Wien (pk) - Das Thema Migration und Asyl steht auch in den nächsten Jahren
im Mittelpunkt der Initiativen der EU im Bereich Inneres. Das geht aus dem Bericht der Innenministerin über
das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010 sowie über das Achtzehnmonatsprogramm
des spanischen, belgischen und ungarischen Vorsitzes hervor. Weitere Themen sind Terrorismusbekämpfung, Maßnahmen
gegen den Menschenhandel und den Drogenhandel, die Stärkung von FRONTEX sowie eine bessere Zusammenarbeit
der Behörden.
Dazu listet der Bericht zahlreiche konkrete Vorhaben von Kommission und Rat auf. Vorrangig betrachtet die Kommission,
ein System zur Registrierung der Ein- und Ausreise (Entry/Exit System – EES) zu installieren, um zu verhindern,
dass Drittstaatsangehörige, die legal in die Union einreisen, nach der erlaubten Aufenthaltsdauer bleiben
oder untertauchen. Darüber hinaus soll ein System registrierter Reisender für Personen mit niedrigem
Risikoprofil und ein Verfahren zur Regelung der Einreise und des befristeten Aufenthalts für innerbetrieblich
versetzte ArbeitnehmerInnen sowie für Auszubildende entwickelt werden. In diesem Zusammenhang soll auch der
Schengener Grenzkodex geändert werden. Ebenfalls sollen Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt
von SaisonarbeiterInnen entwickelt werden, um diesen Personen mehr Rechtssicherheit zu geben. Besonderes Augenmerk
von Kommission und Rat wird auch dem Problem der steigenden Anzahl von Einreisen unbegleiteter Minderjähriger
gewidmet.
Der spanische Vorsitz drängt insbesondere darauf, die noch offenen Richtlinienvorschläge aus dem "Strategischen
Plan für legale Zuwanderung" prioritär zu behandeln. Die Präsidentschaft möchte ein einheitliches
Zulassungs- und Antragsverfahren bei einer Behörde (One-Stop-Shop-Prinzip) schaffen und Arbeitnehmerrechte
für legal aufhältige Drittstaatsangehörige festlegen. Österreich steht einzelnen Punkten kritisch
gegenüber.
Skepsis zeigt Österreich auch gegenüber der geplanten Inbetriebnahme des Visainformationssystems (VIS).
VIS soll Visashopping verhindern und helfen, nicht dokumentierte Personen schneller zu identifizieren, was seitens
des Innenministeriums begrüßt wird. Angesichts der mangelnden technischen Umsetzung von SIS II, dem
Schengener Informationssystem, sind aber laut vorliegendem Bericht auch hinsichtlich der Umsetzungsarbeiten zu
VIS Bedenken angebracht. Österreich steht auf dem Standpunkt, dass SIS II nur dann fortgesetzt werden soll,
wenn die definierten Meilensteine eingehalten werden. Andernfalls müsste ehestens an einer Alternativlösung
gearbeitet werden. Die Errichtung einer Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich
Freiheit, Sicherheit und Recht, wird jedoch unterstützt.
Als nichtlegislative Maßnahmen plant die Kommission einen Aktionsplan zur Umsetzung des Arbeitsprogramms
im Bereich Justiz und Inneres für die Jahre 2010 bis 2014, genannt Stockholm Programm, sowie eine Mitteilung
über den "Europäischen Pakt" zur legalen Einwanderung, Bekämpfung der illegalen Einwanderung,
Stärkung und Wirksamkeit der Grenzkontrollen, Schaffung eines Europas des Asyls und zur Schaffung einer Partnerschaft
mit den Herkunfts- und Transitländern. Das Innenministerium merkt dazu an, dass sie den Pakt mit Ausnahme
des Konzepts der zirkulären Migration unterstützt. Vorbehalte gibt es auch gegen Pläne zur internen
Verteilung von Flüchtlingen. Da Österreich zu den am stärksten belasteten Mitgliedsländern
zählt, wird es sich derzeit nicht an einer freiwilligen EU-internen Umverteilung beteiligen. Begrüßt
werden aber Initiativen zur verstärkten Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Die Kommission kündigt weiters
ein Grünbuch zum Recht auf Familienzusammenführung an.
Als mittelfristiges Vorhaben im Rahmen des Stockholm Programms soll bis 2013 ein Einwanderungskodex der EU erarbeitet
werden, der die Regelungen im gesamten Migrationsbereich zusammenführt.
Widerstände gibt es von Seiten Österreichs auch bei der Umsetzung der zweiten Phase eines Gemeinsamen
Europäischen Asylsystems, wodurch ein gemeinsames Asylverfahren und ein einheitlicher Status für diejenigen
geschaffen werden sollen, die internationalen Schutz genießen. Maßnahmen, die die Grundprinzipien des
Dublin-Systems aussetzen oder im Rahmen der Verfahren zu Verzögerungen und einem erhöhten Verwaltungsaufwand
führen, werden laut Innenministerium abgelehnt. Eine klare Effizienzsteigerung des Systems wird jedoch von
Österreich unterstützt.
Die Kommission strebt auch an, die bestehenden bilateralen Übereinkünfte bezüglich der Übermittlung
von Flugdaten durch einen einheitlichen Vertrag zu ersetzen. Im Bereich der Terrorismusbekämpfung will man
den Verkauf bestimmter Explosivstoffe und ihrer Vorläuferstoffe einschränken. Gearbeitet wird auch an
Maßnahmen, damit Terroristen keinen Zugang zu biologischen, radiologischen und nuklearen (CBRN) Stoffen oder
Waffen erhalten.
Im Spätsommer soll eine Mitteilung über die Strategie der inneren Sicherheit vorgelegt werden, die im
März vom Europäischen Rat verabschiedet wurde. Geplant ist weiters eine neue Strategie zur Bekämpfung
des Menschenhandels.
Verstärkt will man sich auf EU-Ebene der Prävention geschlechtsbezogener Gewalt und der Bekämpfung
von Cyberkriminalität und des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet widmen.
Auch die Antikorruptionspolitik steht auf der Agenda. Eine umfassende Mitteilung darüber soll sich mit der
Einrichtung eines Evaluierungsmechanismus befassen und Kooperationsmodalitäten mit GRECO (Staatengruppe des
Europarats) präsentieren.
Schließlich beschäftigt sich der Bericht mit Katastrophenschutz und mit Maßnahmen, von Menschen
verursachte Katastrophen so weit wie möglich zu verhindern. Zur Stärkung der Zusammenarbeit denkt man
an die Entwicklung von Katastrophenschutzmodulen als operatives Kernelement des Katastrophenschutzmechanismus.
Darüber hinaus soll das Beobachtungs- und Informationszentrum für den Katastrophenschutz (MIC) ausgebaut
werden. Das Katastrophenschutzverfahren sowie das Finanzierungsinstrument sollen evaluiert werden. |