Die Zukunft der Roma in Europa   

erstellt am
08  04. 10

Diskussion im Palais Epstein zum Internationalen Roma-Tag
Wien (pk) - Welche Zukunft haben Roma in Europa? Diese Frage stand heute im Mittelpunkt einer Diskussionsveranstaltung, zu der anlässlich des Internationalen Roma-Tages Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gemeinsam mit dem Kulturverein Österreichischer Roma, dem Romano Centro, dem Verein Ketami, dem Verein Roma und dem Verein Roma Service ins Palais Epstein eingeladen hatte. Ziel war es, eine Bilanz darüber zu ziehen, inwieweit die bisherigen Projekte der EU die Lebenssituation der Roma und Sinti zum Positiven verändert haben und in welchen Bereichen es noch massiver Verbesserungen bedarf.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer meinte, das Thema der Veranstaltung könnte nicht aktueller sein. Sie sprach von zunehmender Gewalt und Feindseligkeit gegen Roma und auch davon, dass die Kluft zwischen den Roma und der restlichen Bevölkerung in den Bereichen Bildung, Wohnen und Beschäftigung immer alarmierender werde. Die österreichische Gesellschaft sei durch die Attentate von Oberwart vor 15 Jahren wachgerüttelt worden, man erkenne heute, wie wichtig die Arbeit mit den Roma und deren zahlreichen Vereinen sei. Positiv merkte Prammer auch an, dass in Österreich im Gegensatz zu einigen anderen Staaten Europas die Roma denselben Status wie jede andere Volksgruppe haben. Von der EU erwartete sie sich konkrete Maßnahmen vor Ort zugunsten der Roma durch einen entsprechenden Einsatz von Geldern etwa aus dem Strukturfonds oder dem Sozialfonds der Gemeinschaft.

Rudolf Sarközi, Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma, erinnerte an die späten Achtzigerjahre, in denen die Roma begonnen haben, Selbstbewusstsein zu entwickelt und an die Bevölkerung heranzutreten. Beim damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky und dessen Regierung, aber auch bei allen Abgeordneten habe man für die Anliegen der Roma offene Türen vorgefunden. Sarközi hob den einstimmigen Beschluss des Nationalrats auf Anerkennung der Roma als Volksgruppe ebenso wie die Gleichstellung der Roma im Opferfürsorgegesetz hervor und verwies auf die Arbeit der Roma-Vereine insbesondere auf dem Gebiet der Bildung. Durch die EU-Erweiterung 2004 sah er neuen Handlungsbedarf für Europa, wobei er u.a. die Einrichtung eines EU-Kommissars für Angelegenheiten der Roma und Sinti forderte.

Franz Vranitzky, Bundeskanzler a.D., sah alle politisch Verantwortlichen, die nationalen Regierungen ebenso wie die internationalen Organisationen aufgerufen, gegen Diskriminierung und Verfolgung der Roma aufzutreten, und gab zu bedenken, von selbst werde nichts zur Verbesserung der Lage entstehen. Auf internationaler Ebene forderte er vor allem die Vorsitzländer der Organisationen wie OSZE und EU, aber auch den Europarat auf, Initiativen zu ergreifen und jenen Mitgliedstaaten, die Minderheitenrechte verletzen, klar zu machen, dass sie einer Gemeinschaft angehören, in der sie sich zur Einhaltung dieser Minderheitenrechte verpflichtet haben.

Jo Goodey, Leiterin der Forschungsabteilung der EU-Grundrechtsagentur, präsentierte die Ergebnisse einer Umfrage der EU aus dem Jahr 2009 über die Lage der Roma und Sinti, aus denen sich ein, wie sie sagte, düsteres Bild ergibt. Demnach habe jeder zweite Rom über Diskriminierungen aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit berichtet, jeder fünfte sei Opfer rassistisch motivierter Angriffe geworden. Roma und Sinti seien die am meisten diskriminierte Volksgruppe in Europa, resümierte sie und meinte, die bestehenden Gesetze würden zwar reichen, echte Fortschritte könne es aber nur mit voller Unterstützung und Teilnahme der Roma selbst geben. Es gelte daher, auf lokaler Ebene Maßnahmen für Roma gemeinsam mit den Roma zu setzen.

Mirjam Karoly, OSZE-Beraterin für Roma und Sinti, sprach ebenfalls von einer Situation, die von sozialem Ausschluss, mangelnder Integration und rassistischer Diskriminierung gekennzeichnet ist, und betonte, Minderheitenpolitik allein könne die notwendige Integration nicht erwirken, sämtliche Programme würden nur dann erfolgreich sein, wenn sie von den Betroffenen mitgetragen werden.

Nicole Sevik, Geschäftsführerin des Vereins Ketami, wies ihrerseits auf den Stellenwert der Ausbildung für die Roma hin und meinte abschließend, sie wünsche, dass man ihrer Tochter einmal vorurteilsfrei entgegentreten und ihr die Chance geben werde zu beweisen, dass auch Roma Europa sind und als gut ausgebildete Menschen ihren Beitrag leisten können.
     
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