Wien (bmj) - Der von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einberufene Expertenrat hat seine Arbeit
abgeschlossen. Aufgaben waren die Evaluierung der Funktionsfähigkeit der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaft
sowie Vorschläge zur erhöhten Transparenz von staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen unter Wahrung der
Persönlichkeitsrechte.
Die Vorschläge des Expertenrates zum Thema Transparenz lauten zusammengefasst:
Die Staatsanwaltschaften sollen die Einstellungsgründe bei Strafverfahren mit besonderem öffentlichem
Interesse (unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes) veröffentlichen dürfen.
Dieses Recht soll bei Gericht durchgesetzt werden können. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf
Einstellung eines Verfahrens gibt es den Rechtsbehelf des Fortführungsantrages, über den ein unabhängiges
Gericht entscheidet. In Zukunft soll die Möglichkeit dieses Fortführungsantrages erweitert werden: Der
Rechtsschutzbeauftragte soll im Fall besonderer öffentlicher Interessen einen Fortführungsantrag stellen
können.
Opfer könnten besseren Zugang zur staatsanwaltlichen Einstellungsbegründung erhalten, worüber im
Streitfall ebenfalls ein Gericht zu entscheiden hätte.
Die Ergebnisse und Vorschläge des Expertenrates zum Thema Fachaufsicht lauten zusammengefasst:
- Die derzeit vorhandenen Kontrollmechanismen (Berichtspflichten, Revision, Aufsichts- und Weisungsbefugnisse)
werden als ausreichend angesehen.
- Zur Vervollständigung des Rechtsschutzsystems könnte allerdings das Instrument der Nichtigkeitsbeschwerde
zur Wahrung des Gesetzes auf Akte der Staatsanwälte im Ermittlungsverfahren erweitert werden.
Zwei weitere Punkte betreffen die Forcierung der fachübergreifenden Ausbildung (EDV, Bank- und Rechnungswesen,
Betriebswirtschaft usw.) sowie die vermehrte Teamarbeit innerhalb der Staatsanwaltschaften. Bei den beiden letztgenannten
Punkten hat die Bundesministerin bereits konkrete Maßnahmen gesetzt. So wurde durchgesetzt, dass die Justiz
insbesondere Bankexperten anstellen kann. Der Staatsanwaltschaft wurde für das Hypo Alpe Adria-Verfahren bereits
eine eigene Bankexpertin zur Verfügung gestellt. Wirtschaftskompetenzzentren am Sitz der Oberstaatsanwaltschaften
sind in Planung. Dies geht Hand in Hand mit einer ebenfalls bereits konkret geplanten Reform der Ausbildung: In
Zukunft sollen angehende Richter und Staatsanwälte Praktika etwa auch bei Wirtschaftstreuhändern oder
in Rechtsabteilungen von Unternehmen absolvieren können.
Die anderen Vorschläge werden nun - auch in Gesprächen mit Vertretern aus der Praxis - auf ihre Umsetzbarkeit
geprüft. Bundesministerin Bandion-Ortner sprach dem Expertenrat ihren Dank aus.
Geleitet wurde das Gremium von Generalprokurator i.R. Gottfried Strasser, ehemaliger Verfahrensanwalt des Eurofighter-
sowie Innenministeriums-Untersuchungsausschusses.
Dem Expertenrat standen als Mitglieder bzw. Konsulenten darüber hinaus zur Verfügung
Dr. Brigitte Bierlein, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter, Wirtschafstuniversität Wien
Univ. Prof. Dr. Manfred Burgstaller, Universität Wien
Dr. Eckart Rainer, ehemaliger leitender Oberstaatsanwalt in der Staatsanwaltschaft Innsbruck.
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