4. Kreditbericht der OeNB zur Kreditvergabe des österreichischen Bankensystems
Wien (oenb) - Die Analyse von statistischen Daten zur Kreditvergabe sowie der Ergebnisse der Umfragen
bei österreichischen Unternehmen geben keine eindeutigen Hinweise für das Bestehen einer Kreditklemme.
Allerdings deuten Umfragen bei Unternehmen darauf hin, dass ein Teil der Unternehmen nach wie vor mit verschärften
Kreditvergabekonditionen konfrontiert ist. Der Anteil der davon betroffenen Unternehmen ist jedoch im letzten Quartal
gesunken.
Seit Beginn 2009 schwächte sich das im Jahresabstand gemessene Wachstum der Kreditvergabe der österreichischen
Banken an die Unternehmen kontinuierlich ab und erreichte im Dezember erstmals in diesem Kreditzyklus einen negativen
Wert. Seither sind negative Wachstumsraten zwischen -1% und -2% zu verzeichnen, die aber nicht weiter gesunken
sind. Diese Abschwächung dürfte zum überwiegenden Teil auf den starken Einbruch der Investitionstätigkeit
zurückzuführen sein, der auch in der Phase der konjunkturellen Erholung ab dem 3. Quartal 2009 bis heute
fortdauert. Die Kreditvergabe an die privaten Haushalte hat sich ebenso wie jene an die Unternehmen seit dem 4.
Quartal 2008 deutlich abgeschwächt, allerdings war deren Verlangsamung nicht so deutlich ausgeprägt wie
bei den Unternehmenskrediten. Die Jahreswachstumsrate stabilisierte sich in den letzten Monaten und liegt derzeit
bei etwa 1%.
Laut Zinssatzstatistik hat sich im Durchschnitt die Zinsbelastung der Unternehmen in Folge der seit Oktober 2008
erfolgten Zinssenkungsschritte der Europäischen Zentralbank (EZB) reduziert. Bei neu vergebenen Unternehmenskrediten
mit einer Zinsbindungsfrist von bis zu einem Jahr ist eine vollständige Weitergabe der Zinssenkungen zu beobachten.
Bei den bestehenden Krediten erfolgte der Rückgang bisher noch nicht in demselben Ausmaß. Bei den Kreditzinssätzen
von neu begebenen Haushaltskrediten erfolgte die Weitergabe der Leitzinssenkungen bislang in allen Kategorien zwar
in hohem Ausmaß, aber nicht überall vollständig. Bei den neu vergebenen Wohnbaukrediten mit einer
Zinsbindungsfrist von bis zu 1 Jahr hat sich der Zinssatz zwischen Oktober 2008 und März 2010 um 3,2 Prozentpunkte
reduziert. Bei den neu vergebenen Konsumkrediten wurde die Leitzinssenkung hingegen nur zum Teil weitergegeben:
Der Zinssatz reduzierte sich um 2,3 Prozentpunkte.
Gemäß einer im Auftrag der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) durchgeführten Umfrage bei österreichischen
Unternehmen zeigt sich, dass im bisherigen Krisenverlauf eine kontinuierliche Verschärfung der Finanzierungsbedingungen
zu beobachten ist, die auch seit der moderaten konjunkturellen Erholungsphase seit dem 2. Halbjahr 2009 fortdauert.
Im 1. Quartal dieses Jahres hat sich allerdings der Anteil jener Unternehmen, der restriktivere Kreditvergabebedingungen
registrierte, reduziert. Bei fast allen der im Rahmen einer eigenen Umfrage befragten sehr großen Unternehmen
haben sich die Finanzierungsbedingungen nicht verschlechtert, in einigen Fällen wurde eine Lockerung beobachtet.
Eine Verbesserung wurde insbesondere in Hinblick auf die Fristigkeit der neu vergebenen Kredite registriert: auch
längerfristige Kredite seien nun - in Abhängigkeit von der Bonität des Unternehmens - mit weniger
hohen Aufschlägen verfügbar. Grundsätzlich war allerdings die Nachfrage nach neuen Krediten begrenzt.
Investitionen wurden überwiegend aus dem Cashflow bzw. über den Kapitalmarkt finanziert.
Dies hängt auch mit der seit dem Frühjahr 2009 beobachtbaren Belebung des Unternehmensanleihenmarktes
zusammen. Einige Unternehmen haben den wieder relativ kostengünstigen Rentenmarkt als Alternative zum längerfristigen
Bankenkredit in Anspruch genommen. Die österreichischen Unternehmen emittierten laut Emissionsstatistik brutto
im Jahr 2009 Anleihen im Wert von insgesamt 9,8 Mrd. Euro, netto wurden 4,8 Mrd. Euro an Unternehmensanleihen emittiert.
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