Wien (bmj) - Bei ihrem Amtsantritt hat Justizministerin Claudia Bandion-Ortner
den Schutz von Kindern vor gewaltsamen und sexuellen Übergriffen als eines ihrer primären Ziele bezeichnet
- dieser Tage beherrscht dieses Thema die Öffentlichkeit.
„Der Schutz von Kindern ist nach wie vor mein primäres Ziel, für Kinderschänder kann es keine Gnade
geben. Das haben wir auch mit dem Zweiten Gewalt-schutzgesetz (seit 1. Juni 2009 in Kraft) unter Beweis gestellt.
Wir sind Vorreiter in diesem Bereich unter den europäischen Staaten“, sagte die Bundesministerin, auch was
Verjährungsfristen betrifft: „Die Verjährungsfristen wurden 2009 verlängert. Insbesondere wurde
der Beginn der Verjährung nach hinten verschoben, vom 18. auf das 28. Lebensjahr des Opfers. Das heißt
konkret: Wird etwa ein siebenjähriger Bub Opfer eines Missbrauchs, so beginnt die Verjährungsfrist für
diese Tat erst 21 Jahre später. In Deutschland ist das schon ab 18 Lebensjahren der Fall. Das heißt,
dass ein Opfer in Österreich theoretisch mit 48 Jahren noch einen Vorfall anzeigen kann, der im Kindesalter
passierte.“
Skeptisch bei Verlängerung
Gegenüber einer weiteren Ausdehnung der Verjährungsfristen bzw. bezüglich deren Abschaffung
zeigte sich Bandion-Ortner erneut skeptisch: „Denn wie soll man nach 60 Jahren noch so einen Sachverhalt aufklären,
Beweise erbringen und Zeugen finden?“ Man dürfe auch das Rückwirkungsverbot im Strafrecht nicht vergessen:
„Selbst wenn man die Verjährungsfristen verlängern oder gar abschaffen würde, wäre das für
die jetzt aktuellen Fälle nicht relevant, weil man diese Bestimmungen nur für zukünftige Fälle
anwenden kann. Das Rück-wirkungsverbot ist ein verfassungsrechtlich gewährleistetes Prinzip. Damals,
als sich die Fälle abgespielt haben, um die es jetzt geht, gab es auch noch nicht die nunmehrigen Verjährungsfristen.“
Bedenken gegen die Anzeigenpflicht
Die Frage, ob die Kirche als Organisation, Diözesen oder Orden, in deren Institutionen sich Übergriffe
abgespielt haben sollen, haftbar gemacht werden können, sei nicht so einfach zu lösen: „Jeder einzelne
Fall müsste zivilrechtlich geprüft werden, da kann man sicher nicht gesammelt vorgehen. Wenn es Ansprüche
geben sollte, sind diese ja verschieden gelagert.“ Zu einer allge-meinen Anzeigenpflicht bemerkte Bandion-Ortner:
„Dagegen gibt es erhebliche Bedenken, etwa von seiten der Jugendwohlfahrt oder der Ärzte.“
Dass manche Staaten gefährliche oder rückfällige Sexualstraftäter öffentlich machen, um
vor ihnen zu warnen, hält die Justizministerin mit dem Rechtsstaat für nicht kompatibel: „Mit dem Zweiten
Gewaltschutzgesetz wurde die Sexual-straftäterdatei eingeführt. Dass man diese Leute generell an den
Pranger stellt und ihre Namen veröffentlicht - da bin ich sehr skeptisch, das ist unserem Rechtssystem fremd
und widerspricht dem Datenschutz.“ |