Bozen (lpa) - Tausende Südtiroler haben Altlandeshauptmann Silvius Magnago
am 28.05. das letzte Geleit gegeben. Vom Bozner Dom war Magnagos Sarg von den Angehörigen und geistlichen
Würdenträgern, von Vereinen und Verbänden, politischen Hochkarätern und Wegbegleitern sowie
hunderten Bürgern bis zum Friedhof in Oberau geleitet worden, wo die politischen Grabreden gehalten worden
sind.
Punkt 16.00 Uhr war Magnagos letzter Weg zu Ende und sein Sarg vor der Friedhofskapelle angelangt, eskortiert von
der Ehrenformation der Schützen und der Bürgerkapelle von St. Michael/Eppan. Der Bozner Dekan Bernhard
Holzer erinnerte daran, dass in den letzten Tagen viel zurückgeschaut worden sei auf Magnagos Leben und Werk,
es nun aber gelte, nach vorne zu blicken auf seine letzte Reise in das Paradies.
Der Friedhof war heute allerdings auch der Ort, an dem die Politik Abschied vom Altlandeshauptmann genommen hat.
Landeshauptmann Durnwalder betonte in seiner Rede, dass ein ganzes Land um Magnago trauere, um einen ganz und gar
außergewöhnlichen Menschen. "Er hatte keine leiblichen Kinder, aber ich denke, ich kann guten Gewissens
und ohne Übertreibung behaupten: Nie zuvor in Südtirol haben so viele Söhne und so viele Töchter
um einen Vater getrauert", so der Landeshauptmann. Magnago "war, ist und bleibt der Vater unserer Autonomie,
er war, ist und bleibt der Vater des modernen Südtirol – eines fortschrittlichen, aufgeschlossenen, wohlhabenden
sozial ausgeglichenen und auf den Ausgleich bedachten Südtirol", so Durnwalder.
Der Altlandeshauptmann sei zudem eine Vaterfigur für tausende Südtiroler gewesen, zu der man aufgeblickt
habe, der man mit Respekt, ja mit Ehrfurcht begegnet sei. "Er war uns Südtirolern ein liebender, aber
auch strenger und ernsthafter, ein sich stets um und für unser Wohl sorgender Vater", so Durnwalder.
Als jemand, der die Schrecken des Krieges am eigenen Leibe erfahren habe müssen, sei sein Credo gewesen: Nie
wieder Krieg! "Dieses Credo liegt der Politik zugrunde, die er in und für Südtirol gemacht hat.
Nicht die Konfrontation, der Konflikt waren für ihn zentrale Bestandteile der Politik, sondern der Dialog
und Kompromiss", so der Landeshauptmann, der betonte, dass die Geschichte gelehrt habe, dass Magnago damit
"den zwar nicht immer leichtesten, aber richtigen, den gangbaren, den einzig zukunftsfähigen Weg gegangen
ist".
Magnagos Politik des Machbaren könne und solle allen Vorbild sein, denn sie habe stets ein Ziel vor Augen
gehabt: "Sie sollte ihn und mit ihm sein Land Südtirol herausführen aus der Misere von ethnischem
Gegeneinander und kulturellem Identitätsverlust hin in eine Zukunft des friedlichen und freundschaftlichen
Miteinanders der Sprachgruppen", so der Landeshauptmann. Ans Ende seiner Trauerrede stellte Durnwalder heute
das Versprechen, dass man versuche, Magnagos Lebenswerk weiterzuführen, "damit Deine Opfer und Dein Einsatz
nicht umsonst waren. Deshalb, sehr verehrter, lieber Silvius: von Herzen Vergelt’s Gott!"
Nach Durnwalder ergriff heute Landesrat Richard Theiner in seiner Funktion als Obmann der SVP das Wort. Dies sei,
so Theiner, eine schwere Stunde für Südtirol, auch wenn das Vermächtnis Magnagos bleibe. Er habe
für Frieden, Sicherheit und die Voraussetzungen für eine gute Zukunft gesorgt und so aus Südtirol
eine europäische Vorzeigeregion gemacht. Magnago habe stets dafür gesorgt, dass die Südtiroler deutscher
und ladinischer Muttersprache an einem Strang gezogen hätten: "So hat uns auch der stärkste Staat
nicht in die Knie zwingen können", so Theiner. Magnagos Pfund in der Politik sei nicht zuletzt seine
Glaubwürdigkeit gewesen. "Seine Glaubwürdigkeit hat auch den deutschen und ladinischen Südtirolern
Glaubwürdigkeit verliehen", erklärte Theiner.
Im Namen der Republik Österreich sprach Bundeskanzler Werner Faymann sein tiefstes Mitgefühl aus. Magnago
habe stets hart gekämpft, aber Gewalt nie als politisches Mittel zugelassen. "Er hat das Gemeinsame gesucht
und es vor das Trennende gestellt", so Faymann heute. Die Ablehnung von Gewalt habe dauerhafte Wertigkeit:
"als Richtung, als Vorbild, als Ideal in Europa", erklärte der Bundeskanzler. "Diese Wertehaltung
ändert sich auch nicht", so Faymann. "Was sich ändert, ist nur die Aufgabenstellung.
Staatssekretär Carlo Giovanardi kondolierte dagegen im Namen der italienischen Regierung. Er würdigte
die Weitsicht, das Verantwortungsbewusstsein und die Kompromissbereitschaft des Altlandeshauptmanns. Mit diesen
Eigenschaften habe er aus Südtirol ein Vorzeigemodell in Europa geschaffen und dafür gesorgt, dass Österreich
und Italien heute beste Beziehungen pflegten, die Zusammenarbeit suchten und dies im vollen Vertrauen aufeinander
täten. Auf Deutsch fügte Giovanardi an: "Ruhe in Frieden, in Deinem Land, unter Deinen Leuten."
Wie Landeshauptmann Durnwalder vor ihm, erinnerte heute der österreichische Vizekanzler Josef Pröll an
Magnagos Credo des "Blumen entlang des Weges pflücken". "Das ist das Credo einer guten, weitsichtigen,
menschlichen Politik, die nicht immer alles sofort und für jeden will, sondern alles zu seiner Zeit",
so Pröll. Südtirol sei dank Silvius Magnagos Lebenswerk beispielgebend für die Konfliktlösung
weltweit, betonte der Vizekanzler.
Der ehemalige Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer Pier Ferdinando Casini sagte heute, es gebe Momente,
in denen uns die Geschichte einhole. Der heutige sei ein solcher, sei Magnago doch Teil der Geschichte des 20.
Jahrhunderts. Er habe gekämpft und gelitten, getrennt und zusammengeführt, so Casini, der betonte: "Dieser
große Mann geht - respektiert von ganz Italien." Magnago sei Bürger dreier Staaten gewesen, Bürger
zweier Regionen, Soldat zweier Heere - "aber im Herzen hatte Magnago immer seine Heimat Tirol", so Casini.
Daran hat heute auch der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter angeknüpft: "Tirol trauert um einen
seiner Größten", so Platter, der als Magnagos herausragende Charaktereigenschaften dessen Mut,
eisernen Willen und Entscheidungskraft nannte. Der Altlandeshauptmann sei, so Platter der Vater der Autonomie und
damit der Vater des modernen Südtirol.
Für die ladinische Volksgruppe würdigte heute Landesrat Florian Mussner den "Vater der Autonomie,
auch für die Ladiner". Er sprach Magnago seinen Dank für dessen Lebenswerk aus und dafür, dass
ihm stets auch das Wohl der Ladiner am Herzen gelegen habe.
Den "Bozner Bürger" Magnago verabschiedete schließlich Bürgermeister Luigi Spagnolli,
der auch die kontroversen Gefühle ansprach, die die italienische Sprachgruppe Magnago gegenüber gehegt
habe. Einerseits sei er ihr Landeshauptmann gewesen, "aber doch vielleicht ein bisschen weniger unserer als
der der anderen", so Spagnolli. Magnagos Weg, jener des Dialogs und Miteinanders, habe Zweifel aber zerstreut
und sei der einzig richtige gewesen. Spagnolli erinnerte an das Diktum des Altlandeshauptmanns, Politiker könnten
nicht heilig werden. "Ich bin aber sicher, der Himmel wartet", so Spagnolli. "Gute Heimreise!" |