Gegen den Strom   

erstellt am
12  02. 10

Eröffnung der Elektropathologischen Sammlung im Narrenturm
Wien (skyunlimited) - Am 25.02. eröffnet das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum im Narrenturm um 18 Uhr seine Elektropathologische Sammlung. Als Auftakt findet eine exklusive Führung durch die einzigartige Kollektion statt. Das elektropathologische Buffet sorgt für geerdete Erfrischung und "Würstel im Lichtbogen".

Die Elektropathologie ist die Lehre von Erkrankungen durch Blitz und elektrischen Strom. Veranschaulicht wurde diese Wissenschaft im Elektropathologischen Museum im 16. Bezirk, das Jahrzehntelang in keinem Schulausflugs-Programm fehlen durfte. Dort konnte man als gelangweilter Jugendlicher so richtig staunen: über tödliche Unfälle im Haushalt, die Folgen eines Blitzschlags oder gefährliche Stromeinwirkung in der Arbeitswelt. Was elektrischer Strom alles anrichten konnte, wurde im Museum nicht nur anhand technischer Exponate, sondern auch mittels Präparaten demonstriert. Und wer sich damals eine total verbrannte Hand aus der Nähe angesehen hatte, der wusste für den Rest seines Lebens, warum er lieber nicht in die Steckdose greifen sollte.

Heute befinden sich die eindrucksvollen tierischen und menschlichen Feuchtpräparate im Pathologisch-anatomischen Museum im Narrenturm. Die Sammlung ist ab 25. Februar zugänglich und kann auch von Schulen in einem 2 stündigen Vermittlungsprogramm besichtigt werden. Hier werden im Anschluss an die Führung die wichtigsten technischen Grundlagen und Sicherheitsmaßnahmen im Umgang mit elektrischem Strom erläutert. Zur Vertiefung wird der Lehrinhalt mit Filmmaterial und Experimenten anschaulich dargestellt.

Geschichte
Die Elektropathologie geht auf eine Initiative des Wiener Arztes Stefan Jellinek (1871-1968) zurück, der in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts begann, Berichte und Dokumente über Elektrounfälle und Blitzeinschläge zu sammeln und damit das medizinische Fach der Elektropathologie in Wien mitbegründete. Bald wurde die Kollektion um Objekte, die durch Strom zerstört worden waren, sowie tierische und menschliche Feuchtpräparate erweitert.

Seit 1929 lehrte Jellinek an der Universität Wien und konnte 1936 auf dem Gelände des AKH sein Museum für Elektropathologie eröffnen. 1939 musste er als Jude das Land verlassen, erhielt aber nach 1945 die Sammlung zurück. Nach seinem Tod 1968 kam es durch seinen Mitarbeiter Franz Maresch zu einer Neuaufstellung. In den 80er Jahren übersiedelte die Sammlung ins Elektrotechnische Museum, nach seiner Schließung wurden vom Technischen Museum große Teile der Sammlung übernommen. Die tierischen und menschlichen Feuchtpräparate wurden dem Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum übergeben und sind dort ab sofort zugänglich.


Der Narrenturm hat eine illustre Vergangenheit
Genauer gesagt: er ist 226 Jahre alt. Im Frühjahr 1783 erteilte der "Reformkaiser" Joseph II. den Auftrag zur Errichtung einer Irrenanstalt - zuerst in Form einer öffentlichen Ausschreibung, später jedoch als sein Privatprojekt, dessen Bau und Einrichtung er selbst überwachte und für das er mit eigenen Geldmitteln aufkam. Der "Irrenthurm", wie er anfangs noch hieß, war die erste medizinische Einrichtung, die ausschließlich zur Behandlung von Geisteskranken errichtet wurde. 1784 war das Gebäude schließlich bezugsfertig und nahm Geisteskranke auf, die zuvor auf diverse Wiener Spitäler verteilt gewesen waren.

Der Narrenturm ist ein Rundbau mit fünf Stockwerken, in denen jeweils 28 Zimmer an die Außenfront des Gebäudes gehen. Die Zimmer sind über einen kreisrunden Gang in jeder Etage zugänglich. Elf Jahre nach der Eröffnung wurde eine Mauer um den Narrenturm gebaut, um zum einen Schaulustige fernzuhalten und zum anderen den Insassen der Anstalt einen Garten zur Verfügung zu stellen.

Der Betrieb mit geisteskranken Patienten wurde bis 1870 aufrechterhalten, daraufhin stand er 50 Jahre lang leer - bis er ab 1920 als Schwesternwohnheim und für Ärzte- und andere Dienstwohnungen genützt wurde. Seit November 1971 beherbergt das Gebäude das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum.

Heute gilt der Narrenturm weltweit als eines der wichtigsten Museen seiner Art - und auch als medizinhistorisches und architektonisches Meisterwerk.
     
Informationen: http://www.narrenturm.at    
     
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