Künftig soll ein einziges Gutachten für Unterbringung reichen
Wien (pk) - Der Justizausschuss beschloss am 17.02. Änderungen im Unterbringungs- und Heimaufenthaltsgesetz,
die darauf abzielen, das Verfahren der Einweisung psychisch kranker Personen in geschlossene psychiatrische Anstalten
zu beschleunigen. Waren bisher für die Unterbringung zwei Sachverständigengutachten notwendig, so soll
künftig nach der mit den Stimmen der Regierungsparteien und der FPÖ verabschiedeten Novelle bereits ein
einziges Gutachten für die Maßnahme ausreichen, sofern seitens des Patienten oder der Angehörigen
nicht ausdrücklich ein zweites Gutachten verlangt wird. Verankert wird durch die neuen Bestimmungen auch das
Verhältnismäßigkeitsprinzip, wonach nun bei der Prüfung einer Unterbringung auch die voraussichtliche
weitere Entwicklung und der Behandlungserfolg zu berücksichtigen sind.
Ein S-V-Abänderungsantrag stellte dazu klar, dass jedenfalls ein ärztliches Dokument über die psychische
Erkrankung oder geistige Behinderung vorzulegen ist, wenn der Betroffene länger als 48 Stunden dauernd oder
über diesen Zeitraum hinaus wiederholt in seiner Freiheit beschränkt wird. Ein einstimmig angenommener
Entschließungsantrag wiederum verpflichtet die Justizministerin, binnen zwei Jahren dem Parlament über
die Erfahrungen mit der Novelle zu berichten.
Kritik an der Novelle kam vor allem von den Grünen, deren Sprecher Abgeordneter Albert Steinhauser zwar das
Abstellen auf den Behandlungserfolg bei Prüfung der Unterbringung begrüßte, in der Abstandnahme
von einem zweiten Gutachten aber eine Einschränkung der Rechte der betroffenen Personen sah.
Auch Abgeordneter Herbert Scheibner (B) lehnte das Abgehen von der Doppelbegutachtung bei zwangsweiser Unterbringung
ab, kündigte aber namens seiner Fraktion die Zustimmung im Plenum zu einzelnen Punkten der Materie an.
Abgeordneter Johann Maier (S) nahm den Tagesordnungspunkt zum Anlass, das Problem der Heimvertragsbedingungen anzusprechen,
wobei er feststellte, es sei untragbar, wie einzelne Heime – private wie öffentliche – mit den Rechten von
Pfleglingen und Heimbewohnern umgehen. Er ortete in diesem Zusammenhang ein Kontrolldefizit und meinte, niemand
überprüfe, ob die gesetzlichen Bestimmungen für Heimverträge auch tatsächlich eingehalten
werden, bestimmten Heimbetreibern sei die Rechtslage schlichtweg egal. Maier ersuchte die Justizministerin, gemeinsam
mit dem Konsumentenschutzministerium eine Überprüfung der Vertragsformblätter für sämtliche
Heime vorzunehmen, und schlug zudem die Verankerung einer gesetzlichen Verpflichtung für Heimträger auf
Vorlage ihrer Vertragsbedingungen bei den beiden Ministerien vor.
Rehabilitierung der Austrofaschismus-Opfer, Obsorge: Anträge vertagt
Ein Antrag des Abgeordneten Albert Steinhauser (G) auf Rehabilitierung der Justizopfer des Austrofaschismus wurde
mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen vertagt. Die Abgeordneten Franz Glaser und Heribert
Donnerbauer (beide V) signalisierten die Gesprächsbereitschaft ihrer Fraktion, wiesen aber auf die Notwendigkeit
weiterer historischer Forschungen hin.
Mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurde schließlich auch eine Initiative des Abgeordneten Peter
Fichtenbauer (F) auf Beschleunigung der Verfahren im Obsorgerecht. Abgeordnete Anna Franz (V) sprach in diesem
Zusammenhang die Komplexität des Themas an, sah noch weiteren Diskussionsbedarf und erinnerte im Übrigen
an eine bereits geplante parlamentarische Enquete zum Obsorgerecht. |