LR Theiner: "Wir brauchen dringend Pflegefamilien"   

erstellt am
21  04. 10

Bozen (lpa) - Pflegefamilien bieten Kindern in Notlagen ein stabiles und liebevolles Umfeld, bis sie in ihre eigene Familie zurückkehren können. Um mehr Pflegefamilien zu finden, setzt die Landesabteilung Familie und Sozialwesen nun auf verstärkte Information; Landesrat Richard Theiner, Amtsdirektor Eugenio Bizzotto, eine Pflegemutter und eine Sozialarbeiterin haben die Informationskampagne am 21.04. vorgestellt.

Pflegefamilien gesucht: (von re.) LR Richard Theiner, Amtsdirektor Eugenio Bizzotto, Pflegemutter Natascia Sartena Malerba, Sozialassistentin Claudia PraderPflegefamilien gesucht: (von re.) LR Richard Theiner, Amtsdirektor Eugenio Bizzotto, Pflegemutter Natascia Sartena Malerba, Sozialassistentin Claudia Prader

"140 Pflegefamilien haben derzeit Kinder aufgenommen, wir brauchen dringend mehr", brachte Landesrat Richard Theiner das Anliegen der Pressekonferenz auf den Punkt. "Die Erfahrungen der letzten Jahre", führte er weiter aus, "haben gezeigt, dass es immer schwieriger wird, geeignete Pflegefamilien zu gewinnen." Ursache dafür sei, "dass die familiäre Anvertrauung und die damit verbundenen Aufgaben und Verpflichtungen mit großen Ängsten, Vorurteilen, aber auch Unsicherheiten behaftet sind." Familien, die Pflegekinder aufnehmen, müssen Verständnis, Einfühlungsvermögen und Belastbarkeit aufbringen; ohne den anspruchsvollen, vielfältigen, ganz persönlichen und täglichen Einsatz der Pflegefamilien würde es die familiäre Anvertrauung gar nicht geben, unterstrich der Landesrat. Man wolle nun die familiäre Anvertrauung in Südtirol besser bekannt machen, um weitere Familien anzusprechen, die sich dieser wertvollen Aufgabe stellen wollen. Stellvertretend für die gesamte Landesregierung brachte Landesrat Theiner auch seinen Dank für die Pflegefamilien zum Ausdruck: "Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft."

Nach einem Gesetz aus dem Jahr 2001 haben die Minderjährigen das Recht, in der eigenen Familie aufzuwachsen, führte Amtsleiter Eugenio Bizzozz aus. Manche Eltern können aufgrund einer sozialen Notlage oder einer besonders schwierigen und problematischen Situation (Alkohol, Gewalt, psychische Probleme) ihren Betreuungs- und Erziehungspflichten vorübergehend nicht mehr nachkommen. Die familiäre Anvertrauung der Minderjährigen an eine Pflegefamilie kann für diese Eltern eine Chance sein, die schwierigen Lebensumstände zu bewältigen, sodass das Kind in die eigene Familie zurückkehren kann. Es ist gesetzlich geregelt, dass die Anvertrauung nicht länger als zwei Jahre andauern sollte.

Laut letzter statistischer Erhebung zur familiären Anvertrauung in Südtirol waren im Jahr 2008 insgesamt 332 Minderjährige einer Pflegefamilie anvertraut. Davon haben sich 171 (51,5 Prozent) Minderjährige in vollzeitiger und 161 (48,49 Prozent) Minderjährige in teilzeitiger Anvertrauung befunden. Der Hauptanteil der anvertrauten Pflegekinder war im Alter von 6 bis 10 Jahren (37,05 Prozent). Im Jahr 2008 hat es insgesamt 141 aktive Pflegefamilien gegeben. Dabei handelt es sich vor allem um Familien mit eigenen Kindern (65,2 Prozent).

Natascia Sartena Malerba nimmt seit 15 Jahren Pflegekinder in ihrer Familie auf: Sie sei weder verrückt noch heilig, wie sie von einigen bezeichnet würde, vielmehr betrachte sie sich als eine liebende Mutter, deren Anliegen es sei, traumatisierten Kindern wieder das Vertrauen in die Erwachsenen zurückzugeben. Sie habe nicht nur gegeben, sondern von den ihr anvertrauten Kindern auch viel zurückbekommen, in schwierigen Phasen sei sie von den Sozialdiensten unterstützt und begleitet worden. Stellvertretend für die Sozialassistentinnen berichtete Claudia Prader von der Bezirksgemeinschaft Eisacktal von ihren Erfahrungen. Die Vorbereitung, Begleitung und Unterstützung der Pflegefamilien erfolgt in Zusammenarbeit mit anderen Diensten, wie etwa dem psychologischen Dienst, dem Dienst für Abhängigkeitserkrankungen oder dem Zentrum für psychische Gesundheit und wird in den verschiedenen Bezirken unterschiedlich gehandhabt. Der Sozialdienst ist für die Erstellung des Anvertrauungsprojektes zuständig, welches die Aufgaben, die Pflichten, die Zusammenarbeit der beteiligten Personen sowie die Kontakte des Kindes zur eigenen Familie beinhaltet. Das Ziel eines jeden Anvertrauungsprojektes ist die Rückführung des Kindes in die Herkunfstfamilie, wie es auch das Gesetz vorsieht.

Der Landessozialplan 2007-2009 sowie der Kinder- und Jugendhilfebereichsplan sehen in ihren Zielsetzungen die Stärkung der Pflegefamilien als wichtige soziale Ressource vor. Die jetzt erschienene Informationsbroschüre der Abteilung Familie und Sozialwesen (PDF-Dokument im Anhang), die vom Amt für Familie, Frau und Jugend in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der Sozialdienste ausgearbeitet wurde, ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Das Hauptziel dieser Broschüre besteht darin, derzeitigen und zukünftigen Pflegefamilien möglichst klare Informationen zum Thema der familiären Anvertrauung zu geben, aber vor allem auch weitere engagierte Pflegefamilien zu gewinnen.

Weiterreichende Informationen sind im Landesamt für Familie, Frau und Jugend erhältlich. Die deutsch- und italienischsprachige Ausgabe der Informationsbroschüre wird demnächst auch auf der Homepage der Abteilung Familie und Sozialwesen unter http://www.provinz.bz.it/sozialwesen/ abrufbar sein.
     
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