Kind hat Recht auf beide Elternteile   

erstellt am
07  04. 10

Im Interview mit "Österreich" (6.4.2010) spricht Justizministerin Claudia Bandion-Ortner Überlegungen zum Obsorgerecht an und nimmt Stellung zum heftig diskutierten Fall Evangelos.
Wien (bmj) - Das Schicksal des dreijährigen Evangelos bewegte letzte Woche das Land, vor allem die Tageszeitung "heute" berichtete. Der OGH entschied, dass das Sorgerecht juristisch geklärt werden müsse - in Griechenland, wo der Vater wohnt. Ein Urteil, für das Justizministerin Claudia Bandion-Ortner herbe Kritik einstecken musste, an dem sie aber freilich nichts ändern kann. Bandion-Ortner: "Die Kritik kommt von genau denjenigen, die sonst eine unabhängige Justiz fordern, wie etwa der Grün-Politikerin Maria Vassilakou oder Parlamentspräsidentin Barbara Prammer. Ich kann und darf nun einmal kein Urteil des Obersten Gerichtshofes beeinflussen. Zur Sache selbst: Die Behörden beider Länder stimmen sich ab. Es ist nicht so, dass das Kind der Mutter entrissen, allein in ein Flugzeug gesetzt und dann einem angeblich gewalttätigen Vater übergeben wird."

Enquete zum Thema Obsorge
Auf die Frage, ob man die Obsorge anders regeln solle, antwortete die Ministerin: "Ein Kind hat das Recht auf beide Elternteile. Man muss verhindern, dass ein Elternteil sein Kind nach einer Trennung monatelang nicht sieht. Darum planen wir eine Enquete zum Thema Obsorge. Wir prüfen da unter anderem die automatische gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung, wie es sie in Deutschland auch schon gibt." In Fällen, wo der Vater der Mutter gegenüber gewalttätig ist, bekomme aber selbstverständlich die Mutter das Sorgerecht, erklärte Bandion-Ortner. Allerdings nicht erst dann, wenn der Vater in einem Prozess verurteilt wurde: "Es gibt ja jetzt schon Instrumente, vorläufige Entscheidungen, Wegweisungen, das muss man dann eben auf die Kinder ausdehnen."

Elektronische Fußfessel ist Haftart
Kritisch beurteilte Bandion-Ortner den Vorstoß von SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek die elektronische Fußfessel bei Wegweisungen einzusetzen. Zum einen sei das System, das eingeführt wird, dafür technisch nicht geeignet. (Bei der Fußfessel wird die Anwesenheit im Wohnobjekt zu bestimmten Zeiten überprüft, bei der Wegweisung müssten beide Personen ein Gerät tragen und die Bewegung des Weggewiesenen müsste überprüft werden, Anm.) Zum anderen befinde sich bei der Wegweisung die Person auf freiem Fuß, die Fußfessel sei aber eine andere Form der Haft.
     
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