Bundesrat: Antrittsrede von Präsident Mitterer   

erstellt am
19  02. 10

Stellungnahme des Kärntner Landeshauptmanns vor der Länderkammer
Wien (pk) - Seit Beginn des Jahres führt turnusgemäß das Bundesland Kärnten den Vorsitz in der Länderkammer. Zum zweiten Mal (nach seiner Präsidentschaft im 2. Halbjahr 2005) fungiert nun im laufenden Halbjahr Peter Mitterer (o.F.) als Präsident des Bundesrats. Im Anschluss an die Antrittsrede des Präsidenten gab der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler vor der Länderkammer am 18.02. eine Erklärung zum Thema "Kärnten und seine besondere Rolle im Alpen-Adria-Raum" ab.

Mitterer: Kritik an Berichterstattung der Medien über Kärnten
Präsident Peter MITTERER (o.F./K) legte in seiner Antrittsrede ein klares Bekenntnis zum Bundesrat als Interessenvertretung der Länder ab und meinte, es gehe nicht an, diese Institution in Frage zu stellen. Außer Zweifel stand für ihn allerdings die Notwendigkeit weiterer Diskussionen über eine Reform der Länderkammer, wobei er vor allem die Vorschläge einer größeren Bedachtnahme auf Minderheiten, die Einführung einer Aktuellen Stunde und den Wechsel des Vorsitzes von einem halben Jahr auf ein ganzes Jahr in den Raum stellte. Überlegenswert waren für Mitterer auch eine Aufwertung des Bundesrats bei den Mitwirkungsrechten, die Ausweitung des absoluten Vetos oder ein ländermäßiges Abstimmungsverhalten und eine länderweise Sitzordnung.

Mit Nachdruck stellte Mitterer fest, dass sein Bundesland ein verlässlicher Partner der Republik Österreich sei, und wandte sich mit scharfen Worten gegen eine einseitig kritische Berichterstattung der Medien über Kärnten. Gerade in schwierigen Zeiten sei Zusammenarbeit gefordert, betonte Mitterer und kündigte die Bereitschaft Kärntens zu dieser Zusammenarbeit über die Parteigrenzen an.

Dörfler: Dreisprachige Ortstafeln in der Region als Lösung?
Landeshauptmann Gerhard Dörfler berichtete in seinen Worten an die Länderkammer über die besondere Rolle Kärntens im Alpe-Adria-Raum und meinte, sein Bundesland habe in den letzten Jahren viele Schritte im Sinne einer guten Nachbarschaftspolitik getan und verstehe seine Lage am Schnittpunkt dreier Kulturen und Sprachräume als Zukunftschance. Dörfler sprach von Initiativen, die von der gemeinsamen Katastrophenhilfe bis hin zur Gesundheitspolitik und zum Kindergartenaustausch reichen. Als zentrales Element der grenzüberschreitenden Politik Kärntens sah der Landeshauptmann die Euregio Senza Confini mit Slowenien und Italien, die, wie er sagte, ein kleines Europa an der oberen Adria schaffe. Es gehe darum, drei Sprachen und drei Kulturen zu ergänzen, nicht aber zu vermischen, Identitäten sollten multipliziert und nicht verwässert werden, betonte Dörfler. Er hob weiters auch die intensive Zusammenarbeit mit Slowenien hervor, insbesondere den Austausch auf Schüler- und Kindergartenebene und im Sportbereich, und wies darüber hinaus auf die geplante gemeinsame Bewerbung für die Ski-WM 2017 mit der Host-City Kranjska Gora hin.

Zur Ortstafelfrage stellte Dörfler mit Nachdruck fest, die diesbezügliche Verantwortung liege im Parlament, nicht im Kärntner Landtag, er werde aber ein leidenschaftlicher, positiver Mitgestalter sein. Der Landeshauptmann bedauerte, dass man von der Entscheidung aus der Ära Kreisky abgegangen sei und meinte, dieses Gesetz von 1976 habe bestens funktioniert und sei von Kärnten auf Punkt und Beistrich umgesetzt worden. Insgesamt rief Dörfler zu einem Abrüsten der Emotionen auf und appellierte an die Verantwortlichen, mit der Frage "visionärer" umzugehen. Für vorstellbar hielt es Dörfler, als Ausdruck der Euregio in Zukunft in sämtlichen Grenzgemeinden überhaupt auf dreisprachige Ortstafeln umzustellen, wobei er betonte, das Morgen sollte ein dreisprachiges sein. Von einem Konflikt zwischen der deutsprachigen und der slowenischsprachigen Volksgruppe könne jedenfalls keine Rede sein, unterstrich er. Schon allein die Förderung der mehrsprachigen Kindergärten durch Kärnten sei ein klares verständigungspolitisches Zeichen, sagte er und kritisierte in diesem Zusammenhang den Rückzug des Bundes aus dieser Förderung.

Der Kärntner Landeshauptmann berichtete über erfolgreiche Infrastrukturprojekte in den zweisprachigen Regionen Kärntens, insbesondere an die Errichtung der "Jörg Haider-Brücke" im Jauntal, durch die die Zukunftsperspektiven der Volksgruppe und der ganzen Region verbessert wurden. Kärnten sei viel weiter als manche meinten, sagte Dörfler und betonte das Klima des Miteinanders in seinem Bundesland. Die Ortstafelfrage sollte politisch gelöst werden, meinte Dörfler und forderte den Verfassungsgerichthof auf, sich nicht ständig als Gesetzgeber aufzuspielen.

Kärnten bilde mit seiner leistungsfähigen Wirtschaft einen wichtigen Brückenkopf Österreichs in der Alpe-Adria-Region, sagte Dörfler. Kärnten werde den Beweis dafür antreten, dass es in der Region Alpe-Adria nicht gute Nachbarschaftspolitik betreiben, sondern auch die Interessen Österreichs gut vertreten könne.

Bundesrat Karl PETRITZ (V/K) bekannte sich in der vom Kärntner Landeshauptmann angeschnittenen Ortstafelfrage zu der im Schüssel-Haider-Papier vereinbarten Lösung. Grundsätzlich hielt der Redner fest, Kärnten sei nicht so schlecht, wie man es von außen darstelle. Angesichts der schwierigen finanziellen Lage brauche das Land aber einen Kurswechsel. Die Verteilungseuphorie müsse ein Ende haben. Man habe vergessen, dass die Hunderter und Tausender, die Politiker persönlich ausgehändigt haben, von der Bevölkerung zurückgezahlt werden müssten. Die Volkspartei habe solchen Budgets nie zugestimmt, erinnerte der Redner und bekannte sich zu Reformen mit sozialem Augenmaß, konkret bei den Pensionen, Transfers und Wirtschaftsförderungen und bei den Bedarfszuweisungen für Gemeinden. Bei der FPK registrierte Petritz Verbesserungen, lobte das aktuelle Sparbudget und bekannte sich zur Einführung des Transferkontos. Bei der Hypo-Bank sah Petritz den Sündenfall in der Wandelschuldverschreibung des Jahres 2005, dem teuersten Kredit aller Zeiten, eine Entscheidung, die SPÖ und BZÖ zu verantworten hätten.

Bundesrätin Ana BLATNIK (S/K) bekannte sich als Kärntner Slowenin begeistert zu Kärnten, zu Österreich und zu Europa. Man müsse aber fragen, von welchen Visionen der Kärntner Landeshauptmann spreche, sagte Blatnik und erinnerte an Aussagen Dörflers im letzten Wahlkampf, als er sich gegen zusätzliche zweisprachige Ortstafeln ausgesprochen habe. "Wo bleibt der Rechtsstaat?", fragte Blatnik und erinnerte an die Verpflichtung des Landes Kärnten zur Erfüllung des Staatsvertrags. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Lage Kärntens meinte die Rednerin, Haider, Dörfler und Co hätten dem Land Schaden zugefügt. Gekürzte Arbeitnehmerförderungen, ein reduziertes Frauenbudget und ein gesenkter Heizkostenzuschuss, die Budgetsanierung im Zeichen von FPK und ÖVP erfolge auf Kosten der sozial Schwachen. Bereits 64 Kärntner Gemeinden benötigten finanzielle Zuschüsse, kritisierte Blatnik weiter, die Arbeitslosigkeit sei höher als irgendwo sonst in Österreich und der Hypo-Skandal entwickle sich immer mehr zu einem Kriminalfall. Das Image Kärntens sei negativ geprägt und der wirtschaftliche Aufschwung liege am Boden, lautete die abschließende Klage Ana Blatniks an die Adresse ihres Landeshauptmanns.

Landeshauptmann Gerhard DÖRFLER replizierte mit dem Hinweis auf jene Zeiten, in denen die SPÖ Kärnten mit absoluter Mehrheit regiert, das Land total verpolitisiert und zu Grunde gerichtet habe. Dörfler wies die Behauptung zurück, er sei gegen zweisprachige Ortstafeln und erinnerte an die Aufstellung einer zweisprachigen Ortstafel in Eisenkappel sowie an die "Herstellung der Rechtskonformität" bei den Ortstafeln in Bleiburg/Pliberk. Für die Ausweitungen des Landesbudgets sei die SPÖ verantwortlich und die ÖVP habe die Nachtragsbudgets stets mitbeschlossen, sagte Dörfler. Die finanzielle Situation Kärntens sei schwierig, räumte der Landeshauptmann ein, die Verschuldung Kärntens liege aber im Mittelfeld der Bundesländer. Die Hypo-Geschichte habe in der Zeit der SPÖ-Alleinregierung begonnen. Es sei eine gute Entscheidung gewesen, die Bank zu verkaufen, meinte Dörfler und dankte Finanzminister Pröll für die verantwortungsvollen Verhandlungen über die Hypo-Alpe-Adria.

"Kärnten spart" werde das Motto der Kärntner Politik in den nächsten Jahren sein, kündigte Dörfler an. Auch magere Jahre können gute Jahre sein, zeigte sich der Landeshauptmann überzeugt und schloss mit den Worten: "Kärnten wird auch in Zukunft ein wichtiger Teil Österreichs sein."

Bundesrat Peter ZWANZIGER (o.F./K) sah die "Jagdsaison" auf Kärnten seit dem Tod Jörg Haiders eröffnet und warf insbesondere auch dem ORF vor, das Land in ein schiefes Licht zu rücken. Die FPK arbeite für Kärnten, hielt der Redner fest und erinnerte daran, dass sein Bundesland Vorreiter beim Kindergeld war und jetzt mit der Einführung des Transferkontos in Österreich wieder vorangehe. "Kärnten ist ein gutes Land, das weiterhin für eine gute Zukunft kämpfen wird", schloss Bundesrat Zwanziger.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) kritisierte die Ausführungen und das Verhalten des Kärntner Landeshauptmanns - der nach seiner zweiten Wortmeldung den Saal verließ - und sah keinen Anlass, Kärnten als ein Land zu bezeichnen, in dem Milch und Honig fließe, wie dies Dörfler in der Pressestunde getan habe. Die Kärntner Behörden seien nach wie vor säumig bei ihrer Verpflichtung, zweisprachige Ortstafeln aufzustellen, kritisierte Schennach und meinte, diese Thema interessiere in Kärnten nur noch einige ältere Herren, die noch nicht wüssten, "dass wir in der EU leben". Die Zweisprachigkeit sei wichtig für die Jugend, um den Anforderungen im geeinten Europa entsprechen zu können. Die Selbstdarstellung von Kärntner Landespolitikern als Märtyrer wies Schennach zurück und wies darauf hin, dass das Land seit dem Hypo-Skandal in internationaler Kritik stehe. Diese Bank sei von Jörg Haider als ein Selbstbedienungsladen betrachtet worden, das dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben, forderte Schennach und zitierte dazu den ehemaligen Hypo-Chef Kulterer, man könne in Kärnten keine Bank leiten, weil sich die Politik ununterbrochen einmische.

Scharf distanzierte sich Schennach auch von der Art, wie man in Kärnten mit AsylantInnen umgehe, wandte sich gegen das Wegsperren von Menschen auf die Saualpe und gegen das Zerreißen von Asylantenfamilien. Schennachs Dank galt einer international ausgezeichneten "Hörbild"-Reportage des ORF über die Abschiebung tschetschenischer AsylwerberInnen aus Villach. Kärnten brauche mehr als nur einen Kassasturz, schloss Bundesrat Schennach.

Bundesrat Josef KALINA (S/W) meinte, der Kärntner Landeshauptmann hätte heute nicht über "Kärnten und seine besondere Rolle im Alpe-Adria-Raum", sondern über seine besondere Rolle im Hypo Alpe Adria-Skandal reden müssen. Da der Landeshauptmann nicht die Wahrheit hören wolle, stelle er sich nicht der Debatte, vielmehr habe er nach seiner zweiten Wortmeldung den Sitzungssaal verlassen, bemängelte der Redner. Für Kalina stand fest, Kärnten sei pleite, deshalb fragte er, was das Bundesland noch verkaufen wolle – den Wörthersee, den Großglockner oder die Drau? Vergleiche mit Wien, Vorarlberg und Niederösterreich nannte Kalina "übermütig", denn in den genannten Ländern gebe es noch Vermögenswerte. Seit Jörg Haider in Kärnten die Macht übernommen hat, seien die öffentlichen Töpfe "schamlos" für die Zwecke der Freunde-Partie ausgenützt worden, unterstrich Kalina und fügte an, der Missbrauch sei systemimmanent. Jetzt müssten Behörden, Politiker und Gerichte klären, wohin das Geld in Wirklichkeit geflossen ist.

Die Vorsitz führende Präsidentin teilte mit, dass laut Geschäftsordnung Landeshauptleute quasi "kommen und gehen können wie sie wollen" und auch das Wort – wann immer sie wollen – ergreifen können.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) meinte, der Wähler werde am Wahltag die Kooperation der Freiheitlichen in Kärnten mit der Bundes-FPÖ bewerten. Der Kärntner Landeshauptmann werde heftig angegriffen, was bei anderen Landeshauptleuten nicht der Fall sei. Auch meinte sie, Bezug nehmend auf die Ausführungen ihres Vorredners, die Zeit reiche gar nicht aus, um alle Skandale der SPÖ aufzuzählen. Nun gebe es laut "profil" einen Skandal rund um den "Sheriff von Puntigam" im Zusammenhang mit der SPÖ-Privatstiftung. Die Stiftung habe Voves nun in eine GesmbH umgewandelt, um das Geld am Fiskus vorbeizulenken. Bei den Osterfestspielen in Salzburg konnte auch festgestellt werden, dass 300.000 Euro an Provision auf ein nordzypriotisches Konto transferiert wurden. Die SPÖ sollte vielmehr vor der eigenen Türe kehren, erklärte sie.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) betonte in einer tatsächlichen Berichtigung, der letzte Landeshauptmann, der in einer "ähnlich katastrophalen Weise" im Bundesrat aufgetreten sei, sei der frühere Tiroler Landeshauptmann Herwig Van Staa gewesen.

Bundesrat Manfred GRUBER (S/S) befasste sich mit den Salzburger Osterfestspielen und strich heraus, erst der Landeshauptfrau Burgstaller sei aufgefallen, dass in den ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen einiges nicht stimme. Es sei kein Skandal der SPÖ und auch kein Skandal der SPÖ Salzburg, sondern es handle sich um ein "kriminelles Netzwerk von drei, vier Leuten, die die Gutgläubigkeit schamlos ausgenützt haben".
     
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