Wirtschaftliche Erholung schneller als erwartet
Risiken nehmen aber ebenfalls zu
Paris/Berlin (oecd) - Die Wirtschaft in den OECD-Ländern entwickelt sich besser als erwartet,
Turbulenzen an den Märkten für öffentliche Anleihen und wirtschaftliche Überhitzung in Schwellenländern
werden jedoch zunehmend zu einem Risiko für den Aufschwung. Dies geht aus dem aktuellen Wirtschaftsausblick
der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, der heute in Paris veröffentlicht
wurde. Der Bericht rechnet für das laufende Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in den 31 OECDLändern
um real 2,7 Prozent. Für 2011 wird ein Anstieg um 2,8 Prozent erwartet. Bei ihrer letzten Prognose im November
2009 war die Organisation noch von einem Wachstum von 1,9 Prozent im Jahr 2010 und 2,5 Prozent im Jahr 2011 ausgegangen.
In den USA dürfte die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 3,2 Prozent und 2011 um weitere 3,2 Prozent steigen.
Im Euroraum wird für dieses Jahr ein Wachstum von 1,2 Prozent erwartet, im kommenden Jahr von 1,8 Prozent.
Für Japan erwartet der Bericht eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 3,0 Prozent in diesem Jahr und um
2,0 Prozent in Jahr 2011. Auch für Deutschland hat die OECD ihre Wachstumsprognose gegenüber November
2009 nach oben revidiert. Für das laufende Jahr wird nun mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,9
Prozent gerechnet, für 2011 mit einem Anstieg um 2,1 Prozent. Getrieben ist diese Entwicklung in diesem Jahr
vor allem von anziehenden Exporten und öffentlichen Investitionen aus den Konjunkturprogrammen. Der private
Konsum dürfte im laufenden Jahr dagegen leicht zurückgehen, auch weil zu erwarten ist, dass zusätzliches
Einkommen aus Steuererleichterungen in erster Line in Ersparnisse fließt. Im kommenden Jahr setzen Export
und anziehende private Investitionen die Wachstumsimpulse. Auch der private Konsum dürfte sich dann leicht
erholen.
"Dies ist ein entscheidender Moment für die Weltwirtschaft", sagte OECD-Generalsekretär Angel
Gurría bei der Präsentation der Studie. "International abgestimmte Maßnahmen haben verhindert,
dass sich die Rezession verschärft, aber wir stehen weiter vor großen Herausforderungen. Viele OECD-Länder
müssen jetzt die Unterstützung eines noch immer brüchigen Aufschwungs mit einer nachhaltigeren Haushaltspolitik
in Einklang bringen. Wir müssen auch die internationalen Auswirkungen von nationalen Politiken berücksichtigen.
Mehr denn je ist deshalb eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene erforderlich." Die Krise um die öffentliche
Verschuldung bleibt ein ernstes Risiko und unterstreicht, dass die institutionelle Architektur im Euroraum verändert
und gestärkt werden muss. Der Euroraum braucht tragfähige Mechanismen, um Haushaltsdisziplin zu gewährleisten.
Einige Länder unternehmen bereits Schritte, um die Glaubwürdigkeit ihrer Konsolidierungspläne zu
erhöhen. Angesichts der hohen Staatsverschuldung und um den Aufschwung zu stärken, müssen die Konjunkturmaßnahmen
spätestens 2011 auslaufen. Der richtige Zeitpunkt in einzelnen Ländern hängt jedoch von den jeweiligen
Umständen und dem Zustand der öffentlichen Finanzen ab.
Das öffentliche Defizit in Deutschland dürfte in diesem Jahr deutlich auf 5,4 Prozent der Wirtschaftsleistung
steigen. Für 2011 wird mit einem Defizit von 4,5 Prozent des BIP gerechnet. Wichtigster Grund für diese
Entwicklung ist ein Rückgang der Einnahmen, nicht zuletzt aufgrund der Reduzierung der Einkommensteuer. Die
in der Verfassung verankerte Schuldenbremse verlangt, dass im kommenden Jahr mit der Konsolidierung begonnen wird.
Hier sollte der Schwerpunkt auf einem Abbau von Subventionen und Steuervergünstigungen liegen. Diese müssen
so gestaltet werden, dass sie das Wachstum möglichst wenig belasten.
Zusammen mit der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sollten auch Strukturreformen an Produkt- und Arbeitsmärkten
angegangen werden, um damit die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und weitere Wachstumskräfte freizusetzen.
In Deutschland sollten die Märkte für Dienstleistungen geöffnet werden. Gleichzeitig sollten die
Bedingungen für Innovationen verbessert und das Angebot an hochqualifizierten Arbeitskräften erhöht
werden. Eine solche Stärkung der Binnenwirtschaft könnte auch zu einem Abbau der deutschen Leistungsbilanzüberschüsse
beitragen. Dem Bericht zufolge dürften die deutschen Überschüsse 2011 wieder das Niveau vor der
Wirtschaftskrise erreichen.
Am Arbeitsmarkt wird sich der Aufschwung vorerst nicht bemerkbar machen. Die Zahl der Arbeitslosen ist in den OECD-Ländern
in den vergangenen zwei Jahren um 16 Millionen gestiegen. Mittlerweile dürfte die Arbeitslosenquote in den
OECD-Ländern mit durchschnittlich 8,5 Prozent ihren Höchststand erreicht haben. Sie wird aber auf kurze
Sicht nur leicht zurückgehen. Die Regierungen müssen deshalb Mittel für effiziente Arbeitsmarktprogramme
bereitstellen, um ein Abdriften der Arbeitslosen in Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern. In Deutschland zeigt
sich der Arbeitsmarkt im OECD-Vergleich und auch im Vergleich zu früheren Krisen nach wie vor robust. Für
2011 wird mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 8,0 Prozent (ILO-Standard) gerechnet.
Der Welthandel kommt wieder in Schwung. Starkes Wachstum in China und anderen Schwellenländern trägt
dazu bei, andere Länder aus der Rezession zu ziehen. Gleichzeitig nimmt aber das Risiko einer Überhitzung
und von Inflation in den Schwellenländern zu. Ein Boom mit anschließendem Wachstumseinbruch kann deshalb
nicht ausgeschlossen werden und verlangt eine weitere Anhebung der Zinsen in Ländern wie China oder Indien.
Sollte es zu einem Einbruch kommen, wäre ein langsameres Wachstum in anderen Ländern die Folge. Flexiblere
Wechselkurse könnten etwas Druck von der chinesischen Geldpolitik nehmen und bessere Handhabe zur Eindämmung
der inländischen Inflation bieten, so der Bericht. |
Mitterlehner: Exportstärke ist Schlüsselfaktor für echtes Wachstum
Wirtschaftsminister: OECD stellt Österreich gutes Zeugnis aus - Exporte noch stärker
fördern, um Wachstumsvorsprung langfristig auszuspielen
Wien (bmwfj) - "Die Erholung der österreichischen Wirtschaft gewinnt zunehmend an Fahrt.
Wir wachsen 2010 und 2011 stärker als die Eurozone und sind derzeit gut aufgestellt, um ein echtes, sich selbst
tragendes Wachstum zu schaffen", betont Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner angesichts der aktuellen
OECD-Prognose. Demnach liegt das BIP-Wachstum in Österreich heuer bei 1,4 Prozent sowie 2011 bei 2,3 Prozent.
Für Mitterlehner unterstreicht diese Entwicklung den großen Erfolg der Konjunkturpakete, die auch heuer
noch voll wirksam sind und den Strukturwandel nachhaltig unterstützen.
Um den aktuellen Wachstumsvorsprung langfristig auszuspielen, setzt Mitterlehner besonders auf den Export, dessen
Entwicklung sich laufend verbessert. Laut OECD soll es heuer eine Steigerung um vier Prozent und 2011 um 7,7 Prozent
geben. "Die Internationalisierungs-Offensive des Wirtschaftsministeriums greift und hilft uns, neue Exportmärkte
mit innovativen Produkten zu erschließen. Parallel dazu pflegen wir die Kontakte in wachstumsstarke Länder
wie China, Indien und Russland sowie in die Schwarzmeer-Region intensiver als früher", sagt Mitterlehner.
Eine weitere Stütze der heimischen Konjunktur ist der Inlandskonsum, der 2010 um 1,1 Prozent und 2011 um 1,6
Prozent steigen soll. Daher müsse die notwendige Budgetsanierung im Rahmen eines ausgewogenen Pakets angegangen
werden, wie Mitterlehner betont. "Wir müssen in allen Bereichen effizienter agieren, aber auch intelligent
sparen, um den Konsum nicht abzuwürgen", so Mitterlehner abschließend. |