Wien (wwf) - Worüber bereits zu Jahresbeginn gemutmaßt wurde,
ist jetzt nach der genetischen Auswertung aller 2009 gesammelten Bärenhaare- und Losungen bewiesen: Der bereits
tot geglaubte Braunbär Moritz ist aus dem Salzkammergut in seine alte Heimat, das Ötschergebiet, zurück
gewandert. Er legte dabei in der zweiten Maihälfte eine Strecke von 100 Kilometern zurück. „Es ist sehr
ungewöhnlich, dass ein erwachsener Bär sein Streifgebiet nach fünf Jahren verlässt“, erklärt
Bärenanwalt Georg Rauer vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde (FIWI) der Veterinär-medizinischen
Universität Wien. „Wir vermuten, dass Moritz’ Wanderung mit der Suche nach einem Weibchen zusammenhängt,
zumal er zur Paarungszeit aufgebrochen ist.“ Seit Dezember befindet sich der Bär im Gebiet zwischen Ötscher
und Hochschwab in Winterruhe.
Der WWF sieht das Wiederauftauchen von Moritz als Fingerzeig an die Behörde, heuer endlich die notwendigen
Schritte für eine Bestandesstützung einzuleiten. „Wir haben uns monatelang Sorgen um Moritz gemacht.
Dass er jetzt da ist, soll als Signal für den längst überfälligen Rettungsplan der Bären
in Österreich verstanden werden“, unterstreicht WWF-Bärenprojektleiter Christoph Walder.
Das Beispiel des Landes Kärnten, wo der Bär nie wirklich ausgestorben war und hohe Akzeptanz genießt,
beweist, dass ein Miteinander möglich ist. „Wenn der Bär bei uns ausstirbt, dann nicht, weil er keinen
Lebensraum vorfindet, sondern wegen des Versagens von Politik und Behörden, die nichts für ihn tun!“,
ist Walder vom WWF überzeugt.
Auch renommierte europäische Wildtierexperten empfehlen die rasche Ansiedelung von zehn Bären aus Slowenien,
damit die Art in Österreich überleben kann: Ende November berieten in Wien 15 österreichische und
internationale Wissenschaftler unter der Federführung der Weltnaturschutzunion IUCN über die prekäre
Lage der Österreichischen Bären. Sie kamen überein, dass ein sofortiger Aktionsplan für eine
Bestandesstützung 2010 die einzige Möglichkeit ist, die österreichischen Bären vor dem Aussterben
zur retten. Ein entsprechendes Empfehlungsschreiben wurde noch vor Jahresende an die verantwortlichen Behörden
in Österreich und Brüssel übermittelt.
Die EU-Kommission hatte bereits im Mai 2009 kritisiert, dass Österreich keine Maßnahmen zur Rettung
seiner Braunbären setze. „Will der Umweltminister den Braunbären als das Symboltier des heimischen Naturschutzes
ausgerechnet im Jahr der Biodiversität aussterben lassen?“, fragt sich WWF-Bärenprojektleiter Christoph
Walder.
Österreich hat sich im Jahr 2001 – wie alle Mitgliedsländer der EU – am Gipfel in Göteborg verpflichtet,
bis 2010 den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen. Damals umfasste die Österreichische Bärenpopulation
im NÖ/Steiermärkischen Grenzgebiet noch rund zehn weibliche und männliche Bären. Heute sind
von dieser Kernpopulation nur noch Moritz und sein Vater Djuro am Leben. Auch die vereinzelt im Grenzgebiet zu
Slowenien und Italien vorkommenden Bären sind allesamt Männchen. |