Dschungel Wien lädt ins temporeiche "Spiegelland"   

erstellt am
12  04. 10

Wien (rk) - Alles rollt, das Leben von Silvio (Rainer Doppler) und Alice (Yap Sun Sun) ebenso, wie die metallene Barhocker-Requisite auf der Bühne im Dschungel Wien (Bühne: Andreas Pamperl): "Spiegelland", das jüngste Stück von Benedict Thill, welches noch drei Mal in dieser Woche zu sehen ist, präsentiert sich als gelungener Rätsel-Parcours durch Lewis Carrolls "Alice im Wunderland" mit dennoch deutlich eigener Handschrift.Piepsende Emergency room-Atmosphäre macht sich zuerst breit auf der dunkeln Bühne, die unmittelbar darauf zur rasanten, kirre wirkenden Selbsterkenntnis-Tour von Silvio und Alice mutiert. Fünf Charaktere aus dem Niemandsland zwischen Leben und Tod, Normalität und Wahnsinn treten den beiden nicht nur entgegen, vielmehr schnappen sie sich die beiden Wiedererwachten und beuteln deren Leben dermaßen wild durch, bis zuletzt etwas rausfällt, was man den bisherigen Lebenssinn nennen könnte. Bisherig deswegen, weil zuletzt Silvio und Alice vor die Wahl gestellt werden, aus verschiedenen Pillen ihr weiteres Schicksal zu bestimmen.

Neben Carrolls Jugendklassiker mischt Thill ebenso beiläufig wie gekonnt auch M. Night Shyamalans "The sixth sense" in sein ausgedachtes Spiegelland hinein: Silvio, der wohl mit italienischem Hintersinn als seichter Quiz-Moderator in Spiegelland aufwacht, lernt erst auf Umwegen um seine tote Familie zu trauern und seinen eigenen "dummen" Tod während einer Blinddarmoperation zu akzeptieren, wie auch die menschenscheue Kinderbuchautorin Alice ihr eigenes Ertrinken beim Retten eines Hundes annimmt. Bis dahin ist jedoch der Weg ein langer und dunkler und die beiden werden großartig-hinterfotzig von König Rabbit (Manuel Löwensberg) und seiner chaotisch-wilden Truppe Dorothy (Eva Lindner), Doris (Maria Spanring), Clown (Richard Schmetterer) und Dolores daSilvia (Julia Plach) durch einen pausenlosen 100-minütigen Fleischwolf gedreht.

Die Regie stammt von Corinna Eckenstein, die mit ihren Arbeiten ("Chatroom", "Dark Site", "Fieberträume") wiederholt am Dschungel bemerkenswerte Arbeiten abgeliefert hat. Die Kostüme fertigte Uli Nö, die Musik verantwortet Sue-Alice Okukubo.
     
Informationen: http://www.dschungelwien.at    
     
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