Ortstafel-Konflikt: Ostermayer im Verfassungsausschuss zuversichtlich
Wien (pk) - Die Tätigkeit des Verwaltungsgerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs stand
im Mittelpunkt der Sitzung des Verfassungsausschusses des Nationalrats am 04.06. Im Beisein von VfGH-Präsident
Gerhart Holzinger und VwGH-Präsident Clemens Jabloner diskutierten die Abgeordneten vor allem über die
angespannte Lage an beiden Gerichthöfen durch deren starke Belastung. Zwar könne der Verfassungsgerichtshof
den enormen Anfall von Asylbeschwerden organisatorisch eine Zeitlang bewältigen, sicherte VfGH-Präsident
Holzinger zu, es brauche aber "ein Licht am Ende des Tunnels". Er sieht außerdem die Gefahr, dass
der Verfassungsgerichtshof durch die zahlreichen Asylrechtssachen seiner "ureigensten Aufgabe", der Normenkontrolle
und der Prüfung grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen, mehr und mehr entfremdet wird.
Sowohl Holzinger als auch VwGH-Präsident Jabloner sprachen sich in diesem Sinn für die rasche Einführung
einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit aus, in die – nach einer gewissen Übergangsfrist – auch der
Asylgerichtshof eingebunden werden soll. Staatssekretär Josef Ostermayer zufolge könnte eine entsprechende
Regierungsvorlage im Laufe des nächsten Jahres vorliegen. Derzeit ist eine koalitionsinterne Projektgruppe
dabei, die im Begutachtungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen zu evaluieren und den Personalbedarf für
die geplanten neuen Verwaltungsgerichte zu prüfen. Was die Kärntner Ortstafel-Frage betrifft, ist man
nach Meinung Ostermayers auf gutem Weg, eine Lösung mit "breitestmöglichem Konsens" zu finden.
Basis für Diskussion im Ausschuss bildete ein Bericht der Regierung, der über die Tätigkeit des
Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2008 informiert und die Belastung der beiden Gerichtshöfe
deutlich aufzeigt. So lag die Zahl der Beschwerden beim VwGH 2008 wieder deutlich über jener der Erledigungen,
was den Akten-Rückstau weiter vergrößert hat. Gleichzeitig war der VfGH im Berichtsjahr erstmals
mit einer dramatischen Zunahme von Beschwerden aus dem Asylbereich konfrontiert.
Zudem lagen dem Ausschuss ein Entschließungsantrag und ein Gesetzesantrag der FPÖ vor, die auf Reformen
im Bereich des Verfassungsgerichtshofs und eine Ausweitung der Befugnisse des Verwaltungsgerichtshofs abzielen.
Geht es nach Abgeordnetem Peter Fichtenbauer, soll der VwGH Behördenentscheidungen künftig nicht nur
aufheben, sondern selbst eine inhaltliche Entscheidung treffen können, wenn der Sachverhalt grundsätzlich
bzw. überwiegend geklärt ist. Damit sollen Verfahren beschleunigt werden. Weiters tritt die FPÖ
für eine Tagung des Verfassungsgerichtshof in Permanenz und eine maximale Verfahrensdauer beim VfGH von sechs
Monaten ein und will gesetzliche Grundlagen schaffen, um eine Abwahl des VfGH-Präsidenten zu ermöglichen.
Eingeleitet wurde die Diskussion durch Abgeordnete Daniela Musiol (G). Sie äußerte unter anderem die
Befürchtung, dass auch die geplante Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit "in den Mühlen des Föderalismus
stecken bleiben wird". Verwundert zeigte sie sich außerdem darüber, dass der Verwaltungsgerichtshof
bisher in keinem einzigen Fall vom Asylgerichtshof zur Klärung von Grundsatzfragen angerufen worden sei, obwohl
dies das Gesetz dezidiert vorsehe.
Abgeordneter Wilhelm Molterer (V) unterstrich, die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten wäre ein essenzieller
Schritt zur Lösung der bestehenden Probleme. Um den Verwaltungsgerichtshof kurzfristig zu entlasten, kann
er sich etwa die Anhebung der Wertgrenzen in Verwaltungsstrafsachen für VwGH-Beschwerden vorstellen. Aus der
großen Zahl von Asylbeschwerden beim VfGH schließt Molterer, dass der Vorwurf von Amnesty International,
wonach Asylwerber einen mangelnden Rechtsschutz haben, nicht gerechtfertigt ist.
Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) wies darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof nur einen Bruchteil der Asylbeschwerden
weiter verfolge. Seiner Ansicht nach spricht das für die hohe Qualität der Entscheidungen des Asylgerichtshofs.
Rosenkranz warnte davor, das Asylverfahren neuerlich zu reformieren und gab zu bedenken, dass das Ziel der Verfahrensbeschleunigung
durch das jetzige System erreicht worden sei. Zur Einführung von Landesverwaltungsgerichten merkte Rosenkranz
an, eine noch so hohe Qualität dieser Gerichte schütze nicht zwangsläufig vor einer Anrufung der
beiden Höchstgerichte.
Abgeordneter Herbert Scheibner (B) wertete es als bedenklich, dass jemand, der ein Verwaltungsverfahren anstrenge,
oft jahrelang auf eine Entscheidung warten müsse. Skeptisch äußerte er sich außerdem zur
Einbeziehung des Asylgerichtshofs in die angestrebte zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit und gab zu bedenken,
dass Asylverfahren durch jede zusätzliche Instanz weiter verzögert würden.
Auf breite Ablehnung stieß der Entschließungsantrag der FPÖ zum Thema Verfassungsgerichtshof.
So betonten etwa Abgeordneter Johannes Jarolim (S) und Abgeordneter Molterer, dass sich das Sessionssystem bewährt
habe. Eine zwingende sechs-Monats-Frist für Verfahren könnte außerdem eine Rechtseinschränkung
bewirken, warnte Molterer. Nichts abgewinnen konnten die anderen Fraktionen auch dem Vorschlag, den VfGH-Präsidenten
wegen politischer Meinungsäußerungen absetzen zu können.
Abgeordneter Harald Stefan (F) bekräftigte hingegen den Vorschlag der FPÖ, die Verfahrensdauer beim VfGH
auf maximal sechs Monate zu begrenzen und das Sessionssystem abzuschaffen. Die Möglichkeit zu Entscheidungen
in der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof wäre seiner Meinung nach ein Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung.
Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) bezweifelte allerdings, dass der Verwaltungsgerichtshof die notwendigen Kapazitäten
habe, Entscheidungen auch in der Sache treffen zu können. Sie sprach sich dafür aus, den diesbezüglichen
Antrag der FPÖ gemeinsam mit der geplanten Regierungsvorlage zu den Landesverwaltungsgerichten zu beraten.
Dafür trat auch Abgeordneter Jarolim ein. Zum immer wieder vorgebrachten Vorwurf an Asylwerber, sie würden
sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen, merkte Jarolim an, auch bei Wirtschaftsverfahren, etwa in der Causa
Meinl, würden "Heere von Anwälten" alle Rechtsmittel ausnützen.
Staatssekretär Josef Ostermayer wies darauf hin, dass zum Begutachtungsentwurf betreffend die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit
mehr als hundert Stellungnahmen eingelangt seien, die nun analysiert würden. Gleichzeitig sei eine koalitionsinterne
Projektgruppe damit beauftragt, mögliche Fallzahlen und damit den Personalbedarf der neuen Verwaltungsgerichte
zu analysieren. Ergebnisse erwartet sich Ostermayer noch in diesem Jahr, 2011 will er dann einen Gesetzentwurf
vorlegen.
Was den Asylgerichtshof betrifft, erinnerte Ostermayer daran, dass dieser eingerichtet worden sei, um den "Rucksack"
an Asylverfahren abzubauen. Dabei ist man ihm zufolge auf gutem Weg. Ist dieses Problem gelöst, sei zu prüfen,
wie der Asylgerichtshof in ein neu zu schaffendes Bundesverwaltungsgericht integriert werden könnte.
VfGH-Präsident Gerhart Holzinger machte geltend, dass sich an der Belastungssituation am VfGH in den letzten
beiden Jahren nichts geändert habe. Nachdem beim VfGH jahrelang rund 2.000 bis 2.500 neue Rechtsfälle
pro Jahr angefallen seien, stehe der VfGH seit dem 1. Juli 2008 einer dramatischen Zunahme von Beschwerdefällen
gegenüber. Grund dafür sei, dass seit diesem Zeitpunkt Entscheidungen der letzten Instanz in Asylsachen
nicht mehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden könnten. Holzinger zufolge waren im Jahr 2009 3.500
von insgesamt 5.500 an den VfGH herangetragenen Rechtssachen Asylbeschwerden.
Dem VfGH sei es bisher gelungen, mit dieser Herausforderung recht gut zu Rande zu kommen, betonte Holzinger. So
sei der allergrößte Teil der seit dem 1. Juli 2008 eingebrachten 6.000 Asylbeschwerden bereits erledigt.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrage nur wenige Wochen. Somit sei das politische Ziel, die Asylverfahren
insgesamt zu beschleunigen und den Rückstau in diesem Bereich sukzessive abzuarbeiten, erreicht worden. |
Für den Verfassungsgerichtshof habe dies aber, so Holzinger, "dramatische Konsequenzen". Es gebe
weltweit kein zweites Verfassungsgericht, das mit so vielen Rechtssachen aus einem einzigen Rechtsbereich belastet
sei, zeigte er sich überzeugt. Das führe auch dazu, dass der VfGH seinen "ureigensten Aufgaben"
mehr und mehr entfremdet werde. Holzinger zufolge ist es schwierig, auf der einen Seite tausende Asylrechtssachen
rasch und effizient zu erledigen und auf der anderen Seite die vorhandene intellektuelle Kapazität zu mobilisieren,
um fundierte Entscheidungen in verfassungsrelevanten Fragen zu treffen.
Holzinger gab außerdem zu bedenken, dass der VfGH Asylbeschwerden nach anderen Maßstäben prüfe,
als dies der VwGH zuvor getan habe. Der VfGH könne nur beurteilen, ob die Entscheidung des Asylgerichtshofs
grundrechtskonform sei und ob die für die Entscheidung herangezogenen gesetzlichen Bestimmungen verfassungsmäßig
seien. Darauf führt er nicht zuletzt auch die relativ geringe Erfolgsquote von Asylbeschwerden zurück.
Um den VfGH nachhaltig zu entlasten, sieht Holzinger als einzige Lösung die Umsetzung des Reformprojekts Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Er drängte darauf, auch den Asylgerichtshof in dieses System einzubeziehen, wobei er sich eine Übergangsregelung
von rund drei Jahren vorstellen kann. Grundsätzlich sei es nicht verständlich, warum man gegen jeden
Bescheid eines Unabhängigen Finanzsenats den Verwaltungsgerichtshof anrufen könne, in Asylsachen aber
nicht, meinte er.
Verteidigt wurde von Holzinger das Sessionssystem des VfGH. Es habe sich seit Jahrzehnten bewährt und sei
höchst effizient, betonte er. Es gebe vier Hauptsessionen zu je drei Wochen und bei Bedarf Zwischensessionen.
Die Zeiten dazwischen würden genutzt, um die Entscheidungen vorzubereiten. Auch am System der Bestellung der
Verfassungsrichter bis zum 70. Lebensjahr will er festhalten.
Von Abgeordnetem Johann Maier (S) auf das Verhältnis zwischen Verfassungsgerichtshof und Europäischem
Gerichtshof angesprochen, hielt Holzinger fest, der VfGH habe seit 1995 lediglich drei Vorabentscheidungsverfahren
beim EuGH eingeleitet. Durch den Vertrag von Lissabon erwartet er sich keine signifikante Änderung der Beschwerden
beim VfGH.
VwGH-Präsident Clemens Jabloner räumte ein, dass der Verwaltungsgerichtshof von der Entlastung durch
Asylsachen profitiere. So hat es ihm zufolge im Jahr 2009 um 35 % weniger Beschwerden gegeben. Damit konnte der
Rückstand bei den Beschwerdefällen auf 9.200 gesenkt werden. Dennoch hat sich seiner Darstellung nach
an der "notorischen Krisensituation" am VwGH nichts geändert. Abhilfe schaffen könnten nur
echte Verwaltungsgerichte erster Instanz, deren Einrichtung der VwGH laut Jabloner mittlerweile bereits seit zwei
Jahrzehnten fordere.
Jabloner machte sich zudem für "ein konsistentes System des Rechtsschutzes" im Asylbereich stark.
Zunächst müsse der VwGH noch 1.600 alte Asylfälle aufarbeiten und seine Kapazitäten anschließend
ein bis zwei Jahre lang den "übrigen Krisengebieten" widmen, sagte er, in etwa vier Jahren könnte
der Gerichtshof aber durchaus wieder Asylsachen übernehmen. Vorausgesetzt die Reform der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit
sei bis dahin umgesetzt.
Den vorgelegten Begutachtungsentwurf dazu wertete Jabloner jedenfalls als taugliche Grundlage. Lediglich in Bezug
auf die Frage, inwieweit der VwGH auch in der Sache selbst Entscheidungen treffen können solle, sieht er noch
Diskussionsbedarf. Der diesbezügliche Vorschlag der FPÖ sei "nicht grundsätzlich verfehlt",
sagte Jabloner, angesichts der derzeitigen Belastung des Verwaltungsgerichtshofs aber unzweckmäßig.
Als kurzfristige Möglichkeiten zur Entlastung des VwGH kann sich Jabloner ein Ablehnungsrecht gegen Bescheide
der Unabhängigen Finanzsenate, eine Anhebung der Wertgrenzen im Verwaltungsstrafrecht für VwGH-Beschwerden
und eine Ausweitung der Zuständigkeiten der Unabhängigen Verwaltungssenate vorstellen. Diese Schritte
könnten ihm zufolge aber nicht die notwendige Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit ersetzen.
Als "verblüffend" wertete Jabloner die Tatsache, dass der Verwaltungsgerichtshof von Richtern des
Asylgerichtshofs noch kein einziges Mal bezüglich einer Grundsatzentscheidung angerufen worden sei. Was der
Grund dafür ist, konnte er nicht sagen.
Der Bericht der Regierung über die Tätigkeit des VfGH und des VwGH im Jahr 2008 wurde vom Verfassungsausschuss
einstimmig angenommen. Der Entschließungsantrag der FPÖ betreffend Verfassungsgerichtshof fand keine
Zustimmung. Mit S-V-G-Mehrheit vertagt wurde der Antrag der FPÖ auf Änderung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes.
Ortstafel-Konflikt: Oppositionsanträge vertagt
Dem Verfassungsausschuss lagen auch zwei Oppositionsanträge zum Thema Ortstafel-Konflikt vor. Die Grünen
urgieren in einem Entschließungsantrag, sich anlässlich des 55-jährigen Bestehens des Staatsvertrags
von Wien ausdrücklich zu dessen Einhaltung und damit zu den Rechten der slowenischen und kroatischen Minderheit
zu bekennen. Das BZÖ fordert zum wiederholten Mal eine Muttersprachenerhebung in Kärnten, die als Basis
für eine "dauerhafte und endgültige Lösung" der Ortstafelfrage dienen soll (454/A[E]).
Beide Anträge wurden mit der Stimmenmehrheit von SPÖ und ÖVP vertagt.
Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) bemerkte, sein Antrag habe fast symbolischen Charakter. Aber mit dem Bekenntnis
zum Staatsvertrag sei man auch Verpflichtungen eingegangen, die Verpflichtungen im Hinblick auf die Ortstafeln
habe man aber bis heute nicht erfüllt. Er appellierte, endlich die Kultur der Vielfalt in Österreich
sicherzustellen.
Demgegenüber warnte Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V), eine Zustimmung zu dem Antrag würde den
Schluss nahelegen, die Bundesregierung bekenne sich nicht zum Staatsvertrag, und das sei ein Unsinn. Er gab aber
zu, dass es in Österreich in der Frage der Orttafeln einen Nachholbedarf gibt. Dem pflichtete auch Staatsekretär
Josef Ostermayer bei, der große Missverständnisse befürchtete, sollte der Antrag angenommen werden.
Abgeordneter Herbert Scheibner (B) vertrat die Auffassung, das Österreich des 21. Jahrhunderts müsse
sich selbstverständlich zur Umsetzung der Verpflichtungen bekennen, es brauche aber die vier Signatarmächte
nicht mehr, um den Vertrag zu interpretieren.
Ganz anders sahen dies die Abgeordneten Werner Neubauer und Werner Herbert (beide F). Der Staatsvertrag sei erfüllt,
meinten sie, und das hätten auch die Signatarmächte nicht bestritten. Neubauer verwies auf das Prinzip
der Gegenseitigkeit im Völkerrecht und kritisierte scharf, dass die AltösterreicherInnen in Slowenien
nicht als Minderheit anerkannt werden. Er forderte einmal mehr die Abschaffung der Benes-Dekrete und der AVNOJ-Bestimmungen,
denn sie widersprächen der europäischen Wertegemeinschaft. Herbert ergänzte, man stehe deshalb vor
einer verfahrenen Situation, weil die vergangenen Bundesregierungen ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen seien.
Darauf reagierte Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) mit der Feststellung, in dieser Frage gehe es nicht um
Gegenseitigkeit, zumal der Staatsvertrag Österreich Verpflichtungen auferlege, die zu erfüllen sind.
Die Frage der AltösterreicherInnen, die man selbstverständlich unterstütze, könne damit nicht
verknüpft werden.
Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) erinnerte in der Begründung des BZÖ-Antrags zur Muttersprachenerhebung
an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, womit die bis dahin geltende Regelung aufgehoben wurde. Eine Muttersprachenerhebung
würde die tatsächliche Stärke der slowenischen Volksgruppe ergeben, und auf dieser Grundlage könnte
man eine dauerhafte Lösung erarbeiten, die dann auch dem Spruch des Höchstgerichts Rechnung trägt.
Eine Muttersprachenerhebung sei nichts Ungewöhnliches, sogar Slowenien habe eine solche durchgeführt,
sagte Dolinschek.
Eine Muttersprachenerhebung wurde auch von Abgeordnetem Werner Herbert (F) unterstützt. Abgeordneter Werner
Neubauer (F) übte in diesem Zusammenhang auch leise Kritik am Verfassungsgerichtshof. Seine Festlegung auf
10 % habe nicht zur Beruhigung der Lage beigetragen, betonte er. Dennoch habe sich der Verfassungsgerichtshof damit
grundsätzlich für eine Prozentklausel ausgesprochen, und somit auch für eine Minderheitenfeststellung,
interpretierte Neubauer.
Abgeordneter Herbert Scheibner (B) erinnerte daran, dass zwei Mal versucht worden war, ein Ergebnis in der Frage
der Ortstafeln zu erzielen. Man sei aber weder an der ÖVP, noch an der FPÖ, noch an den Grünen gescheitert,
merkte er an. Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) sprach sich inhaltlich gegen den vorliegenden BZÖ-Antrag
aus. Das sei kein Beitrag zur Lösung, stellte er fest. Er halte es für falsch, über die Köpfe
der Minderheit hinweg zu entscheiden. Die Betroffenen müssten eine solche Sprachenerhebung selber wollen.
Abgeordneter Wolfgang Zinggl sah im Antrag wiederum eine "klassische Mobbing-Strategie", wie er sich
ausdrückte.
Abgeordneter Stefan Prähauser (S) stellte daraufhin fest, die Regierung arbeite mit allem Nachdruck an einer
Lösung der Ortstafelfrage. Wenn dieser Vorschlag vorliege, sollte man auch noch einmal über die vorliegenden
Entschließungsanträge diskutieren, weshalb er den Antrag auf Vertagung stellte.
Staatssekretär Josef Ostermayer hatte sich bereits bei der Diskussion über die Tätigkeit des VfGH
und des VwGH zuversichtlich gezeigt, dass in Bezug auf die Ortstafel-Frage eine gute Lösung auf Basis eines
breitest möglichen Konsenses gefunden werde. Er habe den Eindruck, dass man auf gutem Weg sei, betonte er.
Laut VfGH-Präsident Gerhard Holzinger sind derzeit 15 Verfahren zur Ortstafelproblematik beim VfGH anhängig.
14 davon betreffen konkrete Ortstafeln, in einem Fall hat die Volksanwaltschaft die bestehende Topographie-Verordnung
angefochten. Der VfGH wird sich ihm zufolge in der Juni-Session mit diesem Verfahren befassen. |