Leitzinsen in USA und Eurozone weiterhin niedrig – Staatsanleiherenditen steigen, Unternehmensanleihen
auch 2010 gefragt – Positive Aktienperformance im zweiten Quartal
Wien (rzb) - Die Analysten der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB) erwarten für
das erste Halbjahr 2010 eine weiterhin positive Entwicklung auf den weltweiten Märkten. "In den nächsten
Monaten setzt sich die recht kräftige Konjunkturerholung fort. Im zweiten Halbjahr flaut sie allerdings auf
ein geringeres Wachstum ab", analysiert RZB-Experte Valentin Hofstätter, "die Vorlaufindikatoren
zeigen durchwegs wohlwollende Daten."
Aufgrund der positiven Entwicklung der Märkte empfiehlt RZB-Expertin Veronika Lammer eine stärkere Gewichtung
von Aktien: "Durch die Besserung der Konjunkturdaten scheint ein weiterer Aufwärtstrend realistisch.
Wir empfehlen daher eine leichte Übergewichtung von Aktien im Portfolio. Unternehmensanleihen werden auch
im heurigen Jahr sehr beliebt sein."
Konjunkturerholung setzt sich im 1. Halbjahr fort, danach schwächeres Wachstum
"Für die vergangenen Monate war in Kontinentaleuropa eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftsdaten
zu vermelden. Die Konjunkturerholung im Euroraum fällt aber im Vergleich zu anderen großen Wirtschaftsräumen
wie Asien, Südamerika bzw. den USA bislang verhalten aus", sagt Hofstätter. Im ersten Halbjahr 2010
sollte die Wirtschaftsdynamik in Europa nochmals etwas zulegen. Alle wichtigen Konjunkturvorlaufindikatoren weisen
einen Aufwärtstrend aus. Im Verhältnis zur tiefen Rezession des Vorjahres bleibt das Wirtschaftswachstum
in Summe aber verhalten.
Leitzinsen in USA und Eurozone weiterhin niedrig, Euro unter Druck
Die Leitzinsen in den USA und der Eurozone bleiben 2010 auf rekordtiefen Niveaus. Laut Hofstätter beginnen
die Notenbanken allerdings bereits, die überschüssige Liquidität im Bankensystem zu reduzieren.
"Mittelfristig kommt es deshalb in der Eurozone im zweiten Halbjahr zu höheren Geldmarktsätzen."
Den Euro sieht er gegenüber dem US-Dollar mit einem Ziel von 1,30 vorerst weiter unter Druck. Eine Erholung
sollte sich im Sommer 2010 zeigen. Auch der Schweizer Franken dürfte im zweiten Quartal gegenüber dem
Euro weiterhin sehr fest bleiben. Eine signifikante Abschwächung ist erst mit EZB-Zinsanhebungen zu erwarten.
Staatsanleiherenditen steigen an, Unternehmensanleihen weiterhin im Trend
Die Staatsanleiherenditen dürften im zweiten Quartal etwas ansteigen, bleiben aber vorerst noch in der Bandbreite
der letzten Quartale. "Weiterhin eine deutliche Outperformance gegenüber Staatsanleihen erwarten wir
von Unternehmens- und Bankanleihen. Das gilt nicht nur für das zweite Quartal, sondern auch für das Gesamtjahr",
so Hofstätter.
Staatsverschuldung bleibt Thema
Das Thema Staatsverschuldung, und damit auch die Budgetkonsolidierung, bleibt in allen Industriestaaten ein brennendes
Thema. "Griechenland wird – schlimmstenfalls durch Kredite von EU-Staaten und dem Internationalem Währungsfonds
– heuer alle Verbindlichkeiten refinanzieren können. Die Verschuldungsdynamik ist aber leider in den meisten
Industriestaaten ebenfalls bedenklich und wird weitere Einschnitte bei den öffentlichen Haushalten nach sich
ziehen", analysierte Hofstätter.
Positive Aktienperformance im zweiten Quartal
Die Berichtssaison für das vierte Quartal 2009 brachte positive Überraschungen. Für das Gesamtjahr
2010 rechnet RZB-Analystin Veronika Lammer für die USA und die Eurozone mit einem Anstieg der Gewinne um etwa
20 Prozent. "Da außerdem die Bewertungen noch auf moderatem Niveau liegen, sollte sich der Aufwärtstrend
an den Aktienmärkten fortsetzen können", sagt Lammer.
Das Kurspotenzial sieht sie allerdings begrenzt, da sich die konjunkturelle Erholung der entwickelten Volkswirtschaften
verlangsamt. Die Vorlaufindikatoren für Europa haben teilweise bereits ihre Höhepunkte überschritten
und werden bestenfalls seitwärts tendieren. Vor diesem Hintergrund gewichtet Lammer Aktien mit 53 Prozent
nur leicht höher als die Benchmark. Wegen der geringeren Verschuldung und der besseren langfristigen Wachstumsaussicht
geht sie von einer über dem Durchschnitt liegenden Wertentwicklung für Aktien der Emerging Markets aus.
"Innerhalb des Aktienmarktportfolios gewichten wir daher Aktien aus den Emerging Markets mit einem Prozentpunkt
über", so Lammer.
Mit dem Liquiditätsentzug und neuerlich aufflammender Verschuldensthematik bei der Budgetplanung für
2011 im Spätsommer rät Lammer wieder zu etwas mehr Vorsicht bei risikobehafteten Vermögenswerten.
Unternehmensgewinne nachhaltig gedreht, langfristig starkes Gewinnwachstum zu erwarten
Die Gewinnentwicklung der Unternehmen verläuft ähnlich der Konjunkturentwicklung in Zyklen, wobei
die Ausschläge in den einzelnen Auf- und Abschwungsphasen deutlich stärker ausgeprägt sind als die
BIP-Wachstumsraten. Über einen längeren Zeitraum lässt sich eine Trendlinie herausfiltern, die in
etwa dem nominellen BIP-Wachstum entspricht.
Für die USA nennt Veronika Lammer ein langjähriges Trendwachstum von ca. 6,5 Prozent pro Jahr. Davon
ausgehend wäre ein Anstieg der Unternehmensgewinne auf dem amerikanischen Aktienindex MSCI USA in den nächsten
fünf Jahren von aktuell 60 US-Dollar auf 138 US-Dollar realistisch.
Legt man ein geringeres nominelles Wirtschaftswachstum von nur mehr 5 Prozent zu Grunde, würde der durchschnittliche
Unternehmensgewinn im Jahr 2014 noch immer bei 128 US-Dollar zu liegen kommen. Dies würde einem Aufwärtspotenzial
des Aktienmarktes von etwa 60 Prozent entsprechen.
Emerging Markets trotzen der Verschuldungswelle
Die Diskussion um die hohen Verschuldungsraten in den etablierten Märkten rückt die Verschuldungssituation
in den Emerging Markets in ein neues Licht. Mit Ausnahme einiger weniger Emerging Markets wie Indien, Malaysia
und Südafrika dürfte sich die Neuverschuldung für das laufende Jahr bei 4 Prozent halten. "Das
entspricht gerade einmal der Hälfte der Neuverschuldung der etablierten Volkswirtschaften der 20 wichtigsten
Industrie- und Schwellenländer (G-20)", sagt Emerging Markets-Expertin Veronika Lammer.
Die Gesamtverschuldung wird bei den G-20 etablierten Märkten jenseits der 100-Prozent-Grenze liegen. Vergleichbare
Kennziffern in den G-20 Emerging Markets werden sich auf unter 40 Prozent einpendeln.
Die geringe Verschuldung ist es auch, die dafür spricht, dass die Emerging Markets auf längere Zeit deutlich
stärker wachsen können als die entwickelten Märkte. Das Wachstum wird zusätzlich zu den öffentlichen
Investitionen auch von privaten Investitionen und einem starken inländischen Konsum getragen. Außerdem
profitieren natürlich auch die Emerging Markets von der Normalisierung des Welthandels. |