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Glanzstücke |
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Meisterwerke der Goldschmiedekunst aus der Sammlung
Thyssen-Bornemisza in der Alten Galerie, Schloss Eggenberg von 07.05.-31.10.2010 Eggenberg (joanneum) - "Wiewol der Mensch durch Gottessegn / Mangfaltig Reichthum bringt zuwegn / So übertrifft doch alls zumal / Das auss der Erden hat sein qual." - So lautet die Inschrift auf einem prunkvollen, reich geschmückten Silberpokal, der 1626 für den Nürnberger Patrizier Andreas Imhoff bei einem der ersten Meister der Zunft, Hans Pezolt, in Auftrag gegeben worden war. Europa stand mitten im Dreißigjährigen Krieg, und auch in der Freien Reichsstadt Nürnberg war man sich nur zu sehr dessen bewusst, dass aller Glanz und Reichtum vergänglich war und zudem hart erarbeitet werden musste. Besonders galt dies für die Silbergewinnung, die Quelle für Imhoffs Wohlstand. Auch lag hier die Ursache für den sagenhaften Reichtum der Fugger, deren Aufstieg einem anderen süddeutschen Kunstzentrum zu Blüte und Ansehen verhelfen sollte: Augsburg. Gerade auf dem Gebiet der Goldschmiedekunst genossen beide Metropolen im 16. und 17. Jahrhundert einen gleichermaßen legendären Ruf. Dem sprichwörtlichen Sinn für Raffinesse, dem "Nürnberger Witz", entsprach die "Augsburger Pracht". Das Auge sieht sich nimmer satt: Bis in den späten Barock hinein sollte ein nicht versiegender Strom Augsburger Silberwaren die Schaulust ganz Europas befriedigen. Seit jeher war das Handwerk die hohe Schule der Kunst, und die Goldschmiedekunst eignete sich wie kaum ein anderes Gewerbe für die Heranbildung grundlegender Fertigkeiten wie äußerste Präzision und gewissenhafter Umgang mit kostbaren Materialien. Nicht umsonst haben große Künstler wie Albrecht Dürer hier ihre Laufbahn begonnen. Die Goldschmiede bildeten eine Elite unter den Zünften, und ihre schöpferischen Fähigkeiten luden dazu ein, in Analogie zum Weltenschöpfer gesehen zu werden, galt doch Gott als erster Handwerker schlechthin: Deus artifex. All diese wie Wunder bestaunten Kunstwerke, die hochgestellten Gästen als Geschenk oder Brautleuten als Hochzeitsgabe überreicht wurden, dienten weniger praktischen Zwecken, obwohl gerade in dieser trinkfreudigen Zeit der Bedarf an Gefäßen wie Pokalen und Humpen enorm war. Aber weitaus wichtiger waren Repräsentation und Befriedigung der Augenlust: Im humanistischen Bildungspanorama nahm der Sehsinn, visus, den vornehmsten Platz unter den fünf Sinnen ein. So wurden nicht reine Gebrauchsgegenstände gefertigt, sondern Kunstwerke höchster Vollendung geschaffen, kostbare Schaustücke, mit denen ein buchstäblich glänzendes Kapitel europäischer Sammelkultur aufgeschlagen wurde. Hatte im Mittelalter die Goldschmiedekunst vor allem liturgisches Gerät und Reliquiare zum Ruhme Gottes und der Kirche geliefert, sollte sie nunmehr in den Dienst einer neuen Sammelkultur treten, die Fürsten und Patrizier überall ergriff und die Keimzelle des modernen Museumswesens sein sollte. Immer wieder verbanden die Goldschmiede jener Epoche die Freude am reichen Ornament mit raffinierter handwerklicher Technik. Mit besonderer Lust wurden Exotisches und Skurriles miteinander verbunden, wovon die so beliebten Muschelpokale oder die noch kostbareren Bergkristallgefäße zeugen. Zu den Launen der Natur, naturalia, gesellten sich die Erzeugnisse höchster menschlicher Kunstfertigkeit, artificialia. In ihnen spiegelte sich aus der Sicht der Zeit die Größe der Schöpfung bzw. die Vielfalt des Universums. Dieser Idee waren jene überbordend reichen "Kunstkammern" verpflichtet, wie sie an den Höfen in Prag, Wien, Dresden und München systematisch angelegt wurden. Von dieser wahrhaft universalen Ambition sollen 33 Positionen aus der Sammlung Thyssen- Bornemisza zeugen, die die Alte Galerie am Universalmuseum Joanneum im Rahmen der Sonderausstellung Glanzstücke in Schloss Eggenberg zeigt. Die Lust am Trinken, wie sie schon die Zeit beklagte, demonstrieren Humpen mit reichem Münzschmuck, aber auch mit mythologischen bzw. historischen Darstellungen, womit der Goldschmied gleich dem Bildhauer in Wettbewerb mit der Malerei tritt. Schon die Antike liebte jene Szenen, die von Sinneslust und Weingenuss handelten, weshalb ein "Bartmannskrug" im Zentrum einer Präsentation von insgesamt 10 Trinkgefäßen steht und die Züge des ebenso weisen wie weinseligen Silen vergegenwärtigt. Es folgt eine Parade reich dekorierter Pokale, die Einblick in die Typenvielfalt dieser Gattung geben soll. Besonderes Augenmerk gilt den Muschelpokalen, aus denen der typisch manieristische Sinn für das Bizarre und Groteske spricht, wie er noch bis weit in den Barock nachwirkt. Diesem Geschmack sind auch die beiden Bergkristallgefäße verpflichtet, zu denen sich ein so genanntes "Trinkspiel" in Form eines Ziegenbocks gesellt. Prächtiger Abschluss ist eine schon durch ihre Größe imponierende Toilettengarnitur, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Augsburg entstand und nicht weniger als 66 Teile enthält. Auch Stücke aus Meißner Porzellan sind darunter, also aus jenem Werkstoff, dem die Zukunft gehören sollte. So präsentiert sich der süddeutsche Spätbarock noch einmal als kleines Universum. |
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Informationen: http://www.museum-joanneum.at/ | ||
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