S-V-Mehrheit, Opposition vermisst Strukturreformen
Wien (pk) - Mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschloss der Budgetausschuss am 04.05. im Anschluss
an das Expertenhearing das Bundesfinanzrahmengesetz, das für die kommenden vier Jahre detaillierte Ausgabenobergrenzen
für die einzelnen Ressorts vorsieht. Während SPÖ und ÖVP von richtigen Maßnahmen zur
richtigen Zeit sprachen, vermissten die Vertreter der Opposition weitergehende Strukturreformen. Breiten Raum in
der Debatte nahm der Konsolidierungsbeitrag von Ländern und Gemeinden ein, zu dem vor allem die Staatssekretäre
Reinhold Lopatka und Andreas Schieder aufriefen.
Abgeordneter Alois Gradauer (F) vermerkte zwar als positiv, dass nunmehr sämtliche Ausgabenpositionen auf
Einsparungspotenziale überprüft werden müssen, zweifelte aber an den Chancen einer echten Budgetkonsolidierung.
Tatsächliche Einsparungen würden in der Praxis nicht stattfinden, die Konsolidierungsbeiträge seien
bloß verringerte zukünftige Ausgabensteigerungen, kritisierte er. Angesichts der drastischen Zunahme
der Bundesschulden und der Zinsbelastung sei "Feuer am Dach". Gradauer vermisste ebenso wie Abgeordneter
Rainer Widmann (B) Strukturreformen und kritisierte die angekündigten Steuererhöhungen. Einsparungen
schlug er insbesondere im Bereich der Förderungen und durch Reformen im Gesundheitssystem und bei der Verwaltung
vor, wobei er von einem Potenzial in der Höhe von insgesamt 11 Mrd. € ausging.
Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) bemängelte den Strategiebericht als zu wenig konkret und forderte insbesondere
Klarheit über den Beitrag von Ländern und Gemeinden an der Budgetkonsolidierung.
Abgeordneter Kurt Gaßner (S) stellte in diesem Zusammenhang die Frage in den Raum, wie die Gemeinden angesichts
ihrer prekären Finanzlage überhaupt einen Beitrag zur Konsolidierung leisten können. Er erinnerte
an die Investitionstätigkeit der Gemeinden und schlug vor, ihnen den Konsolidierungsbeitrag vorläufig
zu erlassen. Mit Nachdruck forderte Gaßner überdies einen aufgabenorientierten Finanzausgleich.
Abgeordneter Günter Stummvoll (V) meinte grundsätzlich, das Gesetz komme zum richtigen Zeitpunkt, die
Deckelung der Ausgaben sei wichtig, zumal man nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben könne.
Alle Minister hätten nun ihre Hausaufgaben zu machen und darauf zu achten, dass sie mit der Aufgabenbremse
zurechtkommen. Erst dann werde über Steuern zu diskutieren sein, war für Stummvoll klar. Dabei gelte
es, zwischen wirtschaftsfeindlichen und wirtschaftsfreundlichen Steuern zu unterscheiden, gab er zu bedenken. Was
die Gemeinden betrifft, schlug Stummvoll vor, Sparpotenziale durch bessere Koordination der Aufgaben zu nützen.
Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) erinnerte, es sei bei den Gemeinden in den letzten Jahren zu Leistungsexplosionen
gekommen, nun werde es darum gehen, manche Leistungen wieder zurückzunehmen. Sie trat dafür ein, genau
zu prüfen, welche Leistungen die Bürger tatsächlich brauchen und wo Einsparungen möglich sind.
Die Gemeinden hätten in vielen Bereichen keinerlei Kompetenzen, müssten aber immer bezahlen, warf Abgeordneter
Jakob Auer (V) ein. Die Gemeinden würden gerne ihren Beitrag zur Konsolidierung leisten, wenn man ihnen nur
die Chance dazu gebe, sagte er.
Abgeordneter Norbert Hofer (F) stellte kritisch fest, der Konsolidierungsbeitrag der Länder scheitere am Widerstand
der jeweiligen Landeshauptleute. Er forderte die Bundesregierung auf, zur Budgetkonsolidierung die vom Rechnungshof
und vom Österreich-Konvent vorgeschlagenen Reformen umzusetzen und dabei auch "heilige Kühe"
wie die ÖBB oder den Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der burgenländischen Grenze anzugehen.
Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) wiederum bekräftigte seine Forderung nach Abschaffung der Finanzprokuratur
und erwartete sich davon wichtige freiwerdende Dienstposten für die Justiz.
Die Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Franz Kirchgatterer(beide S) sowie Abgeordneter Martin Bartenstein (V)
waren sich einig in der Beurteilung, dass Österreich in der Arbeitsmarktpolitik rechtzeitig die richtigen
Maßnahmen gesetzt hatte. Bartenstein rief überdies dazu auf, beim Verhältnis 60 % Ausgabeneinsparungen
und 40 % einnahmenseitige Maßnahmen zu bleiben.
Staatsekretär Reinhold Lopatka meinte, es stehe außer Zweifel, dass Länder und Gemeinden ihren
Konsolidierungsbeitrag zu leisten haben. Er erwarte sich, dass sie das, was im Finanzausgleich paktiert wurde,
auch einhalten werden. Mit Nachdruck mahnte Lopatka den Beitrag der Gemeinden im Bereich der Pensionen ein, wobei
er von dem Ziel der Harmonisierung der Pensionssysteme ausging und ein rasches Abstellen der diesbezüglichen
Sonderregelungen forderte. Die Einsparungen in den einzelnen Ressorts bezeichnete er als "Herkulesaufgabe".
Das neue Haushaltsrecht sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Fortschritt, zumal es den Ministern nun klar Bescheid
über den von ihnen zu erfüllenden Beitrag gibt, fügte er an.
Staatssekretär Andreas Schieder rief ebenfalls Länder und Gemeinden dazu auf, ihren Konsolidierungsbeitrag
zu leisten und wies auf den diesbezüglich noch zu führenden Diskussionsprozess mit den Gemeinden über
Einsparungen hin. Zum Thema Arbeitsmarkt hielt Schieder fest, Österreich habe heute als Ergebnis der gegensteuernden
Maßnahmen der Bundesregierung die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der EU. Die Arbeitsmarktpolitik werde
für die Regierung auch weiterhin Top-Priorität haben, versicherte er. |