Wien (bmi) - Die internationale Wahlbeobachtung im Rahmen der Organisation
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bzw. – bis 1995 – der Konferenz für Sicherheit und
Zu-sammenarbeit in Europa (KSZE) hat ab 1990 zunehmend an Bedeutung gewonnen. Etwa bis zum Jahr 2000 wurde der
Schwerpunkt insbesondere auf "junge Demokratien" in "Reformstaaten" gelegt, seither werden
vermehrt auch Wahlen in etablierten Demokratien westlicher Prägung beobachtet.
Das aus dem Jahr 1990 stammende "Kopenhagener Dokument" gilt als wichtigste Grundlage. Nachfolgende Dokumente
und Beschlüsse der KSZE/OSZE (insbesondere das Dokument von Rom aus dem Jahr 1993, das Abschlussdokument des
Gipfeltreffens in Budapest aus dem Jahr 1994 und das Dokument von Istanbul aus dem Jahr 1999) haben die Institutionalisierung
der Wahlbeobachtung weiter vorangetrieben. Österreich hat als Teilnehmerstaat der OSZE im Rahmen der internationalen
KSZE/OSZE-Treffen 1990 und 1999 die dort bekundeten Absichtserklärungen, internationale Wahlbeobachter(innen)
einzuladen, mitgetragen.
Bis zum Jahr 2007 konnte eine internationale Wahlbeobachtung in Österreich – mangels innerstaatlicher Implementierung
– allerdings nicht stattfinden. Dessen ungeachtet wurden Vertreterinnen und Vertreter der OSZE von der Bundeswahlbehörde
im Zusammenwirken mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA)
immer wieder zum inoffiziellen "Erfahrungsaustausch" eingeladen (z.B. bei der Bundespräsidentenwahl
2004 und bei der Nationalratswahl 2006).
Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2007 hat sich der Gesetzgeber schließlich zur Implementierung einer
internationalen Wahlbeobachtung im Sinn der OSZE-Dokumente entschlossen. Die legistischen Änderungen wurden
in Zusammenarbeit mit dem BMeiA und dem OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte
(ODIHR) vorbereitet.
Ausgestaltung
Eine Einladung zur internationalen Wahlbeobachtung wird – entsprechend internationaler Usancen – vom Bundesminister
für europäische und internationale Angelegenheiten ausgesprochen. Die Einladung ist zwar in einer "Kann-Bestimmung"
verankert, seit Inkrafttreten des Wahlrechtsänderungsgesetzes 2007 wurde jedoch bei jeder bundesweiten Wahl
seitens des BMeiA zur Wahlbeobachtung eingeladen. Adressaten sind die OSZE mit ihren Institutionen (insbesondere
ODIHR und die Parlamentarische Versammlung) sowie die einzelnen OSZE-Teilnehmerstaaten.
Akkreditierte Wahlbeobachter(innen) haben uneingeschränkt Zugang zu den Wahllokalen sowie zu den Sitzungen
der Wahlbehörden. Weiters haben sie unter anderem das Recht
- zur Einsichtnahme in Wählerverzeichnisse und Akten über Einsprüche und Berufungen,
- auf Begleiten der "fliegenden Wahlbehörde" und
- auf von Wahlleitern (Wahlleiterinnen) unterfertigte Zusammenstellungen des Stimmenergebnisses.
Gesetzlich nicht vorgesehen ist in Österreich die Wahlbeobachtung innerstaatlicher Wahlbeobachter(innen),
so genannter "domestic observers", oder die Wahlbeobachtung durch internationale Organisationen oder
Staaten außerhalb der OSZE.
Bisherige Wahlbeobachtungsmissionen
Anlässlich der Nationalratswahl 2008 am 28. September 2008 wurde vom BMeiA erstmals offiziell zur
internationalen Wahlbeobachtung eingeladen. Die OSZE (Büro "ODIHR") konnte jedoch keine Mission
entsenden. Unabhängig von ODIHR kam Ungarn in seiner Eigenschaft als OSZE-Teilnehmerstaat auf die Einladung
zurück und besuchte am Wahltag mit einer kleinen Delegation die Bundeswahlbehörde in Wien.
Vor der Europawahl 2009 entsandte das Büro "ODIHR" in verschiedene Mitgliedstaaten der Europäischen
Union, darunter auch Österreich, eine "Exploratory Mission". Eine vierköpfige Delegation evaluierte
zwischen 25. und 31. Mai 2009 die Rechtslage und führte Gespräche mit Wahlbehörden, Parteien, Ministerien
und dem Verfassungsgerichtshof. Der Bericht stellte den Vorbereitungen der Europawahl in Österreich ein sehr
positives Zeugnis aus.
Anlässlich der Ausschreibung der Bundespräsidentenwahl 2010 sprach das BMeiA Anfang Februar 2010 erneut
eine Einladung an die OSZE und ihre Teilnehmerstaaten aus. Bereits kurze Zeit später entsandte das OSZE-Büro
"ODIHR" eine zweiköpfige "Needs Assessment Mission (NAM)" nach Wien. Diese "Bedarfserhebungsmission"
fand von 10. bis 12. Februar 2010 statt, die beiden Vertreter von ODIHR trafen u.a. mit Wahlbehörden, Wahlwerbern,
Parteien, Ministerien, dem Verfassungsgerichtshof, Medien und "Transparency International" zusammen.
Der daraus resultierende Bericht bescheinigte Österreich ein solides Wahlsystem, es wurde jedoch insbesondere
mit Blick auf die Tatsache, dass noch nie eine vollständige Wahlbeobachtung in Österreich stattgefunden
habe, eine "kleine" Wahlbeobachtungsmission in Form einer "Election Assessment Mission" empfohlen.
Ausblick
Die von ODIHR organisierte "Election Assessment Mission" wird mit einer rund zehnköpfigen Delegation
von 12. bis 26 April 2010 nach Österreich kommen. Ein Team wird in Wien verbleiben, zwei weitere Teams mit
voraussichtlich je drei Personen werden verschiedene Bundesländer besuchen, um die Vorbereitungen der Wahl
und den Wahltag (25. April 2010) zu beobachten. Nach der Wahl wird ODIHR einen Bericht über die Ergebnisse
der "election observation" erstellen. Nicht ausgeschlossen ist, dass auch einzelne OSZE-Teilnehmerstaaten
oder Angehörige der Parlamentarischen Versammlung der OSZE ebenfalls noch Beobachter(innen) entsenden. Die
Akkreditierung erfolgt geschlossen beim BMeiA, die Daten der beobachtenden Personen, die mit speziellen Legitimationskarten
ausgestattet werden, werden über die Bundeswahlbehörde an alle nachgeordneten Wahlbehörden weitergeleitet.
Fazit
Die Wahlbeobachtung durch die OSZE steht im Einklang mit internationalen Vorgaben und stellt eine Chance dar, das
solide österreichische Wahlsystem, das sich über viele Jahrzehnte bewährt hat, auch anderen Teilnehmerstaaten
der OSZE näher zu bringen. Österreich hat mit der Abhaltung von Wahlen sehr erfolgreiche Erfahrungen
gemacht; diese gilt es, auf internationalem Parkett zu teilen. Das Bundesministerium für Inneres als für
die Durchführung von bundesweiten Wahlen zuständiges Ressort sieht daher der bei der Bundespräsidentenwahl
in Österreich durchgeführten routinemäßigen Wahlbeobachtung durch die OSZE mit großem
Interesse entgegen.
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