Grazer Forscher zeigen erstmals, dass bisher als normal angesehene Aldosteron-Hormonwerte mit
einem erhöhten Risiko für Schlaganfall und plötzlichem Herztod verbunden sind
Graz (med-uni) - Bisher als "normal" interpretierte Werte von Aldosteron, einem Hormon
für die Regelung des Salz- und Wasserhaushaltes, sind mit einem deutlich erhöhten Risiko für Herz-
und Gefäßschäden, plötzlichem Herztod und tödlichem Schlaganfall verbunden. Dies konnte
ein Forscherteam der Med Uni Graz das erste Mal nachweisen.
Das Hormon Aldosteron wird in den Nebennieren produziert und ist über seine Wirkung in der Niere bei der Regulation
des Salz- und Wasserhaushaltes entscheidend beteiligt. Ein absoluter Überschuss dieses Hormons, welcher als
primärer Hyperaldosteronismus bezeichnet wird, findet sich bei etwa 5 bis 10 % aller Bluthochdruckpatienten.
Daher dürften in etwa 80.000 bis 160.000 Österreicher von einem absoluten Aldosteronüberschuss als
häufigste "behandelbare Form des Bluthochdrucks" betroffen sein. Typisch für diesen Aldosteronüberschuss
ist ein medikamentös schwer einstellbarer Bluthochdruck. Mittel- bis langfristig führt der absolute Aldosteronüberschuss
zu einem massiv erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf- (Herzinfarkt oder Herzfunktionseinschränkungen,
Herzrhythmusstörungen) und Nierenerkrankungen. Als Behandlungsoptionen kommen Medikamente, die die Aldosteronwirkung
blockieren, und evtl. eine operative Entfernung der Nebenniere in Frage.
Zusammenhang zwischen erhöhten und bisher als normal betrachteten Aldosteronwerten mit einer erhöhten
Sterblichkeit
Einem Grazer Forscherteam, Dr. Andreas Tomaschitz und Dr. Stefan Pilz von der Klinischen Abteilung für
Endokrinologie und Nuklearmedizin der Med Uni Graz gelang es, gemeinsam mit Prof. Winfried März (Synlab Medizinisches
Versorgungszentrum Heidelberg), Prof. Eberhard Ritz (Rupertus Carolus Universität Heidelberg) und Prof. Bernhard
O. Boehm (Universität Ulm), aus den Daten der LURIC-Studie, die an über 3.300 Patienten durchgeführt
wurde, einen Zusammenhang zwischen sowohl erhöhten als auch bisher als normal betrachteten Aldosteronwerten
mit einer erhöhten Sterblichkeit nachzuweisen.
"In einer speziellen Analyse zeigte sich, dass Aldosteron mit einem erhöhten Risiko für tödlichen
Schlaganfall und plötzlichen Herztod verbunden ist. Zudem zeigte sich, dass vor allem Menschen mit einer Vorschädigung
der Gefäße, z.B. jene mit Bluthochdruck oder eingeschränkter Herzfunktion besonders von der schädigenden
Wirkung des Aldosteron betroffen sind. Schließlich konnte auch erstmals ein starker Zusammenhang zwischen
dem Salzhaushalt und den schädigenden Effekten des Aldosteron auf Gefäße nachgewiesen werden",
fasst Dr. Andreas Tomaschitz die Ergebnisse, die kürzlich im European Heart Journal veröffentlich wurden,
zusammen.
Mit der Entdeckung dieses so genannten relativen Aldosteronüberschusses und seinen Auswirkungen auf die Sterblichkeit
liefert das Grazer Forscherteam einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Erforschung schädigender Aldosteroneffekte.
Zudem wird durch diese Arbeit auch die Durchführung zukünftiger Studien angeregt, die die positiven Effekte
einer medikamentösen Aldosteronblockierung erforschen sollen.
Werden die schädigenden Effekte des Hormons Aldosteron durch unseren Lebenswandel verstärkt?
Als sich das Leben aus dem Meer am Land zu entwickeln begann, mussten Lebewesen Systeme haben, um in einer
trockenen, salzarmen Umwelt zu überleben. Dies wurde u.a. auch durch das Aldosteron-System mit seinen salzeinsparenden
Effekten möglich. Im Gegensatz dazu führt der moderne Lebenswandel, verbunden mit hohem Salzkonsum und
Übergewicht, zu einer Regulationsstörung des Aldosteron-Systems und in weiterer Folge zu Bluthochdruck
und Herz- Kreislauferkrankungen. Hinweise dafür konnte auch die Grazer Forschungsgruppe um Andreas Tomaschitz
zeigen, da schädigende Effekte des Aldosteron vor allem bei Patienten mit Störungen des Salzhaushaltes
auftraten.
Abklärung eines Aldosteronüberschusses bei Bluthochdruckpatienten in der Ambulanz der Klinischen Abteilung
für Endokrinologie und Nuklearmedizin der Med Uni Graz
Hinsichtlich der zahlreichen schädigenden Effekte einer erhöhten Aldosteronkonzentration ist eine frühzeitige
Diagnose und Einleitung einer entsprechenden Therapie von entscheidender Bedeutung. Patienten mit einem schwer
medikamentös einstellbaren Bluthochdruck haben in der Ambulanz für Endokrinologie und Nuklearmedizin
die Möglichkeit einer hochstandardisierten diagnostischen Abklärung eines absoluten Aldosteronüberschusses.
Neben der Aussicht auf innovative Behandlungsansätze bedeuten die neuen Erkenntnisse für die betroffenen
Patienten, dass sie nun nach oft jahrelanger Ungewissheit eine verbindliche Diagnose erhalten und weiterhin individuell
betreut werden, um mögliche Komplikationen durch einen Aldosteronüberschuss frühzeitig zu erkennen
sowie zu vermeiden. |