Öffnung des Arbeitsmarktes / Übergangsfristen  

erstellt am
23  04. 10

Hundstorfer: FPÖ-Forderung ist Vertragsbruch
Österreichische Wirtschaft profitiert massiv von EU-Ost-Erweiterung
Wien (sk) - Die Forderung der FPÖ nach einer Verlängerung der Übergangsfristen zur Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für neue EU-Mitgliedsstaaten bezeichnete Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 22.04. im Nationalrat als "Vertragsbruch". "Mit einem Vertragsbruch, so wie von der FPÖ vorgeschlagen, würde sich Österreich wirtschaftlich und politisch schweren Schaden zufügen", betonte der Sozialminister. Wirtschaftlich, weil Österreich und alle österreichischen Bürger von den engen Kontakten zu unseren Partnern in der ganzen Welt profitieren würden. Und politisch, weil niemand mehr Österreich als Vertragspartner ernst nehmen würde, so Hundstorfer. Faktum sei, dass die österreichische Wirtschaft am meisten von der EU-Ost-Erweiterung profitiert habe, unsere Handelsbilanz ist positiv. Weiters arbeiten derzeit 250.000 Österreicher erfolgreich im Ausland. Außerdem haben Fachkräfte aus dem Ausland maßgeblich zu Überwindung der Wirtschaftskrise beigetragen, bekräftigte der Sozialminister. "Wir müssen uns vor Augen führen, dass Österreich ein Teil der Europäischen Unon ist und sich in den Vertragsverhandlungen zu den Vertragsklauseln bekannt hat", so Hundstorfer, der die FPÖ an ihre Regierungstätigkeit im Jahr 2004 und die Zustimmung zum Vertrag des 1. Mai 2004 zur EU-Ost-Erweiterung erinnerte. Der Sozialminister stellte klar, dass er jener Minister war, der für die Ausdehnung der Übergansfristen bis zum Maximum sorgte. Außerdem haben die Sozialdemokratie, der Koalitionspartner und die Sozialpartner dafür gesorgt, die Lücken für Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen. "Die FPÖ hat sich in den sieben Jahren Regierungsbeteiligung nie um Lohn- und Sozialdumping gekümmert. Jetzt zwei Minuten vor zwölf führt die FPÖ ein billiges Theater auf", entgegnete Hundstorfer den Vorwürfen der blauen Parlamentspartei.

Lernend aus Vergangenheit, Zukunft gestalten
In Zukunft gelte es verstärkt zu kontrollieren, ob die österreichischen Rechtsnormen eingehalten werden, so der Sozialminister, der im Fall von Lohn- und Sozialdumping mit ordentlichen Verwaltungsstrafen bei Nichteinhaltung, aber auch bei erheblicher Unterentlohnung, droht. Des Weiteren stellte Hundstorfer klar, dass das Tourismuskontingent unter FPÖ Regierungsbeteiligung massiv ausgeweitet wurde und unter ihm wieder reduziert werden musste. Die FPÖ habe sich nicht um die österreichischen Arbeitnehmer gekümmert. Die SPÖ habe die Auftraggeberhaftung am Bau eingeführt, wodurch der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen ein Riegel vorgeschoben wurde. Unter der FPÖ seien auch ausländische Erntehelfer von der Pensionsversicherung ausgenommen worden, so Hundstorfer, der bereits eine Novelle in der Schublade hat, um dieses gesetzlich verordnete Sozialdumping wieder zurückzunehmen. "Lernend aus der Vergangenheit, müssen wir die Zukunft gestalten", schloss Hundstorfer.

 

 Wöginger: Für Vertragsbruch ist die Volkspartei nicht zu haben
Dringlicher Antrag der FPÖ ist billige Parteipolitik vor burgenländischer Landtagswahl
Wien (övp-pk) - Für Vertragsbruch ist die Österreichische Volkspartei nicht zu haben. Österreich ist Mitgliedsstaat der EU und wir bekennen uns zu dieser Klausel, die wir mit anderen EU-Ländern ausgemacht haben. Das sagte ÖVP-Sozialsprecher Abg. August Wöginger am 22.04. anlässlich der Debatte über den Dringlichen Antrag der FPÖ betreffend Verlängerung der Übergangsfristen zur Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für neue EU-Mitgliedsstaaten.

Österreich habe hinsichtlich der Übergangsfristen das Maximum ausgeschöpft. "Eine Nichteinhaltung kurz vor Ablauf wird es mit uns nicht geben. Österreich würde sich lächerlich machen, wenn es dem Vorschlag der FPÖ nachkäme. Hören Sie doch auf, die Ausländer für alles - auch am Arbeitsmarkt - verantwortlich zu machen!", so Wöginger zur FPÖ.

"Die Regierung hat mit den Konjunkturpaketen die notwendigen und richtigen Maßnahmen gesetzt. Wir haben mit fünf Prozent die zweitniedrigste Arbeitslosenquote hinter Holland. Wir haben um 18.000 Beschäftigte mehr. Uns geht es darum, die Menschen in Beschäftigung zu bringen bzw. zu halten, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Wir haben andere Herausforderungen zu lösen, als mit anderen EU-Staaten einen Vertragsbruch zu begehen."

"Die Erwerbstätigkeit ist seit 1975 um über 35 Prozent gestiegen, die Bevölkerung hingegen nur um zehn Prozent gewachsen. Das heißt, wir haben auch viele zusätzliche Arbeitnehmer gebraucht, auch aus unseren Nachbarländern." Wöginger erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass man 2007 und 2008 noch hier im Parlament diskutiert habe, Arbeitskräfte hereinzulassen, beispielsweise im Gesundheits- und Krankenpflegebereich oder im Tourismus.

Den Grund für den Dringlichen Antrag sieht Wöginger in der burgenländischen Landtagwahl. "Hören Sie doch auf, billige Parteipolitik vor einer Landtagswahl zu betreiben, sondern setzen Sie sich mit den Daten und Fakten auseinander!" Dass Wahlkampf herrsche, sehe man schon daran, dass heute der burgenländische FPÖ-Abg. Ing. Norbert Hofer und nicht Heinz-Christian Strache bei einem Ausländerthema am Rednerpult stand.

"Wir müssen unsere Arbeitsmarktpolitik weiter entwickeln und der Zeit anpassen, statt uns abzuschotten und Verträge zu brechen", schloss Wöginger.

 

Neubauer: Voreilige Öffnung des Arbeitsmarktes in der EU bringt Österreich vermehrte Armut!
Die EU hat das Jahr 2010 zur Bekämpfung der Armut in Europa ausgerufen.
"Wenn der rote Gewerkschafter Rudi Kaske den Zustrom von 25.000 Arbeitnehmern aus dem Ausland mit dem Fall der Arbeitsmarktschutzbestimmungen am 1.Mai 2011 begrüßt, dann sollte er seine Funktion und sich selbst eindringlich hinterfragen", stellte der freiheitliche NAbg. Werner Neubauer fest. Die Wirtschaftskrise hat zu erhöhter Armut in Österreich geführt. Die vorzeitige Öffnung des Arbeitsmarktes wird die Arbeitslosigkeit erhöhen und damit die Armut weiter vorantreiben. Es kann kein Einkommen ohne Arbeit geben. Die EU hat das Jahr 2010 zur Bekämpfung der Armut in Europa ausgerufen.

"Wirtschaftlicher Wohlstand und finanzielle Lasten müssen deshalb gerecht unter allen Bürgern verteilt werden, das muss als Solidarität und Leitgrundsatz Eingang in die Debatte finden", sagte Neubauer. "Neiddebatten und Klassenkampf haben in Österreich keinen Platz!", so Neubauer weiter. Bereits jetzt leben in Österreich 12% der Bevölkerung, also mehr als 900.000 Menschen an der Armutsgrenze, das heißt, sie müssen mit einem Einkommen von 10,635 Euro im Jahr das Auslangen finden. "Das führt wiederum zu einer erweiterten Einkommensschere, nur Estland hat in der EU eine größere Einkommensschere als Österreich. In Oberösterreich beträgt diese Einkommensschere gar 40% . Die uneingeschränkte Öffnung des Arbeitsmarktes birgt daher ein enormes Gefährdungspotential für den österreichischen Arbeitsmarkt", sagte Neubauer und forderte den Aussenminister und den zuständigen Sozialminister auf, in Brüssel entsprechende Gespräche für eine Verlängerung der Frist zur Öffnung des Arbeitsmarktes zu führen.

 

Dolinschek: Brauchen Green-Card-Modell
Speziell das Bau- und Baunebengewerbe könnte massiv betroffen sein, wenn Österreich nicht auf das Auslaufen der Übergangsbestimmungen vorbereitet sei
Wien (bzö) - "Wir müssen rechtzeitig Vorsorge treffen, es ist nur noch ein Jahr Zeit", warnte BZÖ-Arbeitnehmersprecher Abg. Sigisbert Dolinschek im Zuge einer Dringlichen Anfrage zum Thema Übergangsbestimmungen. Bei Arbeitslosenquoten in unseren östlichen Nachbarländern, die um das zwei- bis dreifache höher sind als in Österreich, seien sonst die Arbeitsplätze für Österreicher massiv gefährdet. Deshalb verlangte Dolinschek ein Green-Card-Modell nach kanadischem Vorbild.

Speziell das Bau- und Baunebengewerbe könnte massiv betroffen sein, wenn Österreich nicht auf das Auslaufen der Übergangsbestimmungen vorbereitet sei. Besonders Grenzgänger, die im österreichischen Grenzgebiet arbeiten, aber in ihrer Heimat weniger für den Lebensunterhalt zahlen müssen, könnten ein massives Lohndumping auslösen. "Wir brauchen rechtzeitig Maßnahmen gegen Sozial- und Lohndumping", forderte Dolinschek. Statt in Österreich die Mindeststandards zu senken, sollten sie in den Nachbarländern erst angehoben werden.

Dolinschek erinnerte aber, dass bestimmte Branchen durchaus auch den Zuzug von Menschen brauche, "die arbeitswillig sind und in Österreich ihre Abgaben entrichten." Für diese Gruppe sei das BZÖ-Green-Card-Modell, bei dem der Zuzug nach Bedarf gesteuert werden kann, der richtige Weg, sagte der BZÖ-Arbeitnehmersprecher.

 

 Schatz: "Verlängerung der Übergangsfristen ist Scheuklappenpolitik"
Maßnahmenpaket gegen Lohn- und Sozialdumping längst überfällig
Wien (grüne) - "Die Verlängerung der Übergangsfristen ist quasi unmöglich und die Forderung danach ist ein simples Täuschungsmanöver der FPÖ. Was wir dringend brauchen ist ein Maßnahmenpaket gegen Lohn- und Sozialdumping," erklärt Birgit Schatz, ArbeitnehmerInnensprecherin der Grünen. Denn klar sei, dass trotz Übergangsfristen jährlich tausende Menschen aus mittel- und osteuropäischen Staaten, um hier meist unter wesentlich schlechteren Bedingungen als in Österreich üblich zu arbeiten. Auf Zuruf der Wirtschaftskammer, der IV und der ÖVP wurden zahlreiche Ausnahmeregelungen zur Umgehung der Übergangsfristen geschaffen: So haben sich etwa die Saisonierskontingente im Tourismus seit 2000 von 5.965 auf 13.105 (2008) mehr als verdoppelt, Praktikanten- und GrenzgängerInnenabkommen wurden abgeschlossen und die selbstständige Pflegetätigkeit legalisiert, die eigentlich allen Kriterien einer unselbstständigen Beschäftigung entspricht. Darüber hinaus arbeiten immer Im Baugewerbe und in der Zeitungs-, Werbe- und Paketzustellungen arbeiten immer mehr Menschen aus Mittel- und Osteuropa aufgrund der Übergangsfristen unter scheinselbstständigen Arbeitsverhältnissen.

"Diese Entwicklung führt zu einer Aushöhlung des österreichische Arbeits- und Sozialrechtes und einem massiven Entgang an Steuergeldern und Sozialversicherungsbeiträgen. Auch Löhne und Arbeitsbedingungen ganzer Branchen kamen durch die Übergangsfristen unter Druck", so Birgit Schatz.

Enttäuscht zeigt sich die ArbeitnehmerInnensprecherin von BM Hundstorfer und meint dazu: "Der Herr Bundesminister spricht immerzu von seinem offensiven Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping - aber was passiert? Es gibt die Generalunternehmerhaftung und die frühzeitige Meldepflicht. Beide Maßnahmen wirken hauptsächlich am Bau, wo die Gewerkschaft noch stark organisiert ist. Aber was ist im Bereich Dienstleistungen? Da fehlen Maßnahmen nach wie vor."

Wichtig sei es ebenfalls auf europäischer Ebene Verbesserungen zu erwirken. "Es wäre dringend notwendig in allen Ländern der Union einen gesetzlichen Mindestlohn zu etablieren, jeweils orientiert am nationalen Einkommensniveau. Ich hoffe, BM Hundstorfer setzt sich in Brüssel dafür ein," erklärt Schatz abschließend.

 

 Achitz: Sozialpartner kontrollieren, dass Kollektivverträge auch für Ausländer gelten
Gesetz gegen unlauteren Lohn-Wettbewerb durch Unternehmer aus dem EU-Ausland in Ausarbeitung
Wien (ögb) - Noch ein Jahr lang gelten die Übergangsfristen zum Schutz des österreichischen Arbeitsmarktes. "Diese Zeit wird von den Sozialpartnern intensiv genutzt, um die Umsetzung von Maßnahmen wie der Generalunternehmerhaftung zu kontrollieren. Und vor allem im Grenzland zu den betroffenen EU-Ländern haben wir ein Auge darauf, dass gültige Kollektivverträge, Mindestlöhne und Arbeitsbedingungen auch eingehalten werden, damit es nicht zu Lohn- und Sozialdumping kommt", sagt Bernhard Achitz, Leitender ÖGB-Sekretär.

Um das Schwarzunternehmertum und damit die Abgabenhinterziehung und Lohndumping durch Arbeitgeber auszuschließen, ist auch ein Gesetz in Ausarbeitung. Auch Unternehmern aus dem Ausland wird es nur möglich sein, ArbeitnehmerInnen nach österreichischen Kollektivverträgen und zu österreichischen Löhnen zu beschäftigen, auch wenn sie diese Beschäftigten aus dem EU-Ausland mitbringen. "Dem unlauteren Wettbewerb durch Billigarbeitskräfte wird so ein Riegel vorgeschoben", sagt Achitz. Gegen Unternehmen, die ihre Beschäftigten um den Lohn und die soziale Absicherung prellen, wird es finanziell spürbare Sanktionen geben. Und die Beschäftigten, die davon betroffen sind, werden leichter zu ihren Ansprüchen kommen, als dies bisher der Fall ist.

Interregionale Gewerkschaftsräte wichtiges Mittel gegen Lohn- und Sozialdumping
Dem Kampf für die Einhaltung der geltenden Löhne und Arbeitsbedingungen kommt gerade bei vollständiger Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen höchste Priorität zu. Am besten lassen sich Lohn- und Sozialdumping verhindern, wenn man effizient dafür sorgt, dass die Menschen, die jenseits der Grenzen arbeiten, nicht zu Arbeitskräften zweiter Klasse werden. Achitz: "Wir setzen auf Aufklärung. Interregionale Gewerkschaftsräte, kurz IGR, informieren die ArbeitnehmerInnen grenzüberschreitend und mehrsprachig." IGR gibt es zum Beispiel für Oberösterreich-Südböhmen, Burgenland-Westungarn und Kärnten-Slowenien.
 
zurück