Wien (fwf) - Die Entwicklung eines neuen Therapeutikums zur Behandlung von besonders aggressivem Eierstockkrebs
zeigt erste vielversprechende Ergebnisse. Mit einem monoklonalen Antikörper ist es in Laborversuchen gelungen,
die Resistenz der Tumorzellen gegen einen natürlichen Abwehrmechanismus zu schwächen. Das ist das jetzt
publizierte Ergebnis eines vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Projektes, das zusätzlich auch einen
bisher unbekannten Zusammenhang zwischen sogenannten Natural Killer Cells und dem regulierten Zelltod von Krebszellen
finden konnte.
Selbstmord ist gut. Zumindest aus Sicht des menschlichen Körpers, wenn es um Krebszellen geht. Tatsächlich
gibt es einen als "Regulierten Zelltod" - oder Apoptose - bezeichneten Mechanismus im Körper höherer
Lebewesen, der potenziell schädliche Zellen eliminiert. Auch gegen Tumorzellen des Eierstockkrebses gibt es
einen solchen Schutzmechanismus des Körpers. Dieser wird durch den Botenstoff TRAIL (Tumour Necrosis Factor
Related Apoptosis Inducing Ligand) initiiert, der an Rezeptoren der Tumorzellen bindet und ein Selbstmordprogramm
abruft. Dass Eierstock-Tumore trotzdem entstehen und diesen Krebs zum tödlichsten des weiblichen Sexual- und
Fortpflanzungstraktes machen, hat auch seinen Grund in der Resistenz gegen TRAIL: Einige Tumorzellen reagieren
einfach nicht auf das Selbstmordsignal. Eine Gruppe um Prof. Michael Krainer, Leiter der Arbeitsgruppe für
Molekulare Genetik, Abteilung Onkologie, an der Klinik für Innere Medizin I des Wiener AKHs, leistet nun Widerstand
gegen diese Resistenz.
Heiße Fährte TRAIL
Wesentliche Dienste leistet ihnen dabei ein monoklonaler Antikörper, ein spezielles Protein, das mit
hoher Spezifität Zellstrukturen erkennt. Der als AD5-10 bezeichnete Antikörper bindet ganz speziell an
jene Rezeptoren, die für gewöhnlich das TRAIL-Signal empfangen und weiterleiten. Dazu meint Prof. Krainer:
"Neben Studien, in denen TRAIL selber als Therapeutikum eingesetzt wird, werden auch sogenannte monoklonale
Antikörper untersucht, die wie AD5-10 an den TRAIL-Rezeptor binden. Diese können aber nur dann ein Selbstmordsignal
auslösen, wenn keine Resistenz gegen TRAIL existiert. AD5-10 ist nun besonders, da er zwar wie die anderen
monoklonalen Antikörper an den TRAIL-Rezeptor bindet, aber nicht genau an jene Stelle, an die TRAIL selbst
andockt. AD5-10 kann also zusammen mit TRAIL an den Rezeptor gebunden vorkommen."
Das Team um Prof. Krainer postulierte nun eine Hypothese, die die einzigartige Bindungsstelle von AD5-10 am Rezeptor
berücksichtigt: Es könnte möglich sein, dass AD5-10 durch seinen besonderen Angriffspunkt eine Wirkung
von TRAIL beeinflussen und vielleicht auch eine Resistenz beseitigen kann. Zu den Ergebnissen meint Prof. Krainer:
"Es funktioniert tatsächlich! In Zellkulturen und in Tiermodellen konnten wir zeigen, dass TRAIL-resistente
Tumorzellen des Eierstockkrebses gegenüber TRAIL wieder empfindlich werden, wenn TRAIL und AD5-10 gleichzeitig
vorhanden sind."
Antikörper als Turbo
Weiters vermutete Prof. Krainer, dass AD5-10 die Wirkung von häufig verwendeten Chemotherapeutika
verstärken könnte. So untersuchte er die Wechselwirkungen von AD5-10 mit zahlreichen Medikamenten, die
zur Behandlung von Eierstockkrebs eingesetzt werden. Auch diese Untersuchungen verliefen erfolgreich: "In
Zellkulturen konnten wir zeigen, dass die gemeinsame Wirkung von AD5-10 mit Carboplatin - einem häufig zur
Behandlung verwendeten Chemotherapeutikum - größer war als die Summe der Effekte bei Einzelgabe. Tatsächlich
zeigte sich im Tiermodell dann auch noch, dass AD5-10 eine Resistenz gegen Carboplatin aufheben kann."
Das Team um Prof. Krainer beobachtete auch, dass diese Anti-Tumorwirkung von AD5-10 nur dann auftritt, wenn sogenannte
Natural Killer Cells (NK Cells) in der Mikroumgebung des Tumors vorhanden sind. Für Prof. Krainer ein spannender
Hinweis, dass diese Zellen eine wichtige Funktion bei der durch AD5-10 initiierten Apoptosis haben - und vielleicht
auch bereits der Anfang eines weiterführenden Forschungsprojektes.
Originalpublikation: Natural immunity enhances the activity of a DR5 agonistic antibody and carboplatin in the
treatment of ovarian cancer. A. El-Gazzar, P. Perco, E. Eckelhart, M. Anees, V. Sexl, B. Mayer, Y. Liu, W. Mikulits,
R. Horvat, T. Pangerl, D. Zheng, M. Krainer, Mol Cancer Ther, 1535 - 7163.MCT-09-0933; Published OnlineFirst April
6, 2010; doi:10.1158/1535-7163.MCT-09-0933 |