Gewaltschutz
Wien (bmi) - Britische Polizisten informierten sich im Vorjahr in Österreich über Möglichkeiten
zur Bekämpfung der Gewalt in Familien. Jetzt wird in Großbritannien ein Gewaltschutzgesetz eingeführt,
das im Wesentlichen dem österreichischen entspricht.
"Go Order" – "Befehl zu gehen" – nennen die Briten das, was in Österreich seit 1997 als
"Wegweisung" bzw. "Betretungsverbot" eingeführt wurde. Das Wegweiserecht der österreichischen
Polizei stand Modell für ein Gesetz, das derzeit im britischen Parlament als Regierungsvorlage liegt.
Im Mai 2009 besuchte eine britische Polizeidelegation die Einsatzabteilung im Innenministerium, um sich über
das 1. und 2. österreichische Gewaltschutzgesetz zu informieren. Die Beamten ließen sich auch erläutern,
wie "Go Orders" in Österreich umgesetzt werden.
Die österreichischen Beamten legten den britischen Kollegen Statistiken vor, Dienstanweisungen und Umsetzungsberichte.
Sie gaben ihnen Gelegenheit, mit Praktikern zu sprechen und anonymisierte Einzelfälle durchzugehen.
Zurück in Großbritannien, entwarfen die Polizisten ein Gesetz, das der Idee des österreichischen
Gewaltschutzgesetzes entspricht – samt Umsetzung. Vor Kurzem teilten die britischen Polizisten ihren österreichischen
Kollegen mit, dass ihre Vorschläge angenommen worden seien und als Regierungsvorlage bereits im Parlament
lägen.
Österreichischer Weg
Österreich schuf als erstes Land in Europa 1997 die Möglichkeit, dass Polizisten gewalttätige Familienmitglieder
aus deren Wohnungen wegweisen können. Bis dahin war das nur mit richterlicher Anordnung möglich. Jetzt
gilt die polizeiliche Anweisung sofort und wird im Nachhinein rechtstaatlich geprüft.
Mit dem neuen Gewaltschutzgesetz aus dem Vorjahr wurde die Gültigkeitsdauer der polizeilichen Wegweisung verlängert,
und zwar von zehn Tagen auf zwei Wochen und, sofern das Opfer die Wegweisung des Beschuldigten durch eine richterliche
"einstweilige Verfügung" verlängert haben möchte, von zwanzig Tagen auf vier Wochen.
5.000 Wegweisungen in neun Monaten
In den ersten neun Monaten des Vorjahres wurden in Österreich über 5.000 Personen aus ihren Wohnungen
weggewiesen. Die meisten davon waren Männer. Im Vergleichszeitraum 2008 waren es knapp 4.900. Fast jede zweite
Wegweisung wird in Wien ausgesprochen.
Um die Nachbetreuung der Opfer kümmern sich Mitarbeiterinnen in Interventionsstellen. Mit den Tätern
führen Polizisten Gespräche zur "präventiven Rechtsaufklärung". Damit sollen die
erhitzten Gemüter besänftigt und Wiederholungstaten verhindert werden.
Großbritannien ist nicht das erste Land, das unser Wegweiserecht übernimmt. Unter anderem wurde in Deutschland
ein Gewaltschutzmodell nach dem Vorbild Österreichs eingeführt. |