Kohout: Benes-Dekrete kein Thema für tschechische Politiker   

erstellt am
28  04. 10

"Wir schauen mehr in die Zukunft" - Spindelegger: Österreich für Freizügigkeit der Arbeitskräfte nach 1. Mai 2011 gut vorbereitet
Prag (bmeia/apa) - Tschechien sieht laut seinem Außenminister Jan Kohout keinen Grund, über die Benes-Dekrete, aufgrund derer die Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben worden waren, auf der politischen Ebene zu reden. Dies sei ein Thema für die Historiker, betonte Kohout am 27.04. auf einer Pressekonferenz mit Außenminister Michael Spindelegger in Prag.

"Die Haltung der Tschechischen Republik ist immer dieselbe: offensichtlich und eindeutig. Die Tschechische Republik sieht keinen Grund, die Fragen der Vergangenheit auf politischer Ebene zu besprechen", betonte Kohout. Er fügte hinzu, es gebe eine ganze Reihe von Debatten unter Historikern zu diesem Thema. "Die (Historiker) sollten sich damit befassen, nicht die Politiker. Wir akzentuieren dieses Thema auf keine Weise. Wir schauen mehr in die Zukunft", so der tschechische Außenminister.

Kohout reagierte damit auf eine Journalistenfrage hinsichtlich der kürzlichen Aussage von Bundespräsident Heinz Fischer, wonach die Benes-Dekrete ein "schweres Unrecht" gewesen seien. In diesem Zusammenhang hob Kohout auch hervor, dass es von tschechischer Seite "keine unangemessene Reaktion" auf die Worte Fischers gegeben habe.

Zum Thema Atomkraft und des südböhmischen Atomkraftwerkes Temelin sagte Kohout, die Beunruhigung, die es auf verschiedenen Seiten gegeben habe, habe sich beruhigt. All jene Mechanismen, die in Gang gesetzt worden seien, erfüllten sich und fungierten zur Zufriedenheit von beiden Seiten.

Es ist sonst laut Kohout "kein Geheimnis", dass in Tschechien "wahrscheinlich" weitere Atomreaktoren aufgebaut würden. "Alles, was wir in der Tschechischen Republik im Bereich der Atomenergie machen werden, werden wir auf eine transparente Weise für unsere österreichischen Freunde machen", versicherte der tschechische Minister.

Kommunikation, Informationen und gegenseitige Treffen seien immer wichtig. Deswegen sei es sehr bedeutsam, dass das nächste Treffen der Außenminister Tschechiens und Österreichs ausgerechnet in Oberösterreich stattfinden werde, so Kohout.

Spindelegger antwortete auf eine Frage hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern, die im Falle des österreichschen Arbeitsmarktes bis 2011 beschränkt ist. Der Minister schloss aus, dass diese Übergangsfrist verlängert werden könnte. "Aus meiner Sicht wird mit dem 1. Mai nächsten Jahres die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Kraft treten. Da gibt es auch nichts daran zu ändern. Ich glaube, dass wir darauf gut vorbereitet sind", so Spidelegger.

Mittlerweile sei das Lohnniveau auch in der Tschechischen Republik ganz anders, wenn auch vielleicht noch nicht auf dem Niveau von Österreich. "Aber ich erwarte hier keine Probleme", sagte Spindelegger in Anspielung auf die Forderung der FPÖ, die Übergangsfrist über das Jahr 2011 hinaus zu verlängern.

Zum Thema der geplanten Autobahnverbindung zwischen Brünn und Wien gestand Kohout ein, dass Tschechien in diesem Jahr kein Geld im Budget dafür habe und das Budget 2011 noch nicht in Vorbereitung sei. Er wolle sich aber dafür einsetzen, dass das "sehr wichtige Projekt" doch verwirklicht werde.

Kohout und Spindelegger würdigten sonst die Beziehungen zwischen ihren Ländern als sehr gut. "Ich glaube, dass die Beziehungen zwischen der Tschechischen Republik und Österreich noch nie so gut waren wie heute", meinte Spindelegger.
 
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