Beatrix Karl 100 Tage im Amt  

erstellt am
06  05. 10

Karl: Vorwärts in die Top 3
"Meine Ziele für den Wissensstandort Österreich" - Wissenschafts- und Forschungsministerin zieht nach 100 Tagen erste Zwischenbilanz
Wien (övp-pk) - "Die ersten hundert Tage waren nicht immer leicht - die Hochschul- und Forschungspolitik ist kein Sonntagsspaziergang. Aber ich sage Ihnen: Es taugt mir", so Beatrix Karl. Am 26. Jänner wurde sie als Wissenschafts- und Forschungsministerin angelobt. Nach hundert Tagen im neuen Amt zog die Ministerin eine erste Zwischenbilanz und präsentierte bei einer Pressekonferenz ihre Ziele und Schwerpunkte, um den Wissensstandort Österreich weiter auszubauen und "vorwärts in die Top 3" der europäischen Innovationsstandorte zu bringen.

Angeblich gebe es in der Politik hundert Tage Schonfrist - "mir wäre das nicht aufgefallen", so die Ministerin. "Die Herausforderungen liegen seit dem ersten Tag auf dem Tisch: Wir brauchen einen modernen österreichischen Hochschulraum, der den Studierenden jene Qualität bietet, die sie in unserer internationalen Wissensgemeinschaft brauchen." Ihr komme zugute, dass sie aus der Mitte des Universitätslebens komme, "schließlich kenne ich die Uni als Studentin, Assistentin und Professorin. Und gerade weil ich die Universität und ihre Herausforderungen kenne, spreche ich diese offen an."

Ihr Weg sei "der Weg des Dialogs", verwies die Ministerin auf bisherige Gespräche mit der ÖH, Studierenden, Rektoren, Wissenschafter/innen, Forscher/innen sowie die Weiterführung des "Dialogs Hochschulpartnerschaft" und die Bologna-Konferenz, bei der die Studierenden ebenfalls eingebunden waren. "Der Dialog braucht auch klare Positionen und ich bin es gewöhnt, meine Überzeugungen klar und deutlich zu vertreten. Man sollte auch einer Ministerin eine Meinung zugestehen", bekräftigte Karl.

In den vergangenen 100 Tagen drehte sich - vor allem in der Öffentlichkeit - vieles um tagesaktuelle Brennpunkte. "Dafür Lösungen anzubieten, ist Aufgabe der Politik - es ist aber auch Aufgabe der Politik, weiter zu denken. Denn Wissenschaft und Forschung sind entscheidende Zukunftsbereiche - hier geht es um unsere Gesellschaft, um die Jobs der Zukunft und um unseren Wohlstand." Die wertvollste Ressource Österreichs seien "die hellen Köpfe. Nur, wenn wir einen Wissensvorsprung haben, werden wir auch unseren Wirtschaftsvorsprung halten." Ihr Ziel sei es daher, dass Österreich als moderner Hochschul- und Forschungsraum zu den Top 3-Innovationsstandorten Europas aufschließt.

Die Ziele der Ministerin für einen modernen Hochschul- und Forschungsraum

  • mehr Absolventinnen und Absolventen, weniger Drop-Out
  • höhere Qualität
  • mehr Kooperation
  • Ausbau der Fachhochschulen
  • mehr Jobs in der Forschung


Mehr Absolvent/innen, weniger Drop-Out
"Ich werde dafür sorgen, dass 38 Prozent der 30-34-Jährigen bis 2020 einen Hochschulabschluss oder einen vergleichbaren Bildungsabschluss haben. Dort, wo wir den Zugang regulieren, müssen wir bis 2015 die Zahl der Studienabbrecher halbieren", so Beatrix Karl. Notwendige Maßnahmen um dieses Ziel zu erreichen sind aus Sicht der Ministerin die Neugestaltung der Studieneingangsphase sowie die Ausweitung des "Studiencheckers". Diese Beratung bei der Studienwahl soll bis 2014 in allen Bundesländern angeboten werden. Weiters spricht sich die Ministerin für eine "bessere soziale Durchmischung an den Hochschulen" aus. Sie setzt sich für österreichische Modelle der "affirmative Action", etwa Verbesserungen für Studierende aus bildungsfernen Schichten, und verstärkte Nachwuchsförderung (Bsp.: KinderUnis) ein.

Mehr Qualität
Mehr Qualität bedeute für sie "mehr Qualität und bessere Studienbedingungen in der Lehre und auch mehr Qualität und die Förderung von Exzellenz in der Forschung". Dabei könne mehr Qualität in der Lehre nur durch vernünftige Betreuungsverhältnisse an den Universitäten sichergestellt werden. "Mein Ziel ist die drei Mal bessere Verteilung der Studienanfänger", sagte Karl. Derzeit belegen 60 Prozent der Studienanfänger nur zehn Prozent der Fächer, 2015 soll die Verteilung 60 zu 30 sein. Das Motto muss dabei lauten: "MINT statt Masse!" Es brauche mehr Absolventen - und vor allem Absolventinnen - in den Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dafür notwendig seien mehr Information und bessere Beratung, Klarheit beim Hochschulzugang mit fairen Zugangsregelungen zur Entlastung der Massenfächer sowie die verstärkte Förderung von Neigungen und Talenten bereits in der Schule.
Mehr Qualität bedeute aber auch eine bessere Umsetzung des Bologna-Modells bis 2012 in Österreich. Dazu hat die Ministerin bereits im Rahmen der Bologna-Konferenz ihr 10-Punkte-Programm "Bologna reloaded" vorgestellt, an dessen Umsetzung derzeit gearbeitet wird. Weiters betont die Ministerin: "Ich werde für einen Qualitätsschub in der Spitzenforschung sorgen", unterstrich die Ministerin ihr Vorhaben, Exzellenzcluster zu initiieren. "Sie sollen auch Talenteschmiede für den wissenschaftlichen Nachwuchs sein."

Mehr Kooperation
"Im internationalen Wettbewerb, aber auch angesichts der schwierigen budgetären Situation geht es mehr denn je um kreative Lösungen und echte Zusammenarbeit", betonte Beatrix Karl. Ihre Ziele: Mehr Kooperationen in der Lehre, die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur, Steigerung von Effizienz, Einsparung von Doppelgleisigkeiten bei gleichzeitiger Forcierung der individuellen Stärken sowie verstärkte Zusammenarbeit und mehr Durchlässigkeit zwischen Unis und FHs. Bei den Leistungsvereinbarungen mit den Unis setzt sich Karl zum Ziel, die Kooperationen für die nächste Periode ab 2013 zu verdoppeln.

Es gehe aber auch um eine verstärkte Kooperation mit der Wirtschaft. "An unseren Universitäten gibt es exzellentes Wissen und sensationelle Ideen. Diese Ressourcen müssen wir für die Wirtschaft - und damit für die Menschen - stärker nutzbar machen. Neben Lehre und Forschung muss Innovation die dritte Säule der Universitäten werden", sprach sich Karl für Wissenstransferzentren, Wissenspartnerschaften und gemeinsame Forschungsprojekte aus.

Ausbau der Fachhochschulen
"Das Ziel von mehr Absolventinnen und Absolventen gilt selbstverständlich auch für die Fachhochschulen", ging die Ministerin auf den Ausbau der FH-Plätze ein. In einem nächsten Ausbauschritt soll die Zahl der FH-Studienplätze von derzeit 36.000 auf 40.000 im Jahr 2017 erhöht werden. "Bis 2030 sollen 50.000 Österreicherinnen und Österreicher an den Fachhochschulen studieren", so Beatrix Karl.

Mehr Jobs in der Forschung
"Nur mit mehr Forschungsarbeitsplätzen schaffen wir die notwendige Innovationskraft, um im globalen Wettbewerb vorne mitzumischen", so Beatrix Karl zu ihrem Ziel, mehr Jobs in der Forschung zu schaffen. Derzeit arbeiten 57.000 Österreicherinnen und Österreicher im Bereich Forschung und Entwicklung. "Mein Ziel ist es, dass bis 2020 100.000 F&E-Beschäftigte in Österreich arbeiten." Dabei gehe es nicht nur um die Quantität der Arbeitsplätze, sondern vor allem auch um die Qualität.

Eines ihrer zentralen Anliegen sei es auch, neue Karrierewege an den Hochschulen zu ermöglichen - "vor allem für Frauen". Aus Sicht der Ministerin ist es "auch höchste Zeit für die erste weibliche Rektorin an einer öffentlichen österreichischen Universität. Ich erwarte mir, dass dieser Wunsch bei den nächsten Bestellungen berücksichtigt wird."


 

Kuntzl: SPÖ gesprächsbereit, aber kein Dichtmachen der Universitäten
Kuntzl nach Gespräch mit Karl: Statt Beschränkungslawinen mehr Chancen für junge Menschen
Wien (sk) - SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl hat heute, Mittwoch, im Gespräch mit Wissenschaftsministerin Karl in der Frage des Hochschulzugangs zentrale Punkte klargestellt. "Wie bereits gestern von Bildungsministerin Claudia Schmied betont, habe ich heute noch einmal unterstrichen, dass die SPÖ gesprächsbereit ist, wenn es darum geht, den Universitäten zu helfen, dass der Zugang zu den Hochschulen aber frei bleiben muss. Was es mit der SPÖ nicht geben wird, ist ein Dichtmachen der Universitäten. Denn für die SPÖ ist klar: Wir müssen mehr jungen Menschen mehr Chancen geben, statt sie durch Beschränkungslawinen von den Unis fernzuhalten."

Zu der von Ministerin Karl angestrebten Neugestaltung der Studieneingangsphase betonte Kuntzl: "Die SPÖ hat zugesagt, in konstruktive Gespräche einzutreten, in denen die Vorschläge Karls zu bewerten sein werden. Für eine Beurteilung der Karl-Vorschläge ist es jetzt noch zu früh, da diese noch nicht im Detail vorliegen." Außerdem seien die Ergebnisse des Hochschuldialogs abzuwarten. "Nicht vorstellbar" ist es für Kuntzl, dass am Ende der neuen Studieneingangsphase nur eine einzige Prüfung über den Erfolg entscheidet.

 

 Grünewald: Totales Regierungsversagen auf Kosten der Studierenden
Grüne: Vorgehensweise der Regierung ist bildungspolitische Bankrotterklärung
Wien (grüne) - Ein "totales Regierungsversagen in der Universitätspolitik" ortet der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald. "Die Pläne sind ausschließlich defensiv, lassen jede langfristige Vorwärtsstrategie vermissen und kommen einer bildungspolitischen Bankrotterklärung gleich", kommentiert Grünewald die beabsichtigte Reduktion von Studierendenzahlen und fordert die Regierung auf, ihre kurzsichtigen Schnellschüsse einzustellen.

"Jede Woche kommen neue Vorschläge, das einzig Konstante und Verlässliche scheint lediglich die Budgetkürzung im tertiären Bildungssektor und bei der Forschung zu sein", reagiert Grünewald sarkastisch. "Was empfiehlt die Bundesregierung den tausenden Studierwilligen zu tun, die bald vor verschlossenen Türen stehen, welche Pläne gibt es, die Übertrittquoten in den tertiären Bildungsbereich nach der Matura auf das Niveau von Vorbildnationen oder auch nur auf den EU Schnitt zu erhöhen? Vor nur einer Woche sollten noch durch Zulassungsbeschränkungen österreichweit Betreuungsquoten von 40 Studierenden pro ProfessorIn garantiert werden. Auf Nachfrage im Ministerium musste man aber zugeben, über keinerlei Daten über die diversen Betreuungsverhältnisse in den einzelnen Studienrichtungen zu verfügen, was ich für ein Ministerium für peinlich, fahrlässig und skandalös halte" zeigt sich Grünewald verärgert.

"Es geht nicht darum, die Augen vor unzumutbaren Studienbedingungen und mangelnden Ressourcen an Unis und Fachhochschulen zu verschließen und dabei Studierende ihrem Schicksal zu überlassen. Was wir benötigen sind Entwicklungspläne, die die Beseitigung von jahrelangen Defiziten und Versäumnissen zum Ziel haben und einen stufenweisen Ausbau der Studienplätze, begleitet durch eine parallele Ressourcenverbesserung, erlauben. Die bloße Aneinanderreihung von jährlichen Notwehr- und Feuerwehraktionen bestätigt lediglich eine breite Konzeptlosigkeit und bietet Bildungswilligen keine ausreichenden Perspektiven", kritisiert Grünewald.

"Der Hochschuldialog böte die Chance, hier konsensuale Lösungen zu suchen und zu erarbeiten, statt dessen pflegt man die Methode der Zu- und Zwischenrufe und demotiviert und verunsichert die TeilnehmerInnen des Dialogs. Statt die Treffsicherheit der Studienwahl zu erhöhen und den Übertritt zu Unis und Fachhochschulen durch eine Oberstufenreform, den bewussten Einbau von HochschullehrerInnen in den Fachunterricht und durch Schnupperwochen an den Unis und FHS fließender zu gestalten, bleibt man lieber defensiv", hält Grünewald fest.

"Die Grünen fordern endlich Zukunftskonzepte, die Qualität und Studienplätze nicht als prinzipiell unvereinbare Gegensätze sehen und bestehen daher auf die Umsetzung des Finanzierungspfades von zwei Prozent am BIP für den tertiären Bildungssektor bis 2015", so Grünewald abschließend.

 

Neue Studierendenströme machen Steuerung unabdingbar
Rektoren und Präsidenten aus Bayern und Österreich diskutierten in München aktuelle universitätspolitsche Fragen
Wien (uniko) - Auf Einladung der Universität Bayern e.V., der Stimme der bayerischen Universitäten (Vorsitzender: Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske), hat in München ein zweitägiger Meinungsaustausch mit der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko; Präsident: Prof. Dr. Hans Sünkel) über aktuelle universitätspolitische Entwicklungen in Bayern und Österreich stattgefunden.

Auf besonderes Interesse auf Seiten der uniko stießen Bayerns Maßnahmen zur Bewältigung des starken Zustroms künftiger Studierender, der - veranlasst durch die Verkürzung der gymnasialen Ausbildungszeit von 9 auf 8 Jahre - im Sommer 2011 zwei Abiturjahrgänge an die Universitäten entlässt. Bayern bereitet sich mit dem "Ausbauprogramm 2020" auf den doppelten Abiturjahrgang vor. Dieses sieht vor, bis 2011 mindestens 38.000 Studienplätze bzw. 12.666 Studienanfängerplätze zu schaffen. Die zusätzlichen Studienplätze verteilen sich zu je 40% auf die Universitäten und Fachhochschulen; 20 % werden im Wege einer bedarfsgerechten Nachsteuerung entsprechend dem tatsächlichen Studierverhalten verteilt. Der Freistaat stellt bis 2011 die für den erforderlichen Personalaufbau von 3000 Stellen benötigten Mittel in Höhe von insgesamt 499,27 Mio. Euro zur Verfügung. Die vom Bund im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 für den Studienplatzaufbau zugewiesenen Mittel fließen in diese Finanzierung ein.

Bayern investiert damit gezielt in bestimmte, bevorzugte Studienrichtungen, wie die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), nicht jedoch in Bereiche, in denen ein besonders starker Andrang deutscher Studierwilliger an österreichischen Universitätsstandorten zu verzeichnen ist.

In Österreich fehlen demgegenüber Steuerungsmöglichkeiten für die Universitäten. Der weitgehende freie Uni-Zugang und der Entfall der Studiengebühren werden vermutlich dazu führen, dass sich der Druck auf die überlaufenen Studien in Österreich, speziell in den grenznahen Universitäten, durch Studierendenströme aus Bayern ab 2011 deutlich erhöhen wird. Die Schaffung geeigneter politischer Rahmenbedingungen, verbunden mit hinreichender Finanzierung, ist daher - so die übereinstimmende Ansicht der Rektoren aus Bayern und Österreich - für die Universitäten im deutschsprachigem Raum unerlässlich.

 

ÖH: Ausfinanzierung jetzt sofort!
Zeit des Sprücheklopfens ist längst vorbei
Wien (öh) - "Das Verschwinden des 2%-BIP-Ziels aus dem Strategiebericht widerspricht Karls heutiger Willensbekundung und ist eine unglaubliche Frechheit - nicht nur das 2%-BIP-Ziel, auch die Jahreszahl muss verbindlich sein", bekräftigt Thomas Wallerberger vom ÖH-Vorsitzteam.

"Die Hochschulen müssen endlich ausfinanziert werden und zwar jetzt sofort! Nach hundert Tagen Amtszeit sollte die Zeit des Sprücheklopfens längst vorbei sein", zeigt sich Sigrid Maurer vom ÖH Vorsitzteam empört. "Mit Scheindialogen und der Präsentation von Rankings ist den Studierenden nicht geholfen - Karls Vorgehensweise und Vorschläge gehen an den Bedürfnissen der Studierenden wieder einmal komplett vorbei", so Maurer weiter.

"Die AbsolventInnenquote erhöhen zu wollen ohne die entsprechende Finanzierung zu gewährleisten ist vollkommen absurd", so Eva Maltschnig, ÖH-Generalsekretärin, verärgert. "Der geplante Ausbau der MaturantInnenberatung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung", so Maltschnig weiter.

Offen bleibt nach der heutigen Pressekonferenz, wie Karl sozialer Selektion entgegenwirken will. "Ihre Vorschläge zur neuen Studieneingangsphase verunmöglichen eine soziale Durchlässigkeit geradezu", sind sich Sigrid Maurer und Thomas Wallerberger einig. "Wir brauchen Bildung für alle, nicht nur für eine kleine Elite", schließt Eva Maltschnig.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

    
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