Aktuelle Stunde im Nationalrat
Wien (pk) - Mit einer Aktuellen Stunde wurde am 29.01. die erste Sitzung des Nationalrats im neuen
Jahr eröffnet. Die ÖVP hat dafür das Thema "Punktlandung des Finanzministers beim Budget"
gewählt. Zu Beginn der Sitzung wurde Franz-Joseph HUAINIGG (V) als Abgeordneter anstelle der aus dem Nationalrat
ausgeschiedenen Abgeordneten Beatrix KARL (V) angelobt. Huainigg hatte dem Nationalrat bereits zwischen 2002 und
2008 angehört.
Eingangs der Sitzung erinnerte Präsidentin Barbara PRAMMER an die Erdbebenkatastrophe in Haiti und betonte,
es sei ein Gebot der Stunde, der betroffenen Bevölkerung nicht nur mündlich Anteilnahme auszudrücken,
sondern auch mit Taten zu helfen. Zu diesem Zweck sind bis Ende März zwei Spendenboxen von Nachbar in Not
im Parlament aufgestellt. Prammer rief die Abgeordneten auf, zu spenden und damit auch seitens der Parlaments ein
Signal zu setzen.
Aktuelle Stunde: Punktlandung des Finanzministers beim Budgetvollzug
Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) stellte als erster Redner zum Thema der Aktuellen Stunde fest, die
Budgetpolitik in Österreich habe unter Führung des Finanzministers sehr rasch auf die Finanzkrise reagiert,
ein Bankenpaket, zwei Konjunkturpakete und zwei Arbeitsmarktpakete geschnürt und damit die Wirtschaft stabilisiert
und den Betrieben wesentliche Impulse gegeben. Dies habe es möglich gemacht, dass Österreich heute bei
den wirtschaftlichen Kennzahlen wie Wachstum, Arbeitslosenrate und Defizitquote besser abschneide als die Mehrzahl
der anderen EU-Staaten.
Trotz dieser Erfolge werde 2010 aber ein Schlüsseljahr sein, gab Stummvoll zu bedenken, müsse doch alles
unternommen werden, um die Schulden wieder zurückzuschrauben. Es gehe nicht an, dass unsere Kinder einmal
als betrogene Generation dastehen, weil wir die Probleme nicht gelöst haben, warnte er. Stummvoll begrüßte
daher den von der Regierung beschlossenen Budgetpfad zur Eindämmung des Budgetdefizits bis 2013 auf unter
drei Prozent und bemerkte zudem, die Qualität des Konsolidierungsprogramms müsse Vorrang vor Wahlterminen
haben.
Vizekanzler Josef PRÖLL stellte fest, die Regierung habe mit ihrer Budgetierung 2009 exakt das erreicht, was
sie sich vorgenommen hatte, und werde auch das Jahr 2010 - wie budgetiert - auf Punkt und Beistrich abrechnen können.
Die Steuerreform habe als richtige Maßnahme zur Entlastung der Menschen gewirkt, durch die Konjunkturpakete
seien die Betriebe und die Industrie stabilisiert worden. Selten zuvor hätten die Ministerien eine derartige
Ausgabendisziplin an den Tag gelegt wie im vergangenen Jahr. Österreich habe Kurs gehalten und könne
sich damit auch international sehen lassen.
Kernaufgabe werde es jetzt sein, die Defizite und Schulden, die man wegen der Krise eingehen musste, zurückzuführen,
betonte Pröll weiter und kündigte an, dass nach dem beschlossenen Konsolidierungspfad das Budgetdefizit
bis 2013 auf 2,7 % reduziert werde, was einem Konsolidierungsvolumen von 5,8 Mrd. € entspreche. Zum Fahrplan teilte
er mit, nach der Bekanntgabe des Konsolidierungspfads an Brüssel werde es im April oder Mai dieses Jahres
zum Beschluss eines Bundesfinanzrahmengesetzes kommen. Im Herbst werde die Diskussion über das Budget dann
in die Endphase treten. Pröll sprach insgesamt von einer Mammutaufgabe, die über die Regierung allein
hinausgehe. Zur Bewältigung der Konsolidierung werden, wie er unterstrich, Zweidrittelmehrheiten ebenso notwendig
sein wie eine grundsätzliche Debatte über die Aufgabenstrukturen sowie Budgetbegleitgesetze "in
einem Umfang wie nie zuvor".
Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) meinte, es wäre falsch, jetzt das Ende der Krise auszurufen. Die Krise sei
erst dann vorbei, wenn die Arbeitslosigkeit sinkt. Nach den Worten des Redners geht es nun darum, die offensive
Politik des Jahres 2009 fortzusetzen und zunächst ausgabenseitig in der Verwaltung einzusparen, um den Staat
effizienter zu machen. Zu weiteren Maßnahmen bemerkte Krainer mit Nachdruck, jene, die diese Krise verursacht
haben, sollten primär auch die Kosten tragen. Er schlug in diesem Sinn eine Finanztransaktionssteuer "zur
Not auch auf österreichischer Ebene" sowie einen Beitrag der Banken vor. Wichtig war für Krainer
vor allem, dass im Sinne von mehr Leistungsgerechtigkeit im Steuersystem auch die Spekulanten zur Kasse gebeten
werden.
Abgeordneter Jakob AUER (V) sah durch die Punktlandung und die ökonomischen Eckdaten die Richtigkeit der Budgetpolitik
der Regierung bestätigt und bemerkte, die Opposition sei mit ihrer Kritik völlig falsch gelegen. Zu den
Vorschlägen der SPÖ meinte Auer, es sei richtig, die Spekulanten zur Kasse zu bitten. Einer Bankensteuer
konnte er aber nichts abgewinnen, da diese, wie er zu bedenken gab, letztlich vor allem die Sparer und Häuslbauer
treffe.
Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) warf der Regierung vor, wegen der bevorstehenden Wahltermine den Budgetfahrplan
zu verschieben und damit dringend notwendige Konsolidierungsmaßnahmen zu verzögern. Was die Punktlandung
betrifft meinte er, diese sei nur möglich gewesen, weil das Bankenpaket noch nicht voll schlagend wurde. Kritik
übte er auch an den Konjunkturpaketen, die seiner Einschätzung nach aufgrund der Zwischenschaltung der
Banken und viel zu komplizierter Abwicklung kaum ausgenutzt werden konnten.
Abgeordneter Werner KOGLER (G) kritisierte Säumnisse bei der Verwaltungsreform, für die er die Landeshauptleute
verantwortlich machte. Die Bundesregierung wiederum bezichtigte er der Unehrlichkeit und sozialen Ungerechtigkeit,
wobei er sagte, die Reichen und Superreichen würden unter ihrem Schutz stehen, während die Masse zu zahlen
habe. Klar war für Kogler, dass die Regierung eine Mehrwertsteuererhöhung plane, dies aber vor den Landtagswahlen
nicht offen ausspreche.
Abgeordneter Josef BUCHER (B) sah angesichts der Arbeitslosigkeit und des Schuldenstands keinerlei Grund für
eine Feierstunde. Die Regierung sei bis heute keine einzige Reform angegangen und wisse mitten in der Krise nicht,
was sie tun soll, lautete sein Vorwurf. Heftige Kritik übte Bucher am geänderten Fahrplan für den
Budgetbeschluss und sprach in diesem Zusammenhang von einer Täuschung der Wähler vor den Landtagswahlen
über die geplante Belastungswelle. Neuen Steuern erteilte der Redner jedenfalls eine klare Absage.
Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) plädierte für die Einführung einer Bankensteuer und argumentierte,
0,07 % müsste sich jede österreichische Bank als Beitrag leisten können. Er warnte weiters vor gefährlichen
Krediten durch US-Anbieter und rief den Finanzminister zu entsprechenden Sicherungsmaßnahmen auf.
Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) betonte, 2010 müsse ein Jahr der Stabilisierung und der Konsolidierung
sein, um dann 2011 wieder in eine Aufschwungphase zu kommen. Die ÖVP stehe für Reformen, habe dabei aber
immer die soziale Gerechtigkeit im Blick, unterstrich sie mit Nachdruck.
Abgeordneter Alois GRADAUER (F) sah angesichts des Defizits von 10 Mrd. € und der Schuldenlast von 200 Mio. € Österreich
keineswegs "auf Kurs". Aus dem Budget müssten jährlich mehr als 10 Mrd. € für Zinsen aufgewendet
werden, die Schwarzarbeit blühe und die Arbeitslosigkeit steige, stellte er fest. In staatsnahen Betrieben
herrsche Misswirtschaft und die Finanzmarktaufsicht versage, so die weiteren Kritikpunkte Gradauers. Die Bundesregierung
spare bei der Sicherheit, bei der Polizei und bei der Justiz, und das halte er für den falschen Ansatz. Gradauer
forderte ein weiteres Konjunkturprogramm und rief den Finanzminister auf, Einsparungspotenziale zu nützen.
Er bezweifelte auch die Richtigkeit der vorgelegten Budgetzahlen.
Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) fragte sich, worauf die ÖVP stolz sein könne. Schließlich
habe man sich bei den Steuereinnahmen um 1,5 Mrd. € verschätzt und die Probleme würden sich im laufenden
Jahr weiter verschärfen. Dem Finanzminister warf sie vor, Probleme mit der Wahrhaftigkeit zu haben. Man könne
nicht von einer Punktlandung mit dem Budget sprechen und gleichzeitig ankündigen, mit dem Budget 2011 nicht
rechtzeitig fertig zu werden. Offensichtlich plane man ein Supersparpaket, das man vor der Wiener Wahl nicht präsentieren
will, sagte Glawischnig-Piesczek. Bei der Verwaltungsreform werde alles blockiert, und in Kärnten stehe die
halbe Landesregierung wegen "echter Gaunereien" unter Korruptionsverdacht, so die weiteren Vorwürfe
der Grünen Klubobfrau. Sie verlangte daher, konkret über Maßnahmen zu reden, wie man die fehlenden
Milliarden wieder herein bekommt.
Abgeordneter Robert LUGAR (B) sah das Budget komplett aus dem Ruder laufen. Er konnte den Finanzminister nicht
verstehen, der sich über etwas freue, was er schon vorher gewusst habe. Lugar warf der Regierung vor, nichts
gegen die Bewältigung aktueller Probleme zu tun, etwa im Bildungsbereich und hinsichtlich der Verwaltungsreform.
Finanzminister Pröll fehle offensichtlich der politische Mut, gegen die eigenen Landeshauptleute und gegen
die eigene Gewerkschaft aufzutreten, so die Schlussfolgerung Lugars. Es fehle ihm aber auch der Mut, den Menschen
die Wahrheit zu sagen. Lugar befürchtete, dass man jetzt das Land an die Wand fährt und damit den Kindern
die Zukunft verbaut.
Abgeordneter Martin STRUTZ (o.F.) fragte Finanzminister Pröll, warum er nicht fristgerecht das Budget für
2011 vorlegen wolle, wenn doch alles in Ordnung sei. Auch er vermutete hinter der Verschiebung, dass man seitens
der Regierung daran denke, an der Steuerschraube zu drehen und unpopuläre Maßnahmen zu setzen, die man
jedoch vor der Wiener Landtagswahl nicht publik machen kann. Beim Budgetvollzug liegt laut Strutz keine Punktlandung,
sondern eine Bruchlandung vor. Verwaltungsreform, Gesundheitsreform und Dienstrechtsreform seien zwar angekündigt
und verhandelt worden, nachdem man sich innerhalb der Koalition aber gestritten habe, sei alles wieder abgesagt
worden. Strutz forderte den Mut ein, der Bevölkerung bereits vor den Wahlen reinen Wein einzuschenken.
Abgeordneter Maximilian LINDER (o.F.) sprach insbesondere die Probleme der Gemeinden an. Sie würden Hilfe
und vorausschauende Planung brauchen, zumal sie direkt für die Bürger und Bürgerinnen arbeiten.
Lindner appellierte, für die Gemeinden ein eigenes Infrastrukturpaket zu schnüren und die Ungerechtigkeit
zwischen Ost und West im Rahmen des Finanzausgleichs abzuschaffen. Auch er meinte, die Regierung müsse mehr
Mut zu Reformen zeigen und den BürgerInnen die Wahrheit sagen.
Abgeordneter Josef JURY (o.F.) bezeichnete das Jahr 2010 als ein Jahr des Lackmustests. Auch er meldete sich als
Vertreter der BürgermeisterInnen zu Wort und rechnete vor, dass die Ertragsanteile, die zirka ein Drittel
des Gesamtbudgets einer Gemeinde ausmachen, im Jahr 2009 um 9 % gefallen seien und der Rückgang um 4,4 % im
Jahr 2010 wahrscheinlich 6-7 % ausmachen werde. Dies treffe die BürgerInnen doppelt, da die Gemeinden nicht
mehr ihre Aufgaben bewältigen können und die Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren. Die mangelnden
Reformen im Verwaltungs-, Bildungs- und Gesundheitsbereich bezeichnete er als "Bankrott-Erklärung"
der rot-schwarzen Koalition. |