Innsrbruck (universität) - Eine kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift "Journal of
Natural Products" online vorab veröffentlichte Studie berichtet erstmals über das Vorkommen von
Progesteron und verwandten Substanzen in zwei höheren Pflanzen, dem Walnussbaum und dem Adonisröschen.
Die Untersuchung unter der essentiellen Mitarbeit von Dr. Bernhard Glodny von der Universitätsklinik für
Radiologie (Leitung Univ.-Prof. Werner Jaschke) der Medizinischen Universität Innsbruck findet internationale
Beachtung in der Wissenschaftsgemeinde.
Das Progesteron ist ein in seiner Bedeutung als Corpus Luteum-Hormon (Gelbkörperhormon) bei Tieren und Menschen
seit dem Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts bekannt. Das Steroid bewirkt in der zweiten Zyklushälfte
der Frau als Vorbereitung für die Einnistung der Eizelle die Umwandlung des Endometriums in das sogenannte
Sekretionsstadium, und hält, produziert von der Plazenta, die Schwangerschaft aufrecht. "Während
die physiologische Bedeutung des Progesterons im menschlichen Organismus gut untersucht zu sein scheint, ist sie
es bei den vaskulären Pflanzen nicht", weiß Dr. Bernhard Glodny von der Universitätsklinik
für Radiologie, der in Zusammenarbeit mit Professor Guido F. Pauli vom Department of Medicinal Chemistry und
Pharmacognosy der University of Illinois in Chicago die neuen, viel beachteten Erkenntnisse lieferte.
Nebenprodukt der Krebsforschung
Der Fund von Progesteron in den Blättern des Walnussbaumes ist ein Nebenprodukt der Suche nach neuen
anti-tumoralen Wirkstoffen. Die Arbeiten des Forscherteams fußt auf einer einfachen Beobachtung im Garten,
wonach das Laub des Walnussbaumes das Wachstum des Grases und der Blumen hemmte. "Auf der Suche nach dem wachstumshemmenden
Prinzip von Extrakten dieser Blätter stießen wir eines Tages, nach jahrelanger Arbeit, am Rande einer
Gruppe von neuartigen, maligne Tumore hochwirksam hemmenden Substanzen auf einen farblosen Feststoff, der zwar
nicht auf die Tumorzellen wirkte, aber bereits in reiner Form vorlag", so Glodny. Die massenspektrometrischen
und magnetresonanzspektroskopischen Daten dieser drei Milligramm des Isolates waren komplex und konnten belegen,
dass es sich um Progesteron handelte. Im Zuge paralleler Untersuchungen fand das Team um Glodny fast zeitgleich
auch im Adonisröschen, einem tiefrot blühenden Hahnenfußgewächs, neuartige Steroide aus den
Gruppen der Pregnenolone, sowie eine dem Cardenolid Strophanthidin verwandte neuartige Substanz, das Spirophantigenin.
Für die Studienautoren erscheint es nun wahrscheinlich, dass es sich bei diesen Steroiden um archaische, universell
vorkommende Bioregulatoren handelt, deren Bedeutung im Falle des Progesterones bei Pflanzen erst noch untersucht
werden muss.
Endogene Naturstoffe für die Medizin
Auf der Grundlage derartiger Erkenntnisse lassen sich in weiterer Folge tiefere Einblicke in die Funktionsweise
dieser Stoffe bei Pflanze und Tier und damit auch ein medizinisch-relevanter Nutzen erwarten. Die Ergebnisse zeigen
auch, dass dem Einsatz moderner Analytik in der biomedizinischen Forschung und der Arbeit an Naturstoffen weiterhin
erhebliche Bedeutung zukommt.
So wie es inzwischen mit Hilfe chromatographischer Trennverfahren möglich geworden ist, eine Substanz sogar
aus dem Parts-Per-Million Bereich oder weniger präparativ aufzureinigen, will man in Zukunft auch andere nicht-peptidische
Hormone, die sich einer Separierung bislang widersetzt haben - etwa die blutdrucksenkenden Hormone der Niere, Medullipin
und Angiolysin - versuchen zu isolieren und damit Strukturanalysen zugänglich zu machen.
"Letztlich geht es darum, hochwirksame, zum Teil endogene Naturstoffe für die Medizin und hier vor allem
für die Krebstherapie nutzbar zu machen", betont Glodny. |