Finanzminister Josef Pröll in der Aktuellen Stunde des Bundesrats
Wien (pk) - Bundesrat Gottfried KNEIFEL (V/O) eröffnete die Fragestunde des Bundesrat am 02.06.:
Europa befinde sich in einer schwierigen Phase, die nun schon mehrere Jahre andauere. Man neige in solchen Momenten
dazu, ein wenig abzustumpfen, doch man dürfe in dieser kritischen Situation nicht nachlassen, den negativen
Entwicklungen gegenzusteuern. Es gelte, die Lehren aus diesen Vorfällen zu ziehen.
Die Spekulanten hätten diese Krise nicht verursacht, sie hätten vielmehr einen fruchtbaren Boden für
ihre Aktivitäten gefunden. Es seien die Rahmenbedingungen gewesen, die zur heutigen Lage geführt hätten,
denn vor der Krise hätten viele Staaten über ihre Verhältnisse gelebt, hätten Schulden gemacht,
wodurch sie schon vor der Krise in die Krise geraten seien.
Der Redner erinnerte daran, dass Ökonomie wörtlich "das Gesetz vom richtigen Haushalten" bedeute,
und genau daran müsse man sich nun auch halten. Man komme nicht umhin, mit dem nötigen Ernst an die Konsolidierung
zu schreiten, und die Vorgangsweise der Bundesregierung sei in diesem Zusammenhang beispielhaft für Europa.
Konkret sei eine Reform der europäischen Finanzarchitektur ein absolutes Muss. So brauche man eine europäische
Rating-Agentur und eine europaweite Finanztransaktionssteuer.
Bundesrat Johann KRAML (S/O) rekapitulierte die Maßnahmen, die zur Stabilisierung der europäischen Finanzlandschaft
gesetzt wurden und sprach in diesem Zusammenarbeit von einer "Herkulesarbeit". Er glaube nicht, dass
die Völker Europas über ihre Verhältnisse gelebt hätten, vielmehr seien die Spekulanten für
die kritische Lage verantwortlich, denn diese Spekulation sei das Grundübel der Ökonomie. Die Finanzmärkte
müssten endlich reguliert werden, die Banken sollten auf ihre ursprünglichen Aufgaben zurückgeführt
werden.
Die Sanierung dürfe nicht über Massensteuern ins Werk gesetzt werden, da dies volkswirtschaftlich kontraproduktiv
wäre. Vielmehr sollten jene zur Kasse gebeten werden, die von diesem System bislang profitiert und die Krise
mit ihrem Agieren verursacht hätten. Es dürfe nicht sein, dass die Bürgerinnen und Bürger die
Krise auszubaden hätten, vielmehr müsse man eine Politik machen, die solche Entwicklungen wie jene, die
zur Krise geführt hätten, künftig verhindere.
Konkret sprach der Redner davon, die ungerechte Gruppenbesteuerung zu überdenken, denn es könne ja nicht
sein, dass der Portier eines Unternehmens mehr Steuern bezahle als das ganze Unternehmen selbst. Auch gehörten
Managergehälter beschränkt, und die Steuerrückstände der Unternehmen sollten energischer eingefordert
werden. Natürlich müssten alle zur Sanierung beitragen, doch würde das den Bürgerinnen und
Bürgern leichter fallen, wenn sie sähen, dass auch von der anderen Seite Geld hereinkomme.
Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) meinte, man müsse sich die Rolle der Banken anschauen, denn bei
allen großen Wirtschaftskrisen kam den Banken eine ganz besondere Rolle bei der Auslösung dieser Krisen
zu. Die Banken müssten sich wieder auf ihr eigentliches Geschäft zurückziehen und die verfehlte
Politik rund um die Euro-Einführung sei umgehend zu korrigieren. Skeptisch zeigte sich die Rednerin hinsichtlich
des Euro-Rettungspakets, denn es stehe zu befürchten, dass der europäische Steuerzahler von diesen 750
Mrd. Euro keinen Cent mehr sehen werde. Vielmehr brauche es eine grundlegende Systemänderung.
Es könne nicht sein, dass die Gewinne den Banken, die Schulden aber den Bürgern gehören würden.
Den Bürgern müsse das Vertrauen in das System zurückgegeben werden, und dazu sei es unumgänglich,
dass gegen die Spekulanten konsequent vorgegangen werde. Die Regierung beschränke sich in dieser kritischen
Phase auf Ankündigungen, die noch dazu nebelhaft blieben. Die Regierung müsse endlich ihre Hausaufgaben
erledigen, denn dazu sei sie schließlich gewählt worden.
Bundesminister Josef PRÖLL nutzte die Gelegenheit, über die gesetzten Maßnahmen zu reflektieren
und meinte, dies sei nicht die Zeit für parteipolitischen Hickhack, vielmehr gelte es, gemeinsam für
eine Sanierung des heimischen Haushalts zu sorgen. Pröll zeigte sich überzeugt, dass Österreich
geeint und gestärkt aus dieser Krise hervorgehen werde.
Man habe Griechenland helfen müssen, um das europäische Projekt nicht zu gefährden. Die Art, wie
die Amerikaner die Lehman-Bank "den Bach hinuntergehen ließen", zeige, wie fatal eine solche Vorgangsweise
sei. Man musste also diesen Rettungsschirm spannen, um eine negative Sogwirkung zu vermeiden. Sodann zählte
der Redner die konkreten Schritte auf, die man zur Euro-Rettung gesetzt habe, und erläuterte die Auswirkungen
dieser Maßnahmen.
Damit, so schloss Pröll, habe man sichergestellt, dass die gemeinsame Währung auch weiterhin eine Zukunft
habe. Spekulation könne nur dort greifen, wo sie entsprechende Rahmenbedingungen vorfinde, und daher gelte
es, diesen Machinationen den Boden zu entziehen, gelte es, die richtigen Lehren aus dieser Krise zu ziehen. Der
Minister kündigte an, dass man die europäische Finanzarchitektur neu gestalten werde, damit es nicht
mehr zu solch negativen Entwicklungen wie jenen, die zu dieser Krise führten, kommen könne.
Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) ortete ein Auseinanderklaffen zwischen jenen, die immer mehr verdienten und jenen,
die immer weniger verdienten. In diesem Lichte müsse man beim Sparen äußerst behutsam vorgehen,
gehe es dabei doch darum, einen Ausgleich zwischen diesen beiden Gruppen zu schaffen.
Die Rettungsaktion für Griechenland sei alternativlos gewesen, denn man habe ja auch Kärnten mit seinem
Bankendebakel nicht sich selbst überlassen können. Man sei nun einmal ein gemeinsames Europa, und Griechenland
sei Europas Kärnten. Damit sei jedenfalls eine Grundsatzentscheidung gefallen, weshalb man den eingeschlagenen
Weg nun konsequent weitergehen müsse.
Bundesrätin Anneliese JUNKER (V/T) rief dazu auf, "unserem Finanzminister zu vertrauen". Die Sanierung
Europas müsse gemeinsam gemacht werden, man müsse die Finanzen ausgaben- und einnahmenseitig sanieren,
gleichzeitig innovative und nachhaltige Initiativen setzen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Dazu sei
es unabdingbar, dass man gemeinsam an diesem für das Land so wichtigen Projekt arbeite.
Dies gelte, so die Rednerin, auch für den europäischen Rahmen. Jeder gesparte Euro bedeute weniger Steuern,
und jedes Prozent Wachstum bedeute mehr Einnahmen. Von dieser Grunderkenntnis müsse man sich leiten lassen,
schloss die Rednerin.
Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) warnte davor, das Budget durch eine Erhöhung von Massensteuern sanieren
zu wollen, denn dies würde einen kontraproduktiven Effekt auf die heimische Volkswirtschaft haben. Auch sei
es unzulässig, zu sagen, dass "wir" über unsere Verhältnisse gelebt hätten. Die Mindestrentner,
die Armutsgefährdeten und die prekär Beschäftigten hätten sicher nicht über ihre Verhältnisse
gelebt.
Insofern sei es auch unstatthaft, sich gegen die Mindestsicherung zu stellen. Man solle nicht andauernd von Sozialbetrug
reden, vielmehr solle man sich endlich dem groß angelegten Steuerbetrug zuwenden, denn dieser sei fraglos
das wesentlich größere Problem. Es gebe immer noch viele Menschen in Österreich, die bei einer
Vollbeschäftigung unter 1.000 Euro verdienten. Hier müsste dringend angesetzt werden.
Hinsichtlich der Wirtschaftskrise solle man nicht Ursache mit Wirkung verwechseln. Es seien die Finanzmärkte
gewesen, die diese Krise verursacht hätten, die Krise habe die Schulden bewirkt und nicht umgekehrt. Und daher
sei es nicht hinnehmbar, nun noch einmal jene, die schon einmal unter der Krise gelitten hätten, abermals
zur Kasse bitten zu wollen.
Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) behauptete, man könne die Verursacher der Krise nicht mehr namhaft
machen, aber man wisse genau, wer dafür zur Kasse gebeten werde: der Bund, die Länder, die Gemeinden
und die Familien. Es bestehe die Gefahr, dass Griechenland nicht das letzte Land sei, dem Österreich helfen
müsse, wie dies ja durch den Vertrag von Lissabon vorgesehen sei. Doch solche Hilfsleistungen würden
die Bürger der Nettozahlerländer überfordern. Das müsse man bedenken, erklärte die Rednerin,
die in diesem Lichte eine Staats- und Verwaltungsreform einmahnte.
Bundesrat Peter ZWANZIGER (B/K) wies darauf hin, dass man sich in der größten Krise seit den 30er Jahren
des 20. Jahrhunderts befinde. In dieser Lage dürften sich Bankdirektoren freuen, während der griechische
Bürger von diesem Rettungspaket gar nichts habe. Auch werde kein einziger Österreicher einen Nutzen daraus
ziehen können, dass es dieses Rettungspaket für Griechenland gebe. Abermals würden nur die Banken
davon profitieren. Der Redner hielt die Einführung des Euro für einen Fehler und warnte davor, dass es
bei diesem einen Rettungspaket nicht bleiben werde. |