"Universität bewegt – wie kann aktives bewegtes Lernen umgesetzt werden?" –
Präsentation des Universitätslehrgangs "Psychomotorik"
Wien (universität) - Am 19.01. wurde an der Universität Wien der Universitätslehrgang
„Psychomotorik“ präsentiert. Psychomotorik ist eine neue wissenschaftliche Disziplin und befasst sich mit
dem Zusammenhang zwischen Bewegung, Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung.
Der Universitätslehrgang Psychomotorik ist in Österreich die einzige umfassende wissenschaftliche Ausbildung
auf diesem Gebiet; sie ist zugleich theoretisch fundiert sowie praxisorientiert und lässt vor allem eine Verbesserung
der Situation im Gesundheits- sowie im Erziehungs- und Bildungswesen erwarten.
Die Präsentation des ULG Psychomotorik erfolgte im Rahmen der Podiumsdiskussion „Universität bewegt“,
in der es um effizientes Lernen ging. Namhafte Vertreter der Universität Wien diskutierten vor allem die Frage
„Wie kann aktives bewegtes Lernen umgesetzt werden?“ bzw. „Wie kann durch Bewegungs- und Wahrnehmungshandeln Neues
besser verstanden, besser abgespeichert und auch besser abgerufen werden?“
Es wurde betont, dass Lernen über den Austausch des Menschen mit seiner Umwelt erfolgt, wobei das Medium Bewegung
eine wichtige Rolle spielt. Bewegung hat große Bedeutung für die sensorische Integration (Aktivierung
und Zusammenspiel aller Sinne), die wiederum abstraktes Denken fördert. Lernen bzw. (Be)greifen von Zahlen,
Buchstaben, Wörtern oder komplexeren Inhalten mit mehreren Sinnen ist effizienter und wird durch Bewegungs-
und Wahrnehmungslernen ermöglicht.
„Unsere Gesellschaft hat lange Zeit den Bewegungsinn vergessen, wir müssen aber die Welt greifend und begreifend
erleben. Im Endeffekt begreifen wir in der Welt das, was in uns propriozeptiv verankert ist“, so Univ.-Prof. Dr.
Gisela Gerber vom Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.
Darüber hinaus hat Bewegung eine soziale Funktion:
Vor allem Kinder kommunizieren hauptsächlich über ihren Körper bzw. durch Bewegung. Sie
brauchen, können und wollen sich nicht kompliziert verbal erklären, sondern verständigen sich durch
Körper- bzw. Bewegungshandlungen. Im Rahmen von Bewegung können Fähigkeiten eingesetzt und Eigenschaften
zur Schau gestellt werden, die in der sozialen Umwelt geschätzt werden, wie Geschicklichkeit, Schnelligkeit,
Ausdauer, Koordination Kraft, Wissen, Intelligenz, Mut oder Selbstbeherrschung. Das heißt, durch Bewegung
wird soziale Anerkennung bzw. Selbstbestätigung ermöglicht.
„Soziale Anerkennung ist ein Grundbedürfnis des Menschen, das über das Medium Bewegung gestillt werden
kann. Anerkennung bedeutet Integration, Aufnahme in eine Gemeinschaft oder Gruppe, und Anerkennung bedeutet vor
allem Motivation, die wiederum den Lernprozess fördert“, so Univ.-Prof. Dr. Otmar Weiß, Leiter des Universitätslehrgangs
Psychomotorik an der Universität Wien.
Physiologische Funktion von Bewegung:
Bewegung fördert auch die Produktion neuer Nervenzellen im Gehirn, und es kommt zu einer Ökonomisierung
des Denkens. Wie in der „Bewegungs-Neurowissenschaft“ nachgewiesen wurde, beeinflusst körperliche Aktivität
kognitive Gehirnfunktionen in jedem Lebensalter positiv und lässt den Endorphinspiegel um das drei- bis vierfache
über den Ausgangswert ansteigen, ein entscheidender Faktor für Stimmungsverbesserung.
In einer bewegungsarmen Gesellschaft droht aber die Bedeutung der Bewegung für den Menschen verloren zu gehen.
Umso wichtiger ist es, dass dem hohen Stellenwert, den Bewegung für Persönlichkeitsentwicklung, Lernen,
Erziehung und Gesundheit hat, Rechnung getragen wird. Tätigkeitsfelder für Absolventen liegen in den
Bereichen Bildung, Gesundheit und Forschung.
In dem Universitätslehrgang „Psychomotorik“ werden entsprechende Grundlagen vermittelt:
- um die fundamentale Bedeutung der Funktionsbereiche Wahrnehmung und Bewegung bewusst zu machen
- die Wechselwirkung von Kognition, Emotion und Bewegung
- über Bewegungsarbeit im Kindergarten und in der Schule, mit Erwachsenen sowie mit alten Menschen
ReferentInnen: Univ.-Prof. Dr. Gisela Gerber (Institut für Bildungswissenschaft der Universität
Wien), Univ.-Prof. Dr. Toni Reinelt (Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien), Dr. Josef
Voglsinger (Referent und wissenschaftlicher Berater des ULG „Psychomotorik“), Univ.-Prof. Dr. Otmar Weiß
(Lehrgangsleiter, Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien)
Eröffnung: Mag. Elke A. Gornik, Leiterin des Postgraduate Center der Universität Wien
Moderation: Mag. Katharina Huemer (ORF Kultur)
|