Minister mit Tourismusstrategie und guten Nachrichten im Ausschuß
Wien (pk) - Der Tourismusausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 16.03. unter der Leitung seiner
Obfrau Heidrun Silhavy mit der neuen "Tourismusstrategie", die Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner
den Abgeordneten präsentierte.
Es gehe nicht darum, den österreichischen Tourismus neu zu erfinden, sagte der Minister, der auf der Grundlage
einer Stärken-Schwächen-Analyse und angesichts der Wirtschaftskrise aber neue Akzente in der Tourismuspolitik
setzen will. Vorweg qualifizierte der Minister die aktuelle Lage der Branche als solide und erfreulich. "Wir
haben in der Krise gut gewirtschaftet", sagte Mitterlehner. Es sei nach den Rekordergebnissen im Winter 2008/09
trotz eines schwachen Starts in den Winter 2009/10 durch Werbemaßnahmen gelungen, Spätbucher anzusprechen.
Der zunächst befürchtete Umsatzeinbruch von bis zu 5 % wird laut Mitterlehner nicht eintreten. Im Jahr
2009 habe Österreich seinen Tourismusmarktanteil in der EU-15 erstmals seit Mitte der neunziger Jahre steigern
können. Für den Sommer 2010 werden einerseits deutsche Gäste sowie Gäste aus Ost- und Zentraleuropa
gezielt beworben. 70- bis 80-prozentige Zuwachsraten jährlich auf den Tourismusmärkten Osteuropas seit
der EU-Erweiterung zeigten, wie richtig diese Strategie sei. Auf dem deutschen Markt wiederum gewinne Österreich
sowohl Anteile bei Kurzurlaubern, zunehmend punkte Österreich in Deutschland aber auch bei Langzeiturlaubern.
Die neue Tourismusstrategie erläuterte der Minister insofern als eine politische, als es ihm darum gehe, Tourismusmaßnahmen
zwischen Bund und Ländern besser zu koordinieren, insbesondere bei folgenden Themen: Kooperation der Donau-Bundesländer
bei der Bewerbung des Donau-Radwegs, Darstellung des Themas Landschaft-Kultur-Kulinarik und ein besser koordinierter
Einsatz der Werbemittel. Zudem will Mitterlehner die Marke "Urlaub in Österreich" stimmiger bewerben
als bisher, wichtige Tourismusinnovationen gezielter unterstützen und Förderungen durch intensivere Bund/Länder-Koordination
effektiver ausrichten, etwa durch Ausrichtung auf Schwerpunktthemen wie "Radtourismus", "Internet"
oder "Familienurlaub". Erfreut zeigte sich der Wirtschaftsminister über die geplante Abschaffung
der Kreditvertragsgebühr.
Grundsätzlich sei die Strategie eine systematische, aber offene und prozessorientierte Entscheidungsgrundlage,
jedoch kein betriebswirtschaftliches Konzept. Die Entscheidungen werden weiterhin in den Unternehmen, nicht auf
der bürokratischen Ebene, getroffen, betonte der Minister.
Die österreichische Tourismuswirtschaft habe sich in der Krise als eine solide Branche erwiesen, die Marktanteile
gewinne.
Abgeordnete Gabriela Moser (G) fand lobende Worte zur Tourismusstrategie, merkte aber kritisch an, dass die Arbeitsgruppen,
aus denen sie hervorging, allzu ÖVP-dominant besetzt gewesen und ökologische Fragen unterrepräsentiert
seien. Moser, die einen echten "Masterplan" erwartet hatte, mahnte konkretere Zielsetzungen ein und überdies
die Einbindung des Tourismusausschusses in die Umsetzung der Strategie. Einzelfragen richteten sich auf eine Lösung
der Gastgarten-Problematik und auf geplante Veränderungen bei der Saisonnierbeschäftigung.
Abgeordneter Johann Hell (S) unterstrich seinerseits die Bedeutung des Tourismus für die Volkswirtschaft und
machte hinsichtlich der generell erhobenen Forderung nach mehr Qualitätsangeboten im Tourismus auf die Bedeutung
der MitarbeiterInnen und ihrer Dienstleistungen in der Branche aufmerksam. Er drängte auf bessere Arbeitsbedingungen
und problematisierte den Einsatz unqualifizierten Personals anstelle von Fachkräften im Wintertourismus.
Abgeordneter Franz Hörl (V) würdigte das persönliche Engagement des Wirtschaftsministers für
die Tourismusbranche und erinnerte an den "tollen Auftritt" Österreichs bei der Berliner Tourismusmesse.
Die neue Tourismusstrategie qualifizierte der Abgeordnete als gut gelungen und überzeugend präsentiert,
das sei wichtig, um die gute Stimmung im Tourismus zu erhalten. Voll eingeschlagen habe nach Wahrnehmung des Abgeordneten
Hörl die Werbeoffensive um den Inlandsgast.
Abgeordneter Maximilian Linder (o.F.), der eingangs der Sitzung vom Ausschuss einstimmig als beratendes Mitglied
beigezogen wurde, sah gute Ideen der Touristiker in der neuen Strategie dokumentiert; nun komme es darauf an, diese
umzusetzen. Linder drängte darauf, den Tourismusgemeinden bei der Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen
zu helfen und interessierte sich für Pläne zur Umwandlung der Österreich Werbung in eine GmbH.
Abgeordneter Stefan Markowitz (B) erinnerte an den Vorschlag des SP-Abgeordneten Matznetter, die Basel II-Bestimmungen
bei Krediten unter 1 Mio. Euro auszusetzen und drängte zudem darauf, die Kreditvertragsgebühr rasch abzuschaffen.
Abgeordnete Roman Haider (F) begrüßte die Tourismusstrategie, bei der "etwas Gescheites" herausgekommen
sei. Der Redner unterstrich die Forderung nach Anpassung der AfA an die Lebensdauer der Investitionen und verlangte
auch die Anhebung der Pauschalierung bei Einzelunternehmen sowie eine intensivere Koordination der Länder
und des Bundes bei der Tourismusförderung. Haider bekannte sich auch zur Absicht, die Dachmarke "Urlaub
in Österreich" zu stärken.
Abgeordneter Josef Auer (S) unterstrich die Forderung seines Fraktionskollegen Hell, die Bedeutung der ArbeitnehmerInnen
in der Tourismusbranche stärker zu beachten, und setzte sich angesichts des hohen Frauenanteils bei den Tourismusbeschäftigten
dafür ein, mehr Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Es gehe darum, den ländlichen
Raum und die KMU dort zu stärken sowie die Auslastung der Betriebe zu sichern.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner bekundete seine Absicht, den Anteil der Tourismuswirtschaft am BIP, der
derzeit 8,4 % betrage, zu halten oder womöglich zu steigern. Die in der neuen Strategie dokumentierten Vorschläge
werde man teilweise kurzfristig umsetzen können, andere Vorschläge werden längere Zeit für
die Realisierung brauchen, vor allem dort, wo Einstellungsänderungen notwendig seien, etwa beim Übergang
zum Ganzjahresbetrieb.
Zur Lösung der Gastgartenproblematik liegen Vorschläge des Städtebundes vor, über die im Ausschuss
zu beraten sein wird, sagte der Minister. Praktikablere und flexiblere Vorschriften für die Saisonnierbeschäftigung
werde er gemeinsam mit dem Sozialressort ausarbeiten, kündigte der Minister an, der sich einmal mehr dafür
aussprach, den Ganzjahrestourismus zu forcieren, um die Anlagen besser zu nutzen.
Zur besseren Qualifikation der MitarbeiterInnen bemühe man sich in der Ausbildung, mehrere Berufe zu verbinden
und zugleich Spezialisierungen zu ermöglichen. Hinsichtlich der Forderung nach einer besseren Entlohnung sei
die vielfach angespannte finanzielle Lage der Tourismusbetriebe zu berücksichtigen, sagte Mitterlehner. Das
Lehrstellenangebot wurde ausgeweitet, touristische Lehrstellen seien aber nach wie vor nicht sehr beliebt, klagte
der Minister. Was die rechtliche Form der "Österreich Werbung" – sie ist derzeit ein Verein – anlange,
werde er die Vor- und Nachteile einer GmbH-Struktur prüfen, sagte Mitterlehner. Mehr Budgetsicherheit für
die Österreich Werbung könne er angesichts der budgetären Situation nicht versprechen. "Wir
müssen froh sein, wenn wir halten können, was wir haben", sagte der Minister.
In einer zweiten Verhandlungsrunde beantwortete Bundesminister Mitterlehner Detailfragen der Abgeordneten Gabriel
Obernosterer (V), Gabriela Moser und Birgit Schatz (beide G) sowie von Abgeordneter Rosa Lohfeyer (S). Wie der
Minister informierte, werde das Konzept der Modellregionen in 4 bis 5 Regionen fortgesetzt. Die Wegeinfrastruktur
im alpinen Gelände soll GPS-gestützt dokumentiert werden, das Schutzhüttenprogramm fortgesetzt und
die Nationalparkinitiative präzisiert werden. Vorschläge mit neuen Regelungen für "Minijobs"
im Tourismus werde er mit dem Sozialminister verhandeln, teilte Mitterlehner Abgeordneter Birgit Schatz (G) mit.
Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) hatte in seiner Wortmeldung eine Lanze für die Entbürokratisierung
kleiner Tourismusbetriebe und für die Anhebung von Pauschalierungsgrenzen gebrochen.
Nach der aktuellen Aussprache befasste sich der Ausschuss mit der Frage der Optimierung der Zusammenarbeit von
Tourismuswirtschaft und ÖBB. In einem einstimmig angenommenen Allparteienantrag ( 908/A [E]) wird die Bundesregierung
ersucht, gemeinsame Maßnahmen zu setzen, um die Urlaubsanreise mit der Bahn attraktiver zu gestalten und
damit die Zahl der Anreisen mit der Bahn zu erhöhen. Insbesondere soll dabei auch auf den Fahrradtourismus
Bedacht genommen werden. Die Antragsteller erhoffen sich davon einen Beitrag zum Umweltschutz und eine Steigerung
der Wertschöpfung durch eine entsprechende Verlängerung der Aufenthaltsdauer. Zu den Beratungen wurde
die Vorstandssprecherin der Personenverkehrs AG der ÖBB, Gabriele Lutter, als Auskunftsperson beigezogen.
Abgeordnete Gabriela Moser (G) meinte, es sei wichtig, die Möglichkeiten zur Mitnahme von Rädern durch
die ÖBB zu verbessern. Derzeit gebe es auf diesem Gebiet Probleme, was die Frage aufwerfe, wie die Strategie
der ÖBB hier aussehe. Abgeordneter Roman Haider (F) erklärte, es sei eine Selbstverständlichkeit,
diesen Antrag zu unterstützen, um sich sodann nach der Zukunft der Mühlkreisbahn zu erkundigen. Abgeordneter
Christoph Hagen (B) thematisierte die Nebenbahnen und verwies darauf, dass es in den Zügen oftmals zu wenig
Stauraum für das Gepäck gebe.
Abgeordneter Elmar Mayer (S) wies auf das beispielgebende Vorbild der Schweiz hin, der man in dieser Hinsicht nacheifern
sollte. Der Antrag sei in dieser Hinsicht eine Punktlandung. Abgeordneter Franz Hörl (V) würdigte gleichfalls
die Schweiz als vorbildlich und sagte, für die ÖBB sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit
sein, derartigen Service im Sinne der Kundenfreundlichkeit anzubieten.
Lutter sagte, die ÖBB böten seit Jahresbeginn in 55 Prozent der Fernverkehrszüge Radtransporte an,
der Service werde weiter ausgebaut, denn er sei der ÖBB ein Anliegen, weshalb sie dem Ausschuss auch für
seine Initiative danke. Die Schweiz sei auch der ÖBB an dieser Stelle Vorbild, deren Standard man auf Sicht
erreichen wolle. Auch an der Gepäckfrage werde gearbeitet.
Die Mühlkreisbahn, so Lutter weiter, sei zumindest bis 2017 vertraglich gesichert, der öffentliche Verkehr
müsse auch in Hinkunft seinen Stellenwert haben, wobei es von Fall zu Fall zu prüfen sei, ob die Bahn
oder der Bus die optimale Lösung für eine Region darstelle.
Vertagt wurde ein weiteres Mal der BZÖ-Antrag auf Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsbetriebe.
Das BZÖ sieht diese Forderung als wirkungsvolle Unterstützung des heimischen Tourismus, mit der die Wettbewerbsfähigkeit
der heimischen Tourismuswirtschaft erhalten werden soll. ( 843/A [E])
Nachdem der zu den Beratungen beigezogene fraktionslose Mandatar Maximilian Linder für die Annahme des Antrags
geworben hatte, da dieser sowohl im Sinne der heimischen Hotellerie wie auch dem der Gäste sei, und Abgeordneter
Roman Haider (F) diese Sichtweise bekräftigt hatte, brachte Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) einen Vertagungsantrag
ein, der von Abgeordnetem Franz Hörl (V) unterstützt wurde. Der Antrag komme zum falschen Zeitpunkt und
weise auch inhaltlich Verbesserungsbedarf auf.
Bundesminister Reinhold Mitterlehner ergänzte die Ausführungen seiner Parteikollegen dahingehend, dass
man das Gesamtbild betrachten müsse und nicht eine Einzelmaßnahme herausnehmen und isoliert betrachten
dürfe. Abgeordnete Gabriela Moser (G) votierte dafür, den Antrag abzulehnen, da eine Aufsplitterung des
Mehrwertsteuersatzes nach Branchen einem "Öffnen der Büchse der Pandora" gleichkomme.
Der Antrag wurde mit Stimmenmehrheit vertagt. |