Wien (bmj) - In einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" (26. Jänner 2010) zog Justizministerin
Bandion-Ortner eine Zwischenbilanz über ihr erstes Amtsjahr und nahm auch zu aktuellen Fragen Stellung.
Die größte Umstellung beim Wechsel von der Justiz in die Politik sei die vollkommen unterschiedliche
Arbeitsweise, so Bandion-Ortner: „Wenn man als Richterin zu einer Entscheidung gelangt ist, steht man auf, verkündet
das Urteil und jeder hat es zu akzeptieren. Als Politiker muss man, ehe man zu einer Entscheidung gelangt, alle
Interessen berücksichtigen und viele Kompromisse schließen.“
Abgesehen davon gingen die politische und die juristische Beurteilung eines Sachverhalts oft auseinander: „Da stört
mich als Juristin nach wie vor, dass versucht wird, mit dem Strafrecht Politik zu machen. Dazu ist das Strafrecht
nicht da.“
Sie sei in diesem Jahr Juristin geblieben und Politikerin geworden: „Das eine schließt das andere ja nicht
aus“, so die Ministerin, die in weiterer Folge die Wichtigkeit der Unabhängigkeit der Justiz hervorhob.
Zwar würde eine Justiz ohne Politiker mit ihren Reformvorhaben nicht weit kommen. Aber es sei gleichzeitig
ein wichtiges Signal, dass sie parteiunabhängig sei. „Es gibt keinen politischen Einfluss auf die Rechtsprechung.“
Zu der Kritik an der Justiz im vergangenen Jahr merkte Bandion-Ortner an, dass es eben Leute gäbe, „die mit
Einzelfällen politisches Kleingeld machen wollen.“ Da werde vieles zu Unrecht skandalisiert. Zum Teil seien
tatsächlich Fehler passiert, die auch mit fehlenden Ressourcen zusammenhingen. Die diesbezüglichen Gespräche
seien aber noch im Laufen: „Ich würde gerne Mitarbeiter von Post und Telekom bekommen. Durch die Vorverfahrensreform
gibt es etwa viele neue Verständigungspflichten, also einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Dafür
könnten wir diese Mitarbeiter gut brauchen.“
Den Ratschlag der Beamtenministerin, Juristen aus der Verwaltung „an die Front“ zu schicken verstehe sie nicht
ganz, so die Justizministerin: „Wir haben im Justizministerium die schlankste Zentralstelle aller Ressorts. Und
da brauchen wir jeden Mann dringend.“ |