BIOSS-Professor erforscht neue Strategie zur Herstellung von Knie- Implantaten
Freiburg im Breisgau (idw) -Verletzungen an Gelenkknochen und Knorpeln können gravierende Folgen
haben, bis hin zur Arthrose. Die degenerative Veränderung der Gelenkknorpel zählt nicht nur in Deutschland
zu den gefürchteten Volkskrankheiten. Prof. Dr. Prasad Shastri ist Experte für Tissue Engineering
(TE), die Gewebekonstruktion und Gewebezüchtung aus körpereigenen Zellen. Seit einem Jahr forscht er
als Professor für Biofunktionale Makromolekulare Chemie im Exzellenzcluster BIOSS, dem Zentrum für Biologische
Signalstudien, an der Universität Freiburg. Mit Kollegen aus Maastricht hat er jetzt einen Weg gefunden, wie
günstig und im Schnellverfahren ausreichend körpereigene Knorpelsubstanz hergestellt werden kann.
Oft sind Schäden an den großen Gelenken, wie Knie, Fuß, Hüfte oder Schulter der Anfang eines
schmerzhaften und die Beweglichkeit einschränkenden Prozesses. Weil Knorpel nach Abschluss des Körperwachstums
nicht mehr nachwachsen, werden Defekte, wie sie durch Unfälle und Abnutzung entstehen, nicht durch neue Knorpelbildung
aufgefangen. Gentechnik und Molekularbiologie ermöglichen es heute, gesunde Knorpelzellen zu entnehmen und
außerhalb des Körpers unter speziellen Bedingungen zu vermehren. Diese Knorpelgewebe können dann
in den Knorpeldefekt eingebracht werden und wachsen dort wieder an. Bislang ist das Reparieren von Knorpel- und
Knochenschäden durch körpereigenes Material jedoch schwierig. Das Nachzüchten von körpereigenem
Gewebe ist kompliziert und teuer, bis zur gewünschten Funktionsfähigkeit des Implantates dauert es sehr
lange. Die Entwicklung dieser neuen Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. In dem renommierten US-amerikanischen
Fachjournal PNAS erläutern Prof. Shastri und seine Mitautoren eine neue klinische Strategie zur "de novo"-
Herstellung von passgerechtem Knorpelgewebe in nur drei Wochen.
Den Wissenschaftlern gelang es, große Knorpelstücke im lebenden Gewebe mittels eines speziellen Verfahrens
zu erzeugen. Durch die einfache Zugabe von Agarose-Gel, einem in der Biochemie gebräuchlichen Biomaterial
in die Membran von der die Knochenoberfläche bedeckt ist, konnte in diesem Bereich Sauerstoffmangel erzeugt
werden. Dieser Sauerstoffmangel (hypoxia) veranlasst und stimuliert die Knorpelentwicklung, so die zentrale These
der Arbeit. Die in diesem Bioreaktor hergestellte Knorpelsubstanz wurde ins Knie transplantiert, passte sich dort
gut an die neue Umgebung an und zeigte auch nach neun Monaten noch keine Anzeichen von Verkalkung.
Publikation: Molly M. Stevens, Robert P. Marini, Dirk Schaefer, Joshua Aronson, Robert Langer, and V.
Prasad Shastri: In vivo engineering of organs: The bone bioreactorPNAS 2005 102:11450-11455; published online before
print July 29, 2005, doi:10.1073/pnas.0504705102 |