Wien (bmvit) - Im Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofs zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung
sieht Infrastrukturministerin Doris Bures eine Bestätigung für den von ihr gewählten Weg. "Wir
haben uns bewusst Zeit genommen, den Entwurf sehr gründlich von unabhängigen Menschenrechtsexperten erarbeiten
lassen und ihn in einem langen Begutachtungsverfahren zur Diskussion gestellt", so die Ministerin, "im
Unterschied zu Deutschland habe ich eine weitaus restriktivere Umsetzung vorgeschlagen, eben weil das aus Grundrechtsüberlegungen
eine so sensible Materie ist."
Hintergrund: Das deutsche Verfassungsgericht sieht eine Speicherungspflicht in dem von der Richtlinie vorgesehen
Umfang nicht von vornherein schlechthin als verfassungswidrig an, die konkrete Umsetzung des deutschen Gesetzgebers
überschreitet allerdings die verfassungsmäßigen Grenzen.
"Maximaler Datenschutz und maximaler Schutz der Grundrechte müssen die Leitlinien sein. Deshalb sieht
unser Entwurf nur eine Mindestumsetzung der Richtlinie vor.", sagt Bures. Und sie betont: "Ich kann versprechen,
dass die Grenzen, die der deutsche Verfassungsgerichtshof mit seinem heutigen Urteil gezogen hat, bei der österreichischen
Umsetzung auf jeden Fall eingehalten werden." Die Richtlinie gilt unverändert; um Strafzahlungen zu vermeiden,
bleibt derzeit keine andere Möglichkeit für Österreich, als weiter an der Umsetzung zu arbeiten.
Eine erste Analyse des deutschen Urteils zeige, dass der vom Boltzmann-Institut für Menschenrechte für
das Verkehrsministerium erarbeitete Entwurf sehr weitgehend den hohen Ansprüchen nachkommt, die heute das
deutsche Bundesverfassungsgericht für eine grundrechtskonforme Umsetzung vorschreibt. Dies gilt für die
vier zentralen Punkte: Datensicherheit, Begrenzung der Datenverwendung, Transparenz und Rechtsschutz.
So hat das deutsche Bundesverfassungsgericht die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Datenübermittlung auf
niederschwellige Delikte wie zum Beispiel das illegale Downloaden von Musik als verfassungswidrig erkannt. Im Urteil
heißt es dazu, dass "ein Abruf der Daten zumindest den durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht
einer auch im Einzelfall schwerwiegenden Straftat voraussetzt". Weiters sagen die deutschen Verfassungsrichter,
dass die Übermittlung und Nutzung der gespeicherten Daten grundsätzlich unter Richtervorbehalt zu stellen
ist. Genau diese Anforderungen erfüllt der Entwurf von Ministerin Bures.
Bures plädiert dennoch erneut dafür, dass auf Ebene der Europäischen Union (EU) eine Neubewertung
der Richtlinie erfolgen soll. Insbesondere nachdem die EU-Grundrechtecharta für alle Mitgliedsstaaten verbindlich
geworden ist. Daher hat sie die Justizministerin und die Innenministerin darum ersucht, das Thema im zuständigen
EU-Rat wieder auf die Tagesordnung zu bringen.
In dem Zusammenhang weist die Infrastrukturministerin auch darauf hin, dass die neue EU-Justizkommissarin Viviane
Reding schon eine Initiative angekündigt hat, dass Vorhaben grundlegend auf seine "Proportionalität"
zu überprüfen. Gemäß Informationen aus der Kommission will die Justizkommissarin diese Überprüfung
bis 15. September abgeschlossen haben. Dann werde die Kommission entscheiden, ob es einen Änderungsvorschlag
geben werde. |