Wien (rk) - Courage, Respekt und Toleranz: Als Historiker, die Anfang der 90er Jahre
die Grundlagen vieler weiterer Restitutionsverhandlungen schufen bzw. beförderten, hätten sich beide
Wissenschaftler, so Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny am 29.01. im Rathaus, "große Verdienste für
Wien, aber auch für die Gesellschaft erworben." Hofrat Dr. Avshalom Hodik, langjähriger Generalsekretär
der Israelitischen Kultusgemeinde, wurde für seine Verdienste mit der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien
in Silber, Hofrat Dr. Hubert Steiner vom Österreichischen Staatsarchiv mit dem Silbernen Ehrenzeichen für
Verdienste um das Land Wien in Anwesenheit vieler Festgäste, darunter auch der Generalsekretärin des
NS-Opferfonds, Hannah Lessing, geehrt.
Hodik wie auch Steiner spielten Anfang der 90er Jahre, als die Aufarbeitung der Akten der ehemaligen NS- Vermögensverkehrsstelle
von Steiner und seinem Team durchgeführt worden war (1993), eine wichtige Rolle für die Einleitung nachfolgender
Restitutionsverfahren, wie auch dabei, die "lange Zeit übertünchter Brüche und Verwerfungen"
(Pokorny) in Sachen Österreichs Stellung in der NS-Zeit offenzulegen. "Es war keine leichte Zeit, auch
nicht für die eigene Familie", erinnerte sich Steiner in seiner Dankesrede, in der er auch mit einer
Schweigeminute an die Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Jänner 1945 erinnerte. Nach der
Waldheim-Affäre Mitte der 80er Jahre war es die Regierung Vranitzky - Pokorny arbeitete damals im Kabinett
des Bundeskanzlers -, welche die "Opferrolle" Österreichs hinterfragte und mit der Rückgabe
geraubten jüdischen Privatvermögens, etwa jener Güter, die in der Kartause Mauerbach aufbewahrt
wurden, begann. Auch die Stadt Wien habe, so Pokorny weiter, in den darauf folgenden Jahren ihre historischen Bestände
gesichtet: Von den rund 60.000 Objekten wurden bislang etwa 5.000 Objekte an Erben zurück gegeben. Einen Schlussstrich
setzen wolle er nicht, so Pokorny, "die Forschung müsse weiter gehen." In Richtung Hodik hob der
Stadtrat hervor, dass dieser maßgeblich an der Wiederbelegung eines lebendigen, selbstbewussten jüdischen
Lebens in Wien mitgewirkt habe. Ähnlich äußerte sich auch Lorenz Mikoletzky, Leiter des Österreichischen
Staatsarchives, der die Laudatio für Hodik hielt. "Vieles sei hinter dem Vorhang geschehen", erinnerte
Mikoletzky, der auch an das reiche wissenschaftliche Schaffen des Geehrten erinnerte, "welches sicherlich
noch weitergehen werde."
Für "jenen kleinen Mann mit Schnurrbart" - diese Beschreibung über Hubert Steiner stammt von
Ari Rath, der durch eine Verletzung die Laudatio nicht halten konnte - übernahm der Regisseur Herbert Gantschacher
die Laudatio. In engagierten Worten, die an das Fortleben von Antisemitismus in der Gegenwart erinnerten, betonte
Gantschacher das große Engagement des Historikers im Staatsarchiv, der "sachlich und präzise"
die Raubzüge an zehntausenden verfolgten jüdischen Mitbürgern aufgearbeitet, und das Ergebnis 1993
unter dem Titel "Recht als Unrecht" publiziert habe.
Avshalom Hodik
Geboren als Fritz Peter Hodik am 2. April 1944 in Wien, studierte Hodik an der Universität Wien Geschichte
und Judaistik, unter anderem auch bei Kurt Schubert. Das Studium schloss er 1972 mit einer Dissertation über
die Geschichte der Mattersburger Judengemeinde ab. Im Jahr 1982 wurde Hodik Generalsekretär der Israelitischen
Kultusgemeinde (IKG). Eine enge Freundschaft zu Simon Wiesenthal und sein Engagement für dessen "Bund
jüdischer Verfolgter des Naziregimes" führten dazu, dass sich Hodik für den Nachlass Wiesenthals
für die Forschung einsetzte bzw. für die Schaffung des "Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien"
eintrat. Im Frühjahr 2006 ging Hodik als Generalsekretär der Kultusgemeinde in Pension.
Hubert Steiner
Steiner wurde am 28. September 1957 in Klagenfurt geboren. In Graz studierte er Geschichte, Alte Geschichte und
Altertumskunde. Das Studium beendete er mit einer Dissertation über Klagenfurt im Ersten Weltkrieg. Im Jahr
1987 trat Steiner in das Österreichische Staatsarchiv ein, wo er den Bestand "Finanzen" im Archiv
der Republik betreut. Neben seiner Aufarbeitung der Akten der NS- Vermögensverkehrsstelle arbeitete Steiner
in den Jahren 1998 bis 2003 auch bei der Österreichischen Historikerkommission mit. Steiner ist Träger
der Friedrich-Torberg-Medaille der Israelitischen Kultusgemeinde (1999), wie auch des Goldenen Ehrenzeichens für
Verdienste um die Republik Österreich (2002. |