EU-Ausschuss des Bundesrates begrüßt Stärkung von FRONTEX   

erstellt am
07  04. 10

Dolmetscherleistungen im Strafverfahren - Vorschlag geht zu weit
Wien (pk) - Die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der EU (FRONTEX), die im Jahr 2005 ihre Tätigkeit aufgenommen hat, soll gestärkt werden. Das sieht ein von der EU-Kommission ausgearbeiteter Verordnungsentwurf vor. Der EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßte die Vorschläge und hielt diese mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar. Das wurde auch in einer einstimmig angenommenen Ausschussfeststellung bekräftigt.

Ebenso nahm der Ausschuss einstimmig eine Ausschussfeststellung zum Vorschlag für eine Richtlinie über das Recht auf Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen in Strafverfahren an. Darin sprechen sich die BundesrätInnen gegen die Vorlage aus, weil sie keine zwingende Notwendigkeit sehen, die unterschiedlichen Strafverfahrenssysteme in den Mitgliedstaaten anzugleichen und diese damit auch unterschiedlich stark finanziell zu belasten.

FRONTEX – ein umfangreiches Aufgabengebiet
FRONTEX hat ein umfangreiches Aufgabengebiet zur Sicherung und Stärkung der EU-Außengrenzen abzudecken. Neben der Koordination der operativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes der Außengrenzen unterstützt die Agentur unter anderem die Mitgliedstaaten bei der Ausbildung von nationalen GrenzschutzbeamtInnen sowie in Situationen, die eine verstärkte technische und operative Unterstützung an den Außengrenzen erfordern. Die Organisation gemeinsamer Rückführungsaktionen der Mitgliedstaaten zählt ebenfalls zu ihren Tätigkeiten. Sie erstellt darüber hinaus auch Risikoanalysen und verfolgt die für ihre Zielsetzungen relevante Forschung. FRONTEX kann im Interesse einer umfassenden Kohärenz eng mit anderen Gemeinschafts- und EU-Partnereinrichtungen wie EUROPOL und OLAF zusammenarbeiten.

Der in den Ausschuss geladene Experte des Innenministeriums, Thomas Herko, wies in diesem Zusammenhang sowie in Reaktion auf eine Bemerkung von Bundesrat Franz Eduard Kühnel (V/W) auf das zwischen FRONTEX und EUROPOL abgeschlossene strategische Arbeitsübereinkommen hin. Ein Problem liege jedoch darin, dass FRONTEX nicht berechtigt ist, personenbezogene Daten an EUROPOL weiterzugeben, sagte er. Die zuständige Kommissarin sei dagegen gewesen, die Datenübertragung in die Änderungen zur Verordnung aufzunehmen, da die Frage der Datenübertragung insgesamt diskutiert und gelöst werden müsse.

Laut schriftlich vorliegender Stellungnahme des Innenministeriums spricht sich Österreich im Gegensatz zur Kommission für ein begrenztes Mandat für FRONTEX zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Bekämpfung krimineller Netze aus, die an der Einschleusung von MigrantInnen beteiligt sind.

An der Spitze von FRONTEX steht der Verwaltungsrat, der sich aus VertreterInnen der Mitgliedstaaten und der Kommission und gegebenenfalls aus vom Europäischen Parlament ernannten Personen oder VertreterInnen der Sozialpartner zusammensetzt.

Die Agentur hat ihren Sitz in Warschau und beschäftigt 240 Personen, 9 davon kommen aus Österreich. Im Jahr 2010 stehen ihr 88 Mio. € zur Verfügung, erläuterte Thomas Herko, auf eine weitere Anfrage von Bundesrat Franz Eduard Kühnel.

Die Vorschläge der Kommission zur Stärkung von FRONTEX
FRONTEX hat sich nach Einschätzung des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission sehr erfolgreich entwickelt. Nun soll die integrierte Verwaltung der operativen Zusammenarbeit weiterentwickelt werden.

Dabei bleibt sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten für die Kontrolle ihrer Grenzen selbst verantwortlich bleiben und dass bei von der Agentur koordinierten Operationen die abgestellten BeamtInnen nur unter den Anweisungen und grundsätzlich nur in Gegenwart von GrenzschutzbeamtInnen des Mitgliedstaats, wo der Einsatz stattfindet, Aufgaben und Befugnisse wahrnehmen dürfen. Keine Entscheidungsbefugnis hat die Agentur in der Frage der Einreiseerlaubnis gemäß dem Schengener Grenzkodex. Dafür sind nur die BeamtInnen des betreffenden Mitgliedstaats zuständig.

Die Einhaltung dieser geteilten Zuständigkeit wurde in der Ausschussfeststellung von den BundesrätInnen ausdrücklich begrüßt.

Die Vorschläge der Kommission basieren sowohl auf einer internen Evaluierung durch die Kommission selbst als auch auf einer externen Untersuchung über die ersten drei Jahre und den sich daraus ergebenden Empfehlungen. Ein zusätzlicher Workshop zur Überarbeitung des Rechtsrahmens für die Agentur im September 2009 in Baden bei Wien unter Vorsitz der Kommission lieferte für den Verordnungsentwurf weitere Impulse.

FRONTEX soll in Hinkunft eine leitende Rolle bei der Umsetzung gemeinsamer Operationen und Koordinierungsfunktionen bei der Durchführung gemeinsamer Rückführaktionen erhalten. Dabei wird auf Grund eines österreichischen Vorschlags bei der Rückführung auf dem Luftweg ein unabhängiger Beobachtungsmechanismus über die Einhaltung der Grundrechte eingerichtet. Die BundesrätInnen sahen die Neuerungen positiv und stellten dazu fest, der Ausbau der gemeinsamen Rückführungspolitik könne einen Mehrwert bringen.

Die Arbeit von FRONTEX will man auch durch eine bessere Verfügbarkeit von technischer Ausstattung erleichtern, was von den BundesrätInnen unterstützt wird. Darüber hinaus ist Thomas Herko zufolge geplant, die operative Zusammenarbeit mit Drittstaaten zu erweitern. FRONTEX soll eigene VerbindungsbeamtInnen in Drittstaaten entsenden und dort Analysen von Migrationstrends erstellen.

Übersetzungen im Strafverfahren – BR lehnt Vorschlag ab
Ein weiteres Thema der heutigen EU-Ausschusssitzung des Bundesrats betraf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über das Recht auf Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im Strafverfahren. Dieser zielt darauf ab, gemeinsame Mindestnormen für das Recht auf Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen in Strafverfahren innerhalb der EU festzulegen.

Das Thema stand bereits am 3. September 2009 auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses. Der damals vorgelegte Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rats konnte nicht mehr weiter verfolgt werden, da der Vertrag von Lissabon in Kraft trat und der Beschluss sodann nicht mehr vertragskonform war. Daraufhin haben die Mitgliedstaaten die Initiative ergriffen und einen Text vorgelegt, der sich an der Einigung der Justiz- und InnenministerInnen vom 23.Oktober 2009 orientiert. Wie der Experte des Justizministeriums, Christian Pilnacek, erläuterte, hat daraufhin die Kommission einen eigenen Vorschlag ausgearbeitet, der über die Vorstellungen der Mitgliedstaaten hinausgeht.

Vor allem sieht die Kommission weitreichende Übersetzungen und Verdolmetschungen von Gesprächen und Schriftstücken zwischen Angeklagten und VerteidigerInnen vor. Auch sollen nach Ansicht der Kommission weite Bereiche des Verfahrens und Verfahrensakte übersetzt werden. Die Kommission hält eine zwingende Übersetzung in die Muttersprache für erforderlich, während die Mitgliedstaaten eine Übersetzung in eine Sprache für ausreichend empfinden, die der oder die Angeklagte beherrscht. Pilnacek sprach in diesem Zusammenhang vor allem die Schwierigkeit an, DolmetscherInnen für afrikanische Dialekte zu finden.

Auch den BundesrätInnen ging die Vorlage der Kommission zu weit. In der angenommenen Ausschussfeststellung bekräftigen sie, der Vorschlag der Kommission sei mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar. Sie unterstützen daher den Vorschlag der Mitgliedstaaten.

Die BundesrätInnen verweisen in ihrem Antrag auf die negative Stellungnahme vom 3. September 2009 und stellen fest, dass der Kommissionsvorschlag ohne zwingende Notwendigkeit die unterschiedlichen Strafverfahrenssysteme in den Mitgliedstaaten anzugleichen versucht und dadurch den Mitgliedstaaten auch unterschiedliche Mehrbelastungen aufbürdet.
     
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