Karl: Vorwärts in die Top 3
"Meine Ziele für den Wissensstandort Österreich" - Wissenschafts- und
Forschungsministerin zieht nach 100 Tagen erste Zwischenbilanz
Wien (övp-pk) - "Die ersten hundert Tage waren nicht immer leicht - die Hochschul- und
Forschungspolitik ist kein Sonntagsspaziergang. Aber ich sage Ihnen: Es taugt mir", so Beatrix Karl. Am 26.
Jänner wurde sie als Wissenschafts- und Forschungsministerin angelobt. Nach hundert Tagen im neuen Amt zog
die Ministerin eine erste Zwischenbilanz und präsentierte bei einer Pressekonferenz ihre Ziele und Schwerpunkte,
um den Wissensstandort Österreich weiter auszubauen und "vorwärts in die Top 3" der europäischen
Innovationsstandorte zu bringen.
Angeblich gebe es in der Politik hundert Tage Schonfrist - "mir wäre das nicht aufgefallen",
so die Ministerin. "Die Herausforderungen liegen seit dem ersten Tag auf dem Tisch: Wir brauchen einen modernen
österreichischen Hochschulraum, der den Studierenden jene Qualität bietet, die sie in unserer internationalen
Wissensgemeinschaft brauchen." Ihr komme zugute, dass sie aus der Mitte des Universitätslebens komme,
"schließlich kenne ich die Uni als Studentin, Assistentin und Professorin. Und gerade weil ich die Universität
und ihre Herausforderungen kenne, spreche ich diese offen an."
Ihr Weg sei "der Weg des Dialogs", verwies die Ministerin auf bisherige Gespräche mit der ÖH,
Studierenden, Rektoren, Wissenschafter/innen, Forscher/innen sowie die Weiterführung des "Dialogs Hochschulpartnerschaft"
und die Bologna-Konferenz, bei der die Studierenden ebenfalls eingebunden waren. "Der Dialog braucht auch
klare Positionen und ich bin es gewöhnt, meine Überzeugungen klar und deutlich zu vertreten. Man sollte
auch einer Ministerin eine Meinung zugestehen", bekräftigte Karl.
In den vergangenen 100 Tagen drehte sich - vor allem in der Öffentlichkeit - vieles um tagesaktuelle Brennpunkte.
"Dafür Lösungen anzubieten, ist Aufgabe der Politik - es ist aber auch Aufgabe der Politik, weiter
zu denken. Denn Wissenschaft und Forschung sind entscheidende Zukunftsbereiche - hier geht es um unsere Gesellschaft,
um die Jobs der Zukunft und um unseren Wohlstand." Die wertvollste Ressource Österreichs seien "die
hellen Köpfe. Nur, wenn wir einen Wissensvorsprung haben, werden wir auch unseren Wirtschaftsvorsprung halten."
Ihr Ziel sei es daher, dass Österreich als moderner Hochschul- und Forschungsraum zu den Top 3-Innovationsstandorten
Europas aufschließt.
Die Ziele der Ministerin für einen modernen Hochschul- und Forschungsraum
- mehr Absolventinnen und Absolventen, weniger Drop-Out
- höhere Qualität
- mehr Kooperation
- Ausbau der Fachhochschulen
- mehr Jobs in der Forschung
Mehr Absolvent/innen, weniger Drop-Out
"Ich werde dafür sorgen, dass 38 Prozent der 30-34-Jährigen bis 2020 einen Hochschulabschluss
oder einen vergleichbaren Bildungsabschluss haben. Dort, wo wir den Zugang regulieren, müssen wir bis 2015
die Zahl der Studienabbrecher halbieren", so Beatrix Karl. Notwendige Maßnahmen um dieses Ziel zu erreichen
sind aus Sicht der Ministerin die Neugestaltung der Studieneingangsphase sowie die Ausweitung des "Studiencheckers".
Diese Beratung bei der Studienwahl soll bis 2014 in allen Bundesländern angeboten werden. Weiters spricht
sich die Ministerin für eine "bessere soziale Durchmischung an den Hochschulen" aus. Sie setzt sich
für österreichische Modelle der "affirmative Action", etwa Verbesserungen für Studierende
aus bildungsfernen Schichten, und verstärkte Nachwuchsförderung (Bsp.: KinderUnis) ein.
Mehr Qualität
Mehr Qualität bedeute für sie "mehr Qualität und bessere Studienbedingungen in der
Lehre und auch mehr Qualität und die Förderung von Exzellenz in der Forschung". Dabei könne
mehr Qualität in der Lehre nur durch vernünftige Betreuungsverhältnisse an den Universitäten
sichergestellt werden. "Mein Ziel ist die drei Mal bessere Verteilung der Studienanfänger", sagte
Karl. Derzeit belegen 60 Prozent der Studienanfänger nur zehn Prozent der Fächer, 2015 soll die Verteilung
60 zu 30 sein. Das Motto muss dabei lauten: "MINT statt Masse!" Es brauche mehr Absolventen - und vor
allem Absolventinnen - in den Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dafür notwendig
seien mehr Information und bessere Beratung, Klarheit beim Hochschulzugang mit fairen Zugangsregelungen zur Entlastung
der Massenfächer sowie die verstärkte Förderung von Neigungen und Talenten bereits in der Schule.
Mehr Qualität bedeute aber auch eine bessere Umsetzung des Bologna-Modells bis 2012 in Österreich. Dazu
hat die Ministerin bereits im Rahmen der Bologna-Konferenz ihr 10-Punkte-Programm "Bologna reloaded"
vorgestellt, an dessen Umsetzung derzeit gearbeitet wird. Weiters betont die Ministerin: "Ich werde für
einen Qualitätsschub in der Spitzenforschung sorgen", unterstrich die Ministerin ihr Vorhaben, Exzellenzcluster
zu initiieren. "Sie sollen auch Talenteschmiede für den wissenschaftlichen Nachwuchs sein."
Mehr Kooperation
"Im internationalen Wettbewerb, aber auch angesichts der schwierigen budgetären Situation geht
es mehr denn je um kreative Lösungen und echte Zusammenarbeit", betonte Beatrix Karl. Ihre Ziele: Mehr
Kooperationen in der Lehre, die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur, Steigerung von Effizienz, Einsparung von
Doppelgleisigkeiten bei gleichzeitiger Forcierung der individuellen Stärken sowie verstärkte Zusammenarbeit
und mehr Durchlässigkeit zwischen Unis und FHs. Bei den Leistungsvereinbarungen mit den Unis setzt sich Karl
zum Ziel, die Kooperationen für die nächste Periode ab 2013 zu verdoppeln.
Es gehe aber auch um eine verstärkte Kooperation mit der Wirtschaft. "An unseren Universitäten
gibt es exzellentes Wissen und sensationelle Ideen. Diese Ressourcen müssen wir für die Wirtschaft -
und damit für die Menschen - stärker nutzbar machen. Neben Lehre und Forschung muss Innovation die dritte
Säule der Universitäten werden", sprach sich Karl für Wissenstransferzentren, Wissenspartnerschaften
und gemeinsame Forschungsprojekte aus.
Ausbau der Fachhochschulen
"Das Ziel von mehr Absolventinnen und Absolventen gilt selbstverständlich auch für die Fachhochschulen",
ging die Ministerin auf den Ausbau der FH-Plätze ein. In einem nächsten Ausbauschritt soll die Zahl der
FH-Studienplätze von derzeit 36.000 auf 40.000 im Jahr 2017 erhöht werden. "Bis 2030 sollen 50.000
Österreicherinnen und Österreicher an den Fachhochschulen studieren", so Beatrix Karl.
Mehr Jobs in der Forschung
"Nur mit mehr Forschungsarbeitsplätzen schaffen wir die notwendige Innovationskraft, um im globalen
Wettbewerb vorne mitzumischen", so Beatrix Karl zu ihrem Ziel, mehr Jobs in der Forschung zu schaffen. Derzeit
arbeiten 57.000 Österreicherinnen und Österreicher im Bereich Forschung und Entwicklung. "Mein Ziel
ist es, dass bis 2020 100.000 F&E-Beschäftigte in Österreich arbeiten." Dabei gehe es nicht
nur um die Quantität der Arbeitsplätze, sondern vor allem auch um die Qualität.
Eines ihrer zentralen Anliegen sei es auch, neue Karrierewege an den Hochschulen zu ermöglichen - "vor
allem für Frauen". Aus Sicht der Ministerin ist es "auch höchste Zeit für die erste weibliche
Rektorin an einer öffentlichen österreichischen Universität. Ich erwarte mir, dass dieser Wunsch
bei den nächsten Bestellungen berücksichtigt wird."
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Grünewald: Totales Regierungsversagen auf Kosten der Studierenden
Grüne: Vorgehensweise der Regierung ist bildungspolitische Bankrotterklärung
Wien (grüne) - Ein "totales Regierungsversagen in der Universitätspolitik" ortet
der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald. "Die Pläne sind ausschließlich
defensiv, lassen jede langfristige Vorwärtsstrategie vermissen und kommen einer bildungspolitischen Bankrotterklärung
gleich", kommentiert Grünewald die beabsichtigte Reduktion von Studierendenzahlen und fordert die Regierung
auf, ihre kurzsichtigen Schnellschüsse einzustellen.
"Jede Woche kommen neue Vorschläge, das einzig Konstante und Verlässliche scheint lediglich die
Budgetkürzung im tertiären Bildungssektor und bei der Forschung zu sein", reagiert Grünewald
sarkastisch. "Was empfiehlt die Bundesregierung den tausenden Studierwilligen zu tun, die bald vor verschlossenen
Türen stehen, welche Pläne gibt es, die Übertrittquoten in den tertiären Bildungsbereich nach
der Matura auf das Niveau von Vorbildnationen oder auch nur auf den EU Schnitt zu erhöhen? Vor nur einer Woche
sollten noch durch Zulassungsbeschränkungen österreichweit Betreuungsquoten von 40 Studierenden pro ProfessorIn
garantiert werden. Auf Nachfrage im Ministerium musste man aber zugeben, über keinerlei Daten über die
diversen Betreuungsverhältnisse in den einzelnen Studienrichtungen zu verfügen, was ich für ein
Ministerium für peinlich, fahrlässig und skandalös halte" zeigt sich Grünewald verärgert.
"Es geht nicht darum, die Augen vor unzumutbaren Studienbedingungen und mangelnden Ressourcen an Unis und
Fachhochschulen zu verschließen und dabei Studierende ihrem Schicksal zu überlassen. Was wir benötigen
sind Entwicklungspläne, die die Beseitigung von jahrelangen Defiziten und Versäumnissen zum Ziel haben
und einen stufenweisen Ausbau der Studienplätze, begleitet durch eine parallele Ressourcenverbesserung, erlauben.
Die bloße Aneinanderreihung von jährlichen Notwehr- und Feuerwehraktionen bestätigt lediglich eine
breite Konzeptlosigkeit und bietet Bildungswilligen keine ausreichenden Perspektiven", kritisiert Grünewald.
"Der Hochschuldialog böte die Chance, hier konsensuale Lösungen zu suchen und zu erarbeiten, statt
dessen pflegt man die Methode der Zu- und Zwischenrufe und demotiviert und verunsichert die TeilnehmerInnen des
Dialogs. Statt die Treffsicherheit der Studienwahl zu erhöhen und den Übertritt zu Unis und Fachhochschulen
durch eine Oberstufenreform, den bewussten Einbau von HochschullehrerInnen in den Fachunterricht und durch Schnupperwochen
an den Unis und FHS fließender zu gestalten, bleibt man lieber defensiv", hält Grünewald fest.
"Die Grünen fordern endlich Zukunftskonzepte, die Qualität und Studienplätze nicht als prinzipiell
unvereinbare Gegensätze sehen und bestehen daher auf die Umsetzung des Finanzierungspfades von zwei Prozent
am BIP für den tertiären Bildungssektor bis 2015", so Grünewald abschließend. |
Neue Studierendenströme machen Steuerung unabdingbar
Rektoren und Präsidenten aus Bayern und Österreich diskutierten in München
aktuelle universitätspolitsche Fragen
Wien (uniko) - Auf Einladung der Universität Bayern e.V., der Stimme der bayerischen Universitäten
(Vorsitzender: Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske), hat in München ein zweitägiger Meinungsaustausch mit
der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko; Präsident: Prof. Dr. Hans Sünkel) über
aktuelle universitätspolitische Entwicklungen in Bayern und Österreich stattgefunden.
Auf besonderes Interesse auf Seiten der uniko stießen Bayerns Maßnahmen zur Bewältigung des starken
Zustroms künftiger Studierender, der - veranlasst durch die Verkürzung der gymnasialen Ausbildungszeit
von 9 auf 8 Jahre - im Sommer 2011 zwei Abiturjahrgänge an die Universitäten entlässt. Bayern bereitet
sich mit dem "Ausbauprogramm 2020" auf den doppelten Abiturjahrgang vor. Dieses sieht vor, bis 2011 mindestens
38.000 Studienplätze bzw. 12.666 Studienanfängerplätze zu schaffen. Die zusätzlichen Studienplätze
verteilen sich zu je 40% auf die Universitäten und Fachhochschulen; 20 % werden im Wege einer bedarfsgerechten
Nachsteuerung entsprechend dem tatsächlichen Studierverhalten verteilt. Der Freistaat stellt bis 2011 die
für den erforderlichen Personalaufbau von 3000 Stellen benötigten Mittel in Höhe von insgesamt 499,27
Mio. Euro zur Verfügung. Die vom Bund im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 für den Studienplatzaufbau zugewiesenen
Mittel fließen in diese Finanzierung ein.
Bayern investiert damit gezielt in bestimmte, bevorzugte Studienrichtungen, wie die sogenannten MINT-Fächer
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), nicht jedoch in Bereiche, in denen ein besonders starker
Andrang deutscher Studierwilliger an österreichischen Universitätsstandorten zu verzeichnen ist.
In Österreich fehlen demgegenüber Steuerungsmöglichkeiten für die Universitäten. Der weitgehende
freie Uni-Zugang und der Entfall der Studiengebühren werden vermutlich dazu führen, dass sich der Druck
auf die überlaufenen Studien in Österreich, speziell in den grenznahen Universitäten, durch Studierendenströme
aus Bayern ab 2011 deutlich erhöhen wird. Die Schaffung geeigneter politischer Rahmenbedingungen, verbunden
mit hinreichender Finanzierung, ist daher - so die übereinstimmende Ansicht der Rektoren aus Bayern und Österreich
- für die Universitäten im deutschsprachigem Raum unerlässlich. |