Barbara Prammer: Armeen sollen in Menschenrechtsfragen kooperieren
Wien (pk) – In vielen Staaten der Welt werden SoldatInnen nach wie vor für politische Zwecke
missbraucht, ihre Menschenrechtssituation wird von Fachleuten vielfach als katastrophal bezeichnet. Vor diesem
Hintergrund trafen am Vormittag des 26.04. Vertreter parlamentarischer Ombudsinstitutionen aus der ganzen Welt
zur 2. Internationalen Konferenz der für Streitkräfte zuständigen Ombudsinstitutionen im Parlament
zusammen, um über eine verstärkte internationale Zusammenarbeit zu beraten. Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer eröffnete die Tagung, die von der Österreichischen Parlamentarischen Bundesheerkommission
in Zusammenarbeit mit dem Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces (DCAF) organisiert wird. Ihre
Trauer über den Tod ihres polnischen Freundes und Mitstreiters Janusz Kochanowskis – er starb kürzlich
bei dem tragischen Flugzeugunglück in Smolensk – brachten die Tagungsteilnehmer in einer Gedenkminute zum
Ausdruck. Vertreten waren Teilnehmer aus Argentinien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Estland, Finnland,
Frankreich, Großbritannien, Irland, Japan, Kanada, Litauen, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen,
Rumänien, Schweden, Serbien, Slowenien, Ungarn und aus den USA. Für die musikalische Umrahmung der feierlichen
Konferenzeröffnung sorgte die Gardemusik des Österreichischen Bundesheeres.
Inhaltlich konzentrieren sich die Konferenzteilnehmer unter der Verhandlungsführung des Amtsführenden
Vorsitzenden der Österreichischen Parlamentarischen Bundesheerkommission, Anton Gaal,
auf die Rolle der Ombudseinrichtungen beim Schutz der Menschenrechte von Soldatinnen und Soldaten im Frieden sowie
im Einsatz und auf deren Betreuung nach Ende eines Einsatzes. Mehr als 20 Staaten sind bei der für zwei Tage
anberaumten Konferenz vertreten. Ziel der Beratungen ist die Verabschiedung eines "Wiener Memorandums"
für eine erfolgreiche länderübergreifende Zusammenarbeit der Ombudsinstitutionen im Interesse und
zum Wohle von Soldatinnen und Soldaten.
Die Präsidentin des Nationalrats, Barbara Prammer, dankte im Rahmen ihrer Begrüßungsworte der Parlamentarischen
Bundesheerkommission für die engagierte Arbeit, die diese als ein Prüforgan des Parlaments seit mehr
als 50 Jahren leiste, Probleme von SoldatInnen löse und dabei sehr viel soziale und menschliche Kompetenz
zur Geltung bringe. Die Kommission genieße hohe Wertschätzung bei den SoldatInnen, sagte Prammer, insbesondere
auch bei jenen im Auslandseinsatz. Die Präsidentin sagte der Kommission ihre Unterstützung auch für
die Zukunft zu und berichtete mit Freude über eine Neuerung im Zuge der jüngsten Geschäftsordnungsreform
des Nationalrates, die es dem Vorsitzenden der Bundesheerkommission künftig möglich mache, in Sitzungen
des Landesverteidigungsausschusses das Wort zu ergreifen.
Auf die Tagesordnung der Konferenz eingehend sprach Prammer von wichtigen und spannenden Themen und begrüßte
es, dass die Einhaltung der Menschenrechte im militärischen Einsatz einmal nicht nur anlassbezogen, sondern
generell und auf internationaler Ebene diskutiert werde. Die Präsidentin betonte auch das Recht von Soldaten
und Soldatinnen auf freie Meinungsäußerung und plädierte nachdrücklich dafür, SoldatInnen
nach ihrer Rückkehr von Einsätzen professionell zu betreuen. Für wichtig hielt es Prammer auch,
sich um Familienangehörige zu kümmern, die oft unter Sorgen und Ängsten leiden, wenn die Männer
- und zunehmend auch Frauen - zu oft schwierigen Einsätzen in das Ausland entsandt werden.
Bundeskanzler Werner Faymann zitierte eingangs seiner Ausführungen den ehemaligen US-Präsidenten John
F. Kennedy mit dem Satz: "Der Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles andere nichts". Der
Bundeskanzler würdigte die Arbeit und den Beitrag, den die Streitkräfte zur Erhaltung des Friedens leisten
und bekannte sich nachdrücklich dazu, die internationale Zusammenarbeit der Streitkräfte zu unterstützen.
Die Vielfalt der Aufgaben, die die Angehörigen von Streitkräften erfüllten, erfordere eine hochqualifizierte
Ausbildung, fügte Werner Faymann hinzu und zeigte sich stolz auf die österreichischen Soldaten, die seit
mehr als 50 Jahren an internationalen Friedensmissionen teilnehmen. Ein wichtiger Teil der internationalen Zusammenarbeit
der Streitkräfte betrifft den Schutz der Rechte der SoldatInnen, unterstrich der Bundeskanzler und wünschte
den Teilnehmern der Konferenz bei ihren Beratungen viel Erfolg.
Anton Gaal erläuterte den Konferenzteilnehmern in seiner Begrüßungsansprache die Arbeit der parlamentarischen
Bundesheerkommission, die alljährlich rund 500 Beschwerdefälle behandle, mehrere tausend telefonische
und schriftliche Anfragen beantworte und sich bei Besuchen in Kasernen sowie bei den SoldatInnen im Auslandseinsatz
selbst ein Bild mache und sich um die Sorgen der SoldatInnen kümmere.
Aus den Händen von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und von Bundeskanzler Werner Faymann erhielt
sodann der Wehrbeauftrage des Deutschen Bundestags, Reinhold Robbe, das Große goldene Ehrenzeichen für
Verdienste um die Republik Österreich. Vorsitzender Anton Gaal würdigte die Leistungen des Ausgezeichneten
im Rahmen der guten Kooperation beim Erfahrungsaustausch zwischen Österreich und Deutschland, insbesondere
auch auf dem Gebiet der Weiterentwicklung des Grundwehrdienstes.
Der Direktor von DCAF, Botschafter Theodor Winkler, ging auf die Arbeit seiner Organisation ein, die sich mit der
Analyse der Menschenrechtssituation von SoldatInnen befasse und Konzepte, Studien und Handbücher ausarbeite
sowie Bemühungen unterstütze, die auf die Förderung und den Schutz der Menschenrechte in Streitkräften
gerichtet seien. Diese Tätigkeit stehe in Übereinstimmung mit Programmen der Vereinten Nationen und entspreche
den Zielsetzungen der "Good Governance". Die Arbeit von DCAF diene den Menschenrechten, aber auch der
Verbesserung des öffentlichen Ansehens und der demokratischen Akzeptanz der Streitkräfte, sagte Theodor
Winkler.
Vorsitzender Anton Gaal und DCAF-Direktor Theodor Winkler erläuterten das umfangreiche Programm der Tagung,
in dessen Mittelpunkt Vorträge von Experten und deren Diskussion stehen.
Das Programm der Konferenz
Für den Nachmittag waren Referate über die Menschenrechte von Soldaten und deren Recht auf freie
Meinungsäußerung vorgesehen. Dann wird es um Fragen rund um Geschlecht, sexuelle Ausrichtung, ethnische
Zugehörigkeit und Religion der Soldaten gehen sowie die Rolle der Ombudseinrichtungen beim Schutz der Menschenrechte
von SoldatInnen beleuchtet.
Am 27.04. werden die Konferenzteilnehmer ihre Aufmerksamkeit auf die Unterstützung und Betreuung der Familien
von SoldatInnen, auf die Situation der VeteranInnen sowie auf die Behandlung posttraumatischer Belastungssyndrome
lenken. Für morgen Abend plant die 2. Internationalen Konferenz der für die Streitkräfte zuständigen
Ombudsinstitutionen ein "Wiener Memorandum" zur weiteren Vorgangsweise zu verabschieden. |