Mindestsicherung ab 1. September fixiert  

erstellt am
19 01. 10

Scharer und Hundstorfer: Länder beschließen einstimmig die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung
Salzburg (lk) - Seit 18.01. ist der Fahrplan für die Umsetzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung fixiert. Die Mindestsicherung soll mit 1. September dieses Jahres in allen Bundesländern eingeführt werden. Darüber sind sich die Sozialreferenten aller Bundesländer einig. Das berichtete Sozialreferentin Landesrätin Erika Scharer am 18.01. bei einem Informationsgespräch mit Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Rudolf Hundstorfer, und den Landessozialreferenten Mag. Sonja Wehsely (Wien), Mag. Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich) und Dr. Greti Schmid (Vorarlberg) im Anschluss an die Landessozialreferentenkonferenz in Salzburg, die von Landesrätin Scharer einberufen wurde.

"Mit diesem einstimmigen Beschluss der Länder im EU-Jahr zur Armutsbekämpfung setzt Österreich nicht nur ein historisches, sondern auch ein deutliches Zeichen zur sozialen Sicherung der Menschen in diesem Land", betonte Sozialminister Hundstorfer. Mit Hilfe der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird die offene Sozialhilfe der Länder harmonisiert werden. Auch über die Auszahlung sind sich die Sozialreferenten einig: Diese wird zwölf Mal jährlich erfolgen.

Weiters sollen mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung einheitliche Voraussetzungen für den Bezug der Sozialleistungen, einheitliche Regressbestimmungen, einheitliche Mindeststandards in der Leistungshöhe und ein einheitliches Verfahrensrecht einhergehen. "Mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird das soziale Netz für die Menschen enger geschnürt", sagte Sozialreferentin Scharer.

Empfänger der bedarfsorientierten Mindestsicherung werden künftig krankenversichert sein, und sie werden stärker in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, direkt angebunden an das Arbeitsmarktservice, einbezogen werden. Die Arbeitsfähigkeit soll über eine Begutachtungsstelle, der "Gesundheitsstraße", geprüft werden. Zudem soll es zu einem Entfall der Rückzahlung der Leistungen kommen: "Bisher war die Rückzahlungspflicht der bezogenen Sozialhilfe ein Hindernis, aus der Armutsfalle zu entkommen", betonte Landesrätin Scharer, turnusmäßig Vorsitzende der Sozialreferenten der Länder. Auf der anderen Seite werde es aber auch zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit Fremdenbehörden kommen, um Sozialhilfemissbrauch zu vermeiden.

Die Höhe der Leistung aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung orientiert sich am Ausgleichszulagenrichtsatz in der Pensionsversicherung. Im Jahr 2010 beträgt dieser Richtsatz 744 Euro für Alleinstehende, für zwei Erwachsene 1.116 Euro, pro Kind erhöht sich der Richtsatz um 156 Euro. Sonderzusatzbedarf wird nach wie vor durch die Länder geleistet werden, wie etwa der Heizkostenzuschuss oder das Schulstartgeld. Auf Grund der hohen Wohnkosten in Salzburg soll es in Salzburg – wie auch in der Sozialhilfe – zusätzliche Wohnbeihilfe geben. "Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen der Menschen und muss für alle erschwinglich sein", stellte Landesrätin Scharer fest.

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird so rasch wie möglich eine Regierungsvorlage der §15a-Vereinbarung ausarbeiten. Diese soll unverzüglich an die Bundesländer zur Unterzeichnung übermittelt werden.

Weiterer Tagesordnungspunkt der heutigen Sozialreferentenkonferenz war das Thema Pflegevorsorge und Sicherung. Aufgrund der demografischen Entwicklungen und um Pflege auch künftig in Österreich nachhaltig abzusichern, wurde vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) beauftragt, die Situation der Pflege und Betreuung in den Bundesländern zu evaluieren. Angestrebt werden sollen einheitliche Kriterien und Qualitätsstandards in der Pflege und Betreuung von pflegebedürftigen Personen in Österreich. Es sollen dabei ein abgestimmter Katalog über die Kernleistungen und einheitliche Finanzierungskriterien für soziale Dienste erstellt werden, beispielsweise über die Kurzzeitpflege im Heim, über die Erbringung von Leistungen mobiler Dienste am Wochenende, über Case- und Care-Management oder über Tagesbetreuung.

 

Wehsely: Mindestsicherung kommt Anfang September
Einigung bei LandessozialreferentInnenkonferenz
Wien (rk) - "Bei der heutigen LandessozialreferentInnenkonferenz in Salzburg gab es einen einstimmigen Beschluss aller Bundesländer, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung Anfang September einzuführen. Es ist dem Land Wien gelungen, in vielen Bereichen Wiener Standards für alle ÖsterreicherInnen zugänglich zu machen", erklärte die Wiener Soziallandesrätin Mag.a Sonja Wehsely am gegenüber der Rathaus-Korrespondenz. So wird es keinen Regress bei Betroffenen und Angehörigen geben. "Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung bietet darüber hinaus die E-Card für alle und damit die Einbeziehung nicht krankenversicherter LeistungsbezieherInnen in die gesetzliche Krankenversicherung", so Wehsely. Das Wiener Projekt "Step2Job" ist der Probelauf für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung und wird österreichweit ausgerollt. Arbeitsfähige SozialhilfebezieherInnen werden dabei unterstützt, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. "Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung wird die Sozial- mit der Arbeitsmarktpolitik verknüpfen. Weil ein Job, von dem man leben kann, die beste soziale Absicherung bietet", schloss Wehsely.

 

Mikl-Leitner: Mindestsicherung muss arbeitsmarktpolitische Projekte nach sich ziehen
NÖ startet bereits jetzt Projekt für 400 Langzeitarbeitslose
St. Pölten (nöi) - "Dass die Mindestsicherung im Rahmen der heutigen Sozialreferentenkonferenz einmal mehr bekräftigt wird, war klar. Durchgesetzt wurde allerdings auch, dass mit der Mindestsicherung arbeitsmarktpolitische Projekte einhergehen müssen. So kann es nicht sein, dass die Mindestsicherung zur sozialen Hängematte wird. Sie soll vielmehr zum Trampolin in den Arbeitsmarkt werden. Aus diesem Grund startet heuer ein Projekt, in dem 400 Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Ziel muss es nämlich sein, dass die Menschen so rasch wie möglich aus der Mindestsicherung in ein 'ganz normales' Leben auf dem Arbeitsmarkt zurückgeführt werden. Aus diesem Grund hat sich das Land Niederösterreich auch klar für eine 12-malige Auszahlung der Mindestsicherung ausgesprochen. Es kann nämlich nicht sein, dass ein Mindestpensionist, der sein Leben lang gearbeitet hat, genauso viel bekommt, wie ein Mindestsicherungsempfänger", stellt VP-Soziallandesrätin Mag. Johanna Mikl-Leitner klar.

"Niederösterreich sei im übrigen eines der wenigen Bundesländer, in dem die legistischen Voraussetzungen bereits für ein Inkrafttreten mit 1. September geschaffen werden könnten. Die meisten anderen Bundesländer dürften davon weit entfernt sein", so Mikl-Leitner.

 

Kickl: Mindestsicherung unter falschen Vorzeichen
Kardinalfehler ist und bleibt: Zugangsbeschränkung für Nichtstaatsbürger fehlt
Wien (fpd) - "Bedauerlicherweise soll die Mindestsicherung in Österreich derzeit unter völlig falschen Vorzeichen starten", erklärte FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl zu der nun geplanten Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung mit 1. September dieses Jahres. "Der Kardinalfehler der Mindestsicherung in ihrer derzeitigen Form ist, dass nicht zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern differenziert wird", kritisierte Kickl scharf. Dies werde den Druck auf den ohnehin maroden Sozialstaat unnötigerweise erhöhen. Zudem stelle die Mindestsicherung ohne Zugangsbeschränkung eine zusätzliche Einladung für eine weitere Zuwanderung nach Österreich dar.

Tatsache sei, dass schon bisher auch im Bereich der Erwerbstätigkeit Zuwanderer insbesondere im Niedriglohnsegment tätig seien. Daraus ergäben sich nicht nur relativ geringe bis gar keine Steuerabgaben, was die Lohnsteuer betreffe, sondern auch die Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung würden bei geringen Einkommen vom Bund an die Arbeitslosenversicherung bezahlt. Das seien übrigens auch jene Beiträge, die SPÖ-Sozialminister Hundstorfer unsinnigerweise in seinen "Berechnungen" als Einnahmen anführe, um den Zuwanderungssaldo zu verbessern, so Kickl weiter.

Überdies sei bei einer Mindestsicherung mit rund 744 Euro (für alleinstehende Bezieher), trotz der Tatsache, dass die Armutsgefährdungsschwelle mit dieser Summe weit unterschritten würde, eine viel zu geringe Differenz zum Erwerbseinkommen gegeben. Der Leistungsanreiz sei damit nicht mehr gewährleistet. "Jeder, der um ein paar Euro mehr die ganze Woche arbeiten geht, muss sich eigentlich gefrotzelt fühlen", betonte Kickl. Dabei gehe es nicht darum, den wirklich sozial Bedürftigen etwas wegzunehmen, sondern Gerechtigkeit auch für die arbeitende Bevölkerung sicherzustellen. Die Regierung täte mitsamt ihren parteigleichen Sozialpartnern daher gut daran, neben der Zugangsbegrenzung für Staatsbürger insbesondere dahingehend aktiv zu werden, dass die Mindestlöhne quer durch alle Branchen entsprechend hoch seien, um einen Erwerbsanreiz zu setzen anstatt diesen zu untergraben. "Im Zuge der Einführung der Mindestsicherung muss daher endlich auch eine Überwindung der Differenz von Arbeitnehmern erster und zweiter Klasse stattfinden, d.h. den Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen muss endlich soziale Sicherheit gegeben werden", so Kickl weiter. Denn hier sei der Unterschied besonders krass: Diese Menschen würden oftmals nicht nur schlecht bezahlt, sondern sie hätten auch nur eine unzureichende arbeitsrechtliche Absicherung. "Es kann nicht das Ziel sein, die Menschen weiter in die Abhängigkeit des Staates zu treiben. Man muss den Menschen in Notlagen helfen, aber mit der nun geplanten Form der Mindestsicherung ohne zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wird die Armut in Österreich nicht bekämpft, sondern höchstens einzementiert", schloss Kickl.

 

Haubner verlangt leistungsorientiertes Bürgergeld statt Mindestsicherung
Rot-schwarz-hellblaue Mindestsicherung
Wien (bzö) - BZÖ-Sozialsprecherin NAbg. Ursula Haubner forderte heute ein leistungsorientiertes Bürgergeld statt der Mindestsicherung der Bundesregierung. "Die von allen Bundesländern abgesegnete rot-schwarz-hellblaue Mindestsicherung, die mit 1. September in Kraft treten soll, hat keinen Leistungsanreiz. Wir brauchen aber keine Almosenvorsorge, sondern eine soziale Absicherung mit verwaltungsschonenden Strukturen für jene, die es brauchen und nicht für alle, die es wollen", so Haubner.

Das flexibel gestaltetet Bürgergeld solle 30 Prozent unter dem Mindestlohn liegen. Haubner verlangte auch von der Regierung, endlich für gerechte Mindestlöhne in Österreich zu sorgen. "Unser Bürgergeld soll eine vorübergehende Absicherung sein und die Menschen motivieren, in den Arbeitsprozess wieder einzusteigen. Das BZÖ will die Fleißigen vor den Faulen schützen. Arbeit und Leistung müssen sich in diesem Land wieder lohnen", so die BZÖ-Sozialsprecherin.
 

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