Ärztekammer vs. SVA  

erstellt am
01.06. 10

Gleitsmann fordert von Ärztekammer soziale Verantwortung …
Versicherte in der Mindestbeitragsgrundlage müssen weiterhin bargeldlos behandelt werden
Wien (svagw) - "Für unsere Versicherten mit geringem Einkommen tragen wir eine besonders hohe Verantwortung", sagte der stv. Obmann der SVA Martin Gleitsmann am 01.06. "60 Prozent der SVA-Versicherten haben ein monatliches Einkommen unter 1.000 Euro. Für uns ist es nicht akzeptabel, dass auch nur ein Versicherter sich künftig überlegen muss, ob er sich medizinische Versorgung noch leisten kann, wenn die Ärztekammer eine 20-prozentige Tariferhöhung und Barverrechnung empfiehlt. Wir verlangen nun endlich auch von der Ärztekammer eine Bewegung: Sie muss der Ärzteschaft empfehlen, zumindest bei Patienten in der Mindestbeitragsgrundlage die eCard auch weiterhin automatisch zu akzeptieren."

Obwohl diese Forderung auch von Patientenanwalt Gerald Bachinger formuliert wurde, drücke sich die Ärztekammer beharrlich vor einem solchen Zugeständnis - obwohl es ein Gebot der Fairness sei, die schwächste Versichertengruppe nicht in den Tarifstreit hineinzuziehen.

"Für diese Versicherten wäre es eine unglaubliche Erleichterung, wenn sie auch in der vertragslosen Zeit bargeldlos zum Arzt gehen könnten - dem kann sich eine Standesvertretung mit einer derart hohen Verantwortung nicht entziehen", so Gleitsmann weiter. Ungeachtet der weiterhin beinharten Blockadehaltung der Ärztekammer habe die SVA indes auch für Menschen mit kleinem Einkommen ein Sicherungsmodell in Form des Arztkostenvorschusses geschaffen: Versicherte, die sich in einer schwierigen Lage befinden, erhalten durch den Vorschuss der SVA die notwendige finanzielle Unterstützung zur Vorfinanzierung dringend erforderlicher Arztbesuche", so Gleitsmann und abschließend: "Damit Versicherte aber nicht zu Bittstellern werden müssen, ist nun die Ärztekammer dringend gefordert!"

 

Wechselberger: Doppelstrategie und Verunsicherung der Patienten
Ärztekammer weist Attacken zurück und erneuert Angebot - SVA muss soziale Verantwortung übernehmen
Wien (öak) - Die heute vom geschäftsführenden SVA-Obmann, Martin Gleitsmann, gegen die Ärzteschaft gerittenen Attacken werden von der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) in einer ersten Reaktion vehement zurückgewiesen. Wie der erste ÖÄK-Vizepräsident, Arthur Wechselberger, sagte, würde der aggressive Stil nicht dem Charakter der am Wochenende mit Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl geführten Verhandlungen entsprechen. Offensichtlich handle es sich dabei um eine Doppelstrategie, bei der Gleitsmann gleichsam als "Sprachrohr" Leitls auftrete.

Es obliege der Gewerbeversicherung, sich um ihre Versicherten zu kümmern und ihre soziale Verantwortung wahr zu nehmen. Genauso wie die Ärzteschaft ihrer Verpflichtung gegenüber ihren Patientinnen und Patienten zu einer bestmöglichen Behandlung nachkomme, so Wechselberger.

Die SVA habe in den vergangenen Monaten hinsichtlich ihrer Verhandlungsposition "keinerlei Bewegung" gezeigt. Sie habe ihren Standpunkt entgegen ihren eigenen Aussagen gebetsmühlenartig wiederholt. Wechselberger erneuerte indes das Angebot der Ärztekammer: "Wenn die SVA schon vier Prozent den direktverrechnenden Ärzten anbietet, dann sollte es doch möglich sein, dies auch, wie von der Ärztekammer gefordert, im Rahmen eines Gesamtvertrages für alle Vertragsärzte zu paktieren."

Sollte die SVA auf dieses Angebot nicht einsteigen, so vermutet der ÖÄK-Vize dahinter die Absicht, das System zu sprengen. "Die Gewerbeversicherung baut Zugangshürden auf und schürt unbegründete Ängste bei ihren Versicherten. Dadurch verknappt sie das Angebot und erschwert Patientinnen und Patienten den Zugang zu medizinischer Versorgung." Das sei offensichtlich eine Strategie, die zu massiven Einsparungen und Leistungskürzungen führen solle.

Patientenanwalt Gerald Bachinger forderte Wechselberger dazu auf, "sich in der vertragsfreien Zeit massiv darum zu kümmern, dass Patientinnen und Patienten unbürokratisch und rasch die von ihnen ausgelegten Beträge für ärztliche Hilfe zurückerstattet bekommen".

 

Matznetter: Vertragsloser Zustand muss so rasch als möglich beendet werden
Klärung eines Härtefonds für sozial schwächste UnternehmerInnen
Wien (sk) - "Wir müssen alles daran setzen, den vertragslosen Zustand so rasch als möglich zu beenden", forderte SPÖ-Wirtschaftssprecher und WKO-Vizepräsident Christoph Matznetter. Hunderttausende Selbstständige müssen sich ab heute den Arzt selbst zahlen, das ist untragbar. Wir müssen sicherstellen, dass gerade jene mit geringem Einkommen auch ohne Geld in der Tasche zum Arzt gehen können", so Matznetter.

Der SPÖ-Wirtschaftssprecher fordert eine öffentliche Diskussion zu einem Sozial- oder Härtefonds, der in den "schlimmsten Fällen, wo Menschen gar keine Mittel haben, den Arzt zu bezahlen", aushelfen kann. Außerdem müsse man die UnternehmerInnen rasch und umfassend über die Möglichkeiten informieren, sich in Ambulatorien und Spitälern weiterhin kostenfrei behandeln zu lassen. "Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband arbeitet gerade Vorschläge aus, was gesetzlich machbar ist. Wir werden diese Vorschläge am Montag präsentieren", so Matznetter abschließend.

 

Karlsböck: Vertragsloser Zustand mit SVA ist untragbar
Therapieentscheidungen müssen von Ärzten getroffen werden
Wien (fpd) - "Therapieentscheidungen müssen auch weiterhin von Ärzten und nicht von Gesundheitsökonomen getroffen werden", stellte sich der freiheitliche Ärztesprecher NAbg. Dr. Andreas Karlsböck im Streit um Verträge mit der SVA, klar auf die Seite der Ärztekammer. "Der vertragslose Zustand ist ein Skandal der Versicherung!"

Das von der SVA angestrebte "Managed Care"-System sei nichts anderes als eine Deckelung der medizinischen Leistungen und eine Komplettumstellung des bewährten Systems, kritisierte Karlsböck. "Das ist medizinischer Neoliberalismus übelster Sorte, der den bedauernswerten SVA-Versicherten anglo-amerikanische Zustände bescheren wird", befürchtet der freiheitliche Ärztesprecher.

Das von der SVA und Wirtschaftskammer geforderte Modell sehe fixe Pauschalen für die Behandlung von Patienten vor, was eine individuelle Betreuung von Patienten verunmögliche und auch allen modernen Erkenntnissen der Medizin, wie etwa der verstärkten Berücksichtigung der Geschlechter, widerspreche, so Karlsböck. Weiters befürchtet Karlsböck, dass die Ethik zu Gunsten der Ökonomie in den Hintergrund treten werde, wenn man erst Ökonomen die Therapieentscheidungen überantworte. "Wer entscheidet in Zukunft darüber, ob ein Patient eine notwendige aber teure Behandlung bekommt, oder nicht? Die Zukunft der SVA-Versicherten lautet: Zahl oder stirb", führte Karlsböck Leitl sein "Managed Care"-System vor Augen.

Mit diesem "Managed Care"-System verabschiede sich die ÖVP, samt ihrer Wirtschaftskammer, vom christlich-sozialen Gedanken und betreibe übelsten Neoliberalismus, so Karlsböck, der betonte, dass die FPÖ als soziale Heimatpartei nun die einzige Kraft in Österreich sei, die sich für die Anliegen und die Gesundheit der tausenden Gewerbetreibenden einsetze.

"Unsere Gewerbetreibenden haben ein Recht darauf, die Behandlung zu bekommen, die sie benötigen, schließlich zahlen sie ja nicht gerade wenig SVA-Beiträge", so Karlsböck, der es auffällig findet, dass dieser Anschlag auf die Gesundheitsversorgung der Selbständigen, unmittelbar nach der Wirtschaftskammerwahl erfolgt.

 

Bucher: Unwürdiger Streit auf dem Rücken von 450.000 Selbständigen
BZÖ-Bündnisobmann fordert grundlegende Reform des Gesundheitswesens
Wien (bzö) - BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher kritisierte den unwürdigen Streit zwischen der Ärztekammer und der SVA. "Das Scheitern der Verhandlungen bedeutet, dass über 450.000 Selbstständige ihre Arztkosten selbst zahlen müssen. Dieser Machtkampf ist brutal und wird auf dem Rücken der unschuldigen Gewerbetreibenden ausgetragen! Offenbar hat man es auf beiden Seiten mit verantwortungslosen Verhandlern zu tun, sonst wäre es nie zu dieser dramatischen Situation gekommen", wetterte Bucher.

Bucher forderte als Konsequenz eine umfassende und grundlegende Reform des Gesundheitssystems. "Wir brauchen eine einheitliche Leistungsfinanzierung und -honorierung der Gesundheitskosten sowie die Zusammenlegung aller Sozialversicherungsträger. Rot und Schwarz sind hier seit Jahren säumig. Wenn sich hier nicht bald etwas ändert, droht ein großes Chaos im Gesundheitsbereich", warnte der BZÖ-Chef.

 

 Lichtenecker: Vertragsloser Zustand muss abgewendet werden
Bemühungen um Einigung müssen intensiviert werden
Wien (grüne) - "Das Wohl und die Sicherheit der Versicherten hat oberste Priorität", mahnt Ruperta Lichtenecker, Wirtschaftssprecherin der Grünen. Ein drohender vertragsloser Zustand für die Versicherten muss abgewendet werden. "Die Zeit drängt, der Tarifstreit zwischen den Vertretern der Ärzte und der Sozialversicherung muss entschärft und eine tragbare Lösung für die mehr als 400.000 Versicherten und ihre Familien gefunden werden. Die Versicherten leisten ihre Pflichtbeiträge und haben damit ein Recht darauf, dass die Sozialversicherung ihre Pflicht erfüllt und mit voller Kraft an einer tragbaren Lösung arbeitet", fordert Lichtenecker.
     

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