Rechnungshofausschuss diskutierte in seiner Sitzung am 21.01. unter dem Vorsitz seines
Obmannes Werner Kogler mit Rechnungshofpräsident Josef Moser den EU-Finanzbericht 2008, dessen Gestaltung
und Präsentation die Ausschussmitglieder unisono lobten und einstimmig zur Kenntnis nahmen.
Die Abgeordneten erfuhren, dass 2007 1,6 Mrd. € an EU–Mitteln nach Österreich flossen, wobei der Landwirtschaftssektor
mit 71 % am stärksten profitierte. Der Nettobeitrag Österreichs stieg 2007 gegenüber dem Vorjahr
um 262,2 Mio. € auf 563,7 Mio. € an. Seit 2003 nahmen Österreichs Zahlungen an die EU kontinuierlich zu, die
Rückflüsse stiegen 2005 sowie 2006 und blieben 2003, 2004 und 2007 konstant. Der durchschnittliche Nettobeitrag
Österreichs im Zeitraum 2003 bis 2007 betrug 367,8 Mio. € pro Jahr. Eine Berechnung der Anteile der Gebietskörperschaften
an der Finanzierung der EU–Zahlungen ergab 2006 für die Länder 17 % und die Gemeinden 3,1 %.
Die Verrechnung der EU–Mittel in Österreich sei im Wesentlichen korrekt gewesen, stellten die RH-Prüfer
fest und konstatierten aufgrund von Evaluierungen in der Landwirtschaft und bei den Strukturprogrammen, dass Österreich
die ihm zur Verfügung stehenden EU–Mittel für seine Förderungsprogramme in einem hohen Maß
nutzen konnte. Kritik übte der Rechnungshof aber an einer unvollständigen und wenig transparenten Darstellung
der EU–Rückflüsse im Bundeshaushalt durch das Finanzressort. Im Arbeitsbehelf zum Bundesfinanzgesetz
seien vom ERP–Fonds abgewickelte Programme nur teilweise und Rückflüsse zugunsten von Hochschuleinrichtungen
nicht enthalten, überdies fehlten aussagekräftige Bezeichnungen für die Voranschlagsansätze,
kritisiert der Rechnungshof.
Außerdem informierte der Rechnungshof die Ausschussmitglieder darüber, dass der neue EU–Finanzrahmen
für den Zeitraum 2007 bis 2013 925,3 Mrd. € umfasse und als neue Rubrik "Freiheit, Sicherheit und Recht"
vorsehe, zu der auch der integrierte Grenzschutz an den EU–Außengrenzen sowie gemeinsame asyl– und einwanderungspolitische
Maßnahmen zählen.
Weiters zeigte der Rechnungshof aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der öffentlichen Finanzkontrolle bei
der Verwendung von EU–Mitteln auf und informierte über den Aktionsplan zur Stärkung der Aufsichtsfunktion
der Europäischen Kommission bei der Verwaltung von Strukturmaßnahmen, über die Umsetzung des Aktionsplans
der Europäischen Kommission für einen Integrierten Internen Kontrollrahmen sowie über die verpflichtende
jährliche Zusammenfassung der Prüfungen und Erklärungen auf Ebene der Mitgliedstaaten.
Rechnungshofpräsident Josef Moser leitete die Debatte mit einer Präsentation des EU-Finanzberichts 2008
ein. Die EU-Einnahmen betrugen 2007 117,6 Mrd. €. Der Abschöpfsatz für den Beitrag aus den Bruttonationaleinkommen
der Mitgliedsländer machte 0,5909 % aus. Für die Ausgaben in der Finanzperiode 2007 bis 2013 gelten statt
der bisherigen acht nunmehr sechs neue Bereiche: nachhaltiges Wachstum, Bewahrung und Bewirtschaftung natürlicher
Ressourcen, Unionsbürgerschaft, EU als globaler Partner, Verwaltung und Beitrittsausgleich.
In der Periode 2000 bis 2006 hatten die Gesamtausgaben 650,6 Mrd. € ausgemacht, die zu 46,7 % auf die Landwirtschaft
und zu 30,4 % auf die Strukturpolitik entfielen.
Für die Finanzperiode 2007 bis 2013 sind Ausgaben von 925,3 Mrd. €, um 191,8 Mrd. € oder 26,2 % mehr vorgesehen.
Die Ausgaben sollen pro Jahr von 124,5 Mrd. € auf 151,9 Mrd. € 2013 steigen.
Für die "Bewahrung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen" (bisher "Landwirtschaft")
sind 2007 54,6 Mrd. € (48 %) und für "nachhaltiges Wachstum" 43,7 Mrd. € (38,4 %) der Gesamtausgaben
2007 in der Höhe von 113,9 Mrd. € ausgegeben worden.
In seinen weiteren Ausführungen informierte Rechnungshofpräsident Moser über Details der EU-Ausgaben
für Landwirtschaft und Strukturpolitik in den Jahren 2000 bis 2008 und ging dann auf die Entwicklung des Nettobeitrags
Österreichs ein, der im Jahr 2007 eine Steigerung um 87 % auf 563,7 Mio. € verzeichnete. Die Nettozahlerposition
habe sich verschlechtert, weil der Nettobeitrag von 2003 bis 2007 um 367,8 Mio. € zunahm, die Rückflüsse
aber konstant blieben.
2008 wurden 423 Mio. € an EU-Mitteln in Österreich für nachhaltiges Wachstum, 1,13 Mrd. € für die
Bewahrung natürlicher Ressourcen und 25,5 Mio. € unter dem Titel "Unionsbürgerschaft" ausgegeben.
Der Gesamtrückfluss betrug 1,5784 Mio. €, 71,2 % davon flossen in die Landwirtschaft, führte Präsident
Moser aus.
169,2 Mio. € wurden 2008 direkt an Endbegünstigte in Österreich ausbezahlt, 71,2 Mio. € davon an natürliche
Personen und private Einrichtungen. Da diese EU-Direktförderungen einer externen öffentlichen Finanzkontrolle
nach wie vor entzogen sind, plädierte Rechnungshofpräsident Josef Moser für eine bessere Kontrolle
dieser Subventionen.
Ausdrückliches Lob spendete der Rechnungshofpräsident Österreich für die Ausnützung von
EU-Mitteln. Sie betrage im Bereich "ländliche Entwicklung" 100 % und bei den Strukturprogrammen
88 %, liege also weit höher als der EU-Durchschnitt von 55 %. Ein sehr gutes Zeugnis stellte Moser auch bei
der Vorausschätzung des Mittelbedarfs aus, mit einer Abweichung der tatsächlichen von den geplanten Zahlungen
in der Höhe von 17 % nehme Österreich eine Spitzenposition in der EU ein.
Von 2000 bis 2006 leisteten die Länder EU-Beiträge in der Höhe von 3,061 Mrd. € und die Gemeinden
0,594 Mrd. €. Die Aufteilung der EU-Kosten auf Bund, Länder und Gemeinden erfolgte nach dem Schlüssel
79,4 % : 17,3 % : 3,3 %.
In der Debatte wies Abgeordneter Kurt Gaßner (S) darauf hin, dass in der neuen EU-Finanzperiode für
Länder und Gemeinden bei der Entwicklung der Lebensqualität und der Diversifizierung der Wirtschaft im
ländlichen Raum neue Aufgaben vorgesehen seien, die die Frage aufwerfen, wie diese Verpflichtungen von den
Gemeinden finanziert werden sollen.
Abgeordneter Alois Gradauer (F) forderte angesichts von Korruption und Misswirtschaft in der EU eine bessere Kontrolle
der Ausgaben. Angesichts stark zunehmender Einbrüche in Wien könne er keinerlei Erfolg der EU beim Schutz
der Grenzen bemerken, kritisierte Gradauer weiter und stellte auch die Frage, wie es geschehen konnte, dass Griechenland
trotz seines "getürkten" Finanzstatus Mitglied der EU werden konnte. Besorgt zeigte sich der Abgeordnete
wegen steigender EU-Beiträge und sinkenden Rückflüssen sowie zunehmenden Verwaltungskosten in der
EU. Schließlich problematisierte Gradauer steigende EU-Ausgaben vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise.
Abgeordnete Martina Schenk (B) erkundigte sich nach Fortschritten bei der Planung und Einrichtung eines Kompetenzzentrums
für Finanzkontrolle.
Abgeordneter Josef Lettenbichler (V) interessierte sich für die Ursachen steigender Nettobeiträge und
sprach die Hoffnung auf einen höheren Beitrag Großbritanniens aus.
Abgeordneter Roman Haider (F) erkundigte sich nach dem Finanzierungsschlüssel für neue EU-Aufgaben zwischen
Bund, Ländern und Gemeinden.
Rechnungshofpräsident Josef Moser erläuterte den Ausschussmitgliedern die Berechnungsmethode und den
Aufteilungsschlüssel, der für die Finanzierung von EU-Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden
im Finanzausgleich festgelegt wurde. Über diesen Schlüssel werde hinsichtlich der neuen Finanzierungsperiode
auch im nächsten Finanzausgleich zu verhandeln sein.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Rechnungshof und dem österreichischen Rechnungshof gestalte
sich vollkommen konfliktfrei, berichtete Präsident Moser und machte darauf aufmerksam, dass beide Kontrolleinrichtungen
ihre jeweiligen Stärken synergetisch nutzten. Für verbesserungswürdig hielt Moser den Informationsaustausch
mit der EU-Kommission.
Den starken Zuwachs beim österreichischen Nettobeitrag sah der RH-Präsident als einen "Ausreißer"
am Beginn der neuen EU-Finanzperiode. Schätzungen der EU-Kommission, die für 2008 auf 356,4 Mio. € lauten,
lassen erwarten, dass der Beitrag wieder zurückgehe. Der EU-Beitrag Großbritanniens für Erweiterungskosten
wurde in der neuen Finanzperiode wesentlich angehoben, informierte Josef Moser.
Einmal mehr sprach sich der Rechnungshofpräsident in Übereinstimmung mit dem EU-Rechnungshof und dem
EU-Parlament für die Einrichtung eines Kompetenzzentrums "Finanzkontrolle" aus, das sich mit Ausbildungsfragen
und mit Kontrollstandards befasse.
Höhere EU-Verwaltungskosten führte der Rechnungshofpräsident auf die Erweiterung der EU zurück,
trat aber dessen ungeachtet für Rationalisierungen und Effizienzsteigerungen ein. Auswirkungen der Wirtschaftskrise
auf das EU-Budget seien insofern zu erwarten, als das EU-Budget in jedem Jahr ausgeglichen werden müsse.
Klimarelevante Maßnahmen bei der Wohnbausanierung in den Ländern
Anschließend nahm der Rechnungshofausschuss die Beratungen zum Bericht des Rechnungshofs betreffend "Klimarelevante
Maßnahmen bei der Wohnbausanierung auf Ebene der Länder" ( III-73 d.B.) wieder auf, die im Herbst
vertagt worden waren.
Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) trat auf diesem Gebiet für eine langfristige Verfolgung der gesetzten
Ziele ein. Es brauche einen Konsens in der Strategie zum Klimaschutz zwischen Bund und Ländern, um die ins
Auge gefassten Ziele auch zu erreichen. Abgeordnete Ruth Becher (S) sprach die klimarelevanten Maßnahmen
im Bereich der Wohnbauförderung an und ventilierte die Frage nach einer Zweckbindung der entsprechenden Mittel.
Abgeordnete Martina Schenk (B) erkundigte sich danach, mit welchen Sanktionen man im Fall der Verfehlung der Kyoto-Ziele
zu rechnen habe. Abgeordneter Hermann Gahr (V) bezeichnete es als sehr positiv, dass der Bericht auch mit den einzelnen
Landtagen diskutiert worden sei, und wollte wissen, wie sich die Problematik seit der Publikation des Berichts
weiter entwickelt habe.
Abgeordneter Alois Gradauer (F) sah sich durch den Bericht in seiner Überzeugung bestätigt, dass es dringend
einer Verwaltungsreform bedürfe. Die Richtlinien müssten vereinheitlicht werden, damit man hinsichtlich
des Ausstoßes von Kohlendioxid Verbesserungen erzielen, damit man aber auch die Heizkosten der Bürger
senken könne. Abgeordneter Norbert Hofer (F) befürchtete, die Kyoto-Ziele seien nicht mehr erreichbar,
umso dringender sei eine Adjustierung der heimischen Energiepolitik. Gerade auf dem Gebiet der Länder seien
hier konkrete Maßnahmen zu setzen. Doch Klimaschutz habe auch soziale Aspekte, denn es gelte, auch die Familien
zu entlasten. Hofer trat für verbindliche Richtlinien mit entsprechenden Standards ein und fragte, wie der
RH zum Thema Zweckbindung der Wohnbauförderung stehe.
Abgeordnete Gabriela Moser (G) dankte dem RH für seinen Bericht und verwies auf die Problematik, dass die
einzelnen Regelungen in den Bundesländern nicht einheitlich seien, was auch den Datenvergleich erschwere.
Zudem sei es bedauernswert, dass die Zweckbindung bei der Wohnbauförderung aufgehoben wurde, weshalb die Mittel
zunehmend in andere Bereiche flössen. Hier brauche es eine Rückkehr zur früheren Praxis, meinte
Moser. Zudem kritisierte sie den "desaströsen Finanzausgleich" von 2007 und wollte wissen, wo seitens
des Bundes noch Änderungsbedarf gegeben sei.
RH-Präsident Josef Moser hielt eingangs fest, der RH habe sich den Schwerpunkt Nachhaltigkeit der Klimastrategie
zum Hauptthema gemacht. Die Frage sei gewesen, welchen Beitrag die einzelnen Gebietskörperschaften zur Umsetzung
von Verpflichtungen leisteten, die Österreich eingegangen sei. Im Jahr 2008 sei Österreich von seinen
Vorgaben um 25 % abgewichen, die nun bis 2012 wieder eingebracht werden müssten, wolle man das Ziel nicht
verfehlen. Gerade bei den Ländern seien die Regelungen teilweise äußerst unterschiedlich, doch
müssten die Reduktionsziele auch auf die Ebene der Bundesländer heruntergebrochen werden. Es brauche
eine gemeinsame Strategie, auch und insbesondere auf dem Gebiet der Wohnbauförderung.
Der Präsident hielt fest, dass der RH hier als Organ der Länder aktiv geworden sei. Man habe den Bericht
auch in allen Bundesländern außer Kärnten diskutieren können, wobei die Bemühungen des
RH sehr positiv aufgenommen worden seien. Moser warnte davor, dass man die Kyoto-Ziele tatsächlich verfehlen
werde, wenn man nicht verstärkt Maßnahmen setze. Umgelegt auf die Thematik bedeute dies, dass bei der
Wohnbauförderung konkrete Zielvereinbarungen statt einer allgemeinen Zweckbindung zielführender wären.
Die Richtlinien sollten weiter vereinheitlicht werden, zudem brauche es ein effizientes Monitoringsystem.
Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
Zum Zwecke der Fristwahrung wurde sodann noch ein weiterer Bericht des Rechnungshofs in Verhandlung genommen, der
jedoch umgehend vertagt wurde. |