Holz + Computer: eine starke Verbindung   

erstellt am
08  04. 10

Neuartiges Simulationsverfahren der FH St. Pölten innoviert Österreichs Holzindustrie
St. Pölten (pr & d) - Ein neuartiges Simulationsverfahren schafft erstmals stabilste Holzverbindungen unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Kostenfaktoren. Dies stärkt die Bedeutung von Holz als wirtschaftlich kompetitives Baumaterial und steigert die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Holzindustrie. Möglich macht dies ein gemeinsames Forschungsprojekt der Fachhochschule St. Pölten und der Holzforschung Austria, das innovative mathematische Methoden industriell nutzbar macht. Nun wird weiteren Industriepartnern angeboten, im Rahmen von Kooperationen die Forschungsergebnisse perfekt auf die Praxis abzustimmen.

Holz ist ein vielseitiger, umweltfreundlicher Baustoff und hierzulande ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Denn im waldreichen Österreich zählt Holz, nach dem Tourismus, zu dem zweitgrößten Devisenbringer. Eine besondere Stärke liegt in der Erzeugung von Holzlamellen. Dabei werden einzelne, kurze Holzbretter insbesondere durch Keilzinken zu einem langen Holzbrett verbunden. Die einzelnen Bretter werden zu Brettschichtholz verklebt. Mit einer jährlichen Produktion von 1 Mio. Kubikmetern Brettschichtholz ist Österreich der zweitgrößte europäische Hersteller.

Aktuell steht die Holzindustrie jedoch vor einer enormen Herausforderung: Neue europäische Normen verlangen von Keilzinkenverbindungen eine höhere Festigkeit als bisher üblich. Eine mögliche Lösung dazu bietet ein Forschungsprojekt der Fachhochschule St. Pölten gemeinsam mit der Holzforschung Austria unter dem Namen "Optwood". Dieses setzt ein neuartiges Verfahren der Computersimulation ein, um eine optimale Keilzinkenverbindung zu designen, die die neuen Festigkeitsanforderungen erfüllt. Diese müssen gleichzeitig aber auch so konzipiert sein, dass Material- und Produktionskosten gering bleiben. Das soll gewährleisten, dass die heimische Holzindustrie einen strategischen Vorteil erlangt und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigert. Um dies zu ermöglichen, trägt jeder der Projektpartner sein spezielles Wissen bei: Die FH St. Pölten ihre Expertise auf dem Gebiet der Computersimulation und die Holzforschung Austria ihr holztechnologisches sowie klebetechnologisches Know-how.

Holz am aufsteigenden Ast
Die Bedeutung des Forschungsprojektes Optwood für die Holzindustrie erklärt der Projektleiter und renommierte Simulationsexperte Dr. Thomas Schrefl: "Keilzinkenverbindungen sind die Schlüsseltechnologie, um einzelne Holzbretter zu quasi endlosen Brettlamellen zu verbinden. Diese bilden die Grundlage zur Herstellung von Brettschichtholz. Erst in dieser Form wird Holz zu einem Baumaterial, das wirtschaftlich mit anderen Materialien wie z. B. Beton mithalten kann. Derzeit liegt der Anteil von Brettschichtholz im über eine Milliarde starken Baukonstruktionsmarkt bei 30 - 35 Prozent. Dieser Marktanteil wird verloren gehen, wenn die Keilzinkenverbindungen nicht entsprechend optimiert werden. Diesem Problem haben wir uns nun mittels eines innovativen und neuartigen Verfahrens aus dem Bereich der Computersimulation angenommen. Mit diesem entwickeln wir eine neue Software, welche die optimale Keilzinkenverbindung kreieren wird, die sowohl den normativen als auch den wirtschaftlichen Ansprüchen der Holzindustrie gerecht wird."

Bisher standen der Holzindustrie nur experimentelle Ansätze nach dem "trial-and-error-Prinzip" zur Verfügung sowie Simulationsverfahren, die lediglich bestehende Keilzinkenverbindungen testen konnten. Von diesen beiden Möglichkeiten hebt sich das neuartige Computersimulationsverfahren, welches auf das so genannte "schnelle Randelementverfahren" setzt, klar ab: Denn dieses basiert auf innovativen, erst kürzlich entwickelten mathematischen Methoden, die in der industriellen Anwendung bislang noch nie zum Einsatz kamen. Dank diesen werden mittels Integralgleichungen am Computer die Oberflächenstruktur der Keilzinkenverbindungen und deren Belastungsverteilung berechnet. Das ermöglicht es, gänzlich neue geometrische Formen der Keilzinkenverbindung zu entwickeln, deren Potential und Praxistauglichkeit ohne großen Aufwand auch gleich am Computer virtuell getestet werden kann.

Industrielles Holzwissen
Mit der Entwicklung der neuen Software zur Optimierung der Keilzinkenverbindungen transferiert die FH St. Pölten wertvolles akademisches Wissen in ökonomisch wichtige industrielle Anwendungen. Dr. Schrefl dazu: "Die Software wird in den Sommermonaten fertig gestellt sein. Im Anschluss daran werden wir und unser Partner, die Holzforschung Austria, uns mit Industriepartnern zusammensetzen, um der Software den letzten Feinschliff zu geben. Die angewendeten Methoden und die Softwareumgebung sollen dann weiterentwickelt und optimal an die Bedürfnisse der Holzindustrie angepasst werden. Dabei sind wir auch für weitere Unternehmen offen, welche die innovative Software gemeinsam mit uns in der Praxis einführen. Diese profitieren dann frühzeitig von dem neuesten Wissen und erlangen dadurch einen klaren Wettbewerbsvorteil."

OptWood erhielt im Rahmen des Förderprogramms ModSim Computational Mathematics der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) eine Förderung. ModSim wird von der FFG im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) durchgeführt.

Über die Fachhochschule St. Pölten
Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung in den Bereichen Technologie, Wirtschaft und Gesundheit & Soziales. In mittlerweile 14 FH-Studiengängen werden mehr als 1700 Studierende betreut. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt innerhalb der Studiengänge sowie in eigens etablierten Instituten, in denen laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickelt und umgesetzt werden.

Über die Holzforschung Austria
Die Holzforschung Austria (HFA) ist mit derzeit 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das größte Forschungs- und Prüfinstitut für Holz in Österreich. Es befasst sich fachlich als einziges Institut mit der gesamten Wertschöpfungskette - beginnend von der Holzlagerung im Wald über die Holzverarbeitung bis hin zu den unterschiedlichsten Produkten. Aber auch angrenzende Fachdisziplinen wie etwa Oberflächenbeschichtungen, Holzschutzmittel und Klebstoffe werden behandelt.
     
Informationen: http://www.fhstp.ac.at/    
     
zurück