EU verstärkt Kampf gegen Menschenhandel und Kinderpornographie   

erstellt am
10. 06. 10

EU-Unterausschuss begrüßt Vorschläge der Kommission
Wien (pk) - Der Kampf gegen den Menschenhandel und gegen den sexuellen Missbrauch sowie der Opferschutz waren am 09.06. zentrales Thema des EU-Unterausschusses. Die EU-Kommission hat dazu Vorschläge zu zwei Richtlinien vorgelegt, die ein besseres abgestimmtes Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten sowie eine engere Zusammenarbeit auf internationaler Ebene in diesen Bereichen zum Ziel haben. Dabei handelt es sich einerseits um die Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz andererseits um die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie.

Beide Richtlinienentwürfe wurden von den Abgeordneten aller fünf Fraktionen unisono begrüßt, was auch durch zwei S-V-Anträge auf Ausschussfeststellung bekräftigt wird, die den Ausschuss mit großer Mehrheit passierten. Die Abgeordneten sprechen sich darin jedoch für Präzisierungen in den EU-Vorlagen aus.

Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner stellte dazu fest, in Österreich gebe es auf Grund der guten Rechtslage nur geringen Anpassungsbedarf. Neu in österreichisches Recht aufgenommen werden müsste laut Erläuterungen des Justizministeriums der Tatbestand des "Grooming". Damit bezeichnet man die Kontaktaufnahme zu Kindern zum Zweck des sexuellen Missbrauchs. Die Abgeordneten traten auch eindeutig dafür ein, Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten zu löschen.

Der Vorschlag zur Bekämpfung des Menschenhandels sieht ausdrücklich auch das Ausnützen von Personen, die zum Betteln oder Stehlen gezwungen werden, als Menschenhandel an. Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner bemerkte dazu, schon die Tatsache, dass Kinder von Großfamilien, die sich temporär in einem EU-Staat ansiedeln, zum Betteln und Stehlen angehalten werden und keine schulische Ausbildung erhalten, mache die Notwendigkeit einer engen grenzüberschreitenden Kooperation deutlich.

Der Vorteil der Annäherung im Bereich des materiellen Strafrechts und der Verfahrensvorschriften innerhalb der EU liegt in der Erleichterung eines abgestimmten Vorgehens und damit einer Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit, unterstrich die Ministerin.

EU verstärkt Zusammenarbeit im Kampf gegen Menschenhandel
In der Vorlage zu einer effizienteren Bekämpfung des Menschenhandels wird der Straftatbestand des Menschenhandels genau definiert. Demnach fällt darunter jeglicher Handel mit Menschen, egal ob gewaltsam durch Nötigung, Bestechung, Betrug oder Ausnützung eines Autoritätsverhältnisses. Es sind auch umfassende und verbindliche Regelungen im Hinblick auf die gerichtliche Zuständigkeit vorgesehen, vor allem wird dem Opferschutz mehr Beachtung geschenkt. Das reicht von der Einführung zur frühzeitigen Erkennung und Unterstützung von Opfern über den Zugang zu notwendigen medizinischen Behandlungen und psychologischen Hilfen bis hin zu Vorkehrungen, die Opfer, insbesondere Kinder, im Strafverfahren im besonderen Maße unterstützen und begleiten. Auch die Prävention gewinnt an Bedeutung. So sollen verstärkt Schulungen erfolgen und Schritte in die Wege geleitet werden, die der Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen und billigen Arbeitskräften entgegenwirken. Geplant ist auch eine strafrechtliche Verfolgung von Personen, die unter Zwang erbrachte Dienste nutzen, obwohl sie wissen, dass der/die Betreffende Opfer von Menschenhandel ist. In den einzelnen Mitgliedstaaten sollen darüber hinaus nationale BerichterstatterInnen eingesetzt oder gleichwertige Mechanismen eingeführt werden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu prüfen.

In der einstimmig angenommenen V-S-Ausschussfeststellung wird die Tatsache hervorgehoben, dass die geschlechts- und altersspezifische Komponente von Menschenhandel besonders beachtet werden soll. Befürwortet wird insbesondere die Strafbarkeit juristischer Personen, womit man die Mitwirkung am Menschenhandel unter dem Deckmantel einer Organisation oder eines Unternehmens unterbinden will. Es sollte nach Ansicht der Abgeordneten geprüft werden, ob den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Option eingeräumt werden kann, juristische Personen für Handlungen unter Strafe zu stellen, bei denen zwar keine Begünstigung aber dennoch ein grobes, der juristischen Person zuzurechnendes Verschulden vorliegt.

Die Diskussion zeigte dann auch allgemeine Zustimmung zum geplanten Richtlinienvorschlag. Abgeordnete Christine Muttonen (S) hob die Bedeutung der einheitlichen Definition von Menschenhandel und die besondere Beachtung der geschlechts- und altersspezifischen Komponente hervor, zumal ein Großteil der Opfer von Menschenhändlern Frauen und davon wieder ein hoher Prozentsatz Minderjährige sind. Ebenso zeigte sie sich über die Bestimmungen zu einem verbesserten Opferschutz zufrieden. Ähnlich positiv reagierte Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V), der auf die Bedeutung des Menschenhandels im Rahmen des internationale organisierten Verbrechens hinwies. Der Menschenhandel habe viele Facetten, sagte Donnerbauer, weshalb auch in Österreich entschiedene Schritte zur Eindämmung dieser Verbrechen gesetzt worden seien. Die Abgeordneten Johannes Jarolim (S) und Albert Steinhauser (G) pflichteten dem bei und stellten fest, die unumgängliche internationale Zusammenarbeit könne jedoch innerstaatliche Maßnahmen nicht ersetzen, um diesen Verbrechenszweig einzudämmen.

Abgeordneter Johannes Hübner (F) monierte, es müsse auch in Zukunft sicher gestellt sein, dass die einzelnen Länder strengere Bestimmungen, als sie in der Richtlinie enthalten sind, vorsehen können. Unterstützung für die Vorlage kam schließlich auch vom BZÖ, wobei Abgeordneter Herbert Scheibner (B) mehr Druck auf jene Länder verlangte, von denen ein Teil des Problems ausgeht. Auch werde der Erfolg der legislativen Maßnahmen von der konkreten Umsetzung abhängen, sagte er und übte Kritik an der Wiener Stadtpolitik, wo man seiner Meinung nach zu wenig gegen die Mafia im Prostitutionsbereich unternimmt.

Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt löschen
Mit Hilfe des zweiten Richtlinienvorschlags würden nun schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern, die derzeit nicht von den EU-Rechtsvorschriften erfasst sind, unter Strafe gestellt. Die Definition des Tatbestands der Kinderpornographie wird vereinheitlicht und den Übereinkommen von Europarat und UNO angenähert, das Strafausmaß soll so erhöht werden, dass die Strafen verhältnismäßig, wirksam und abschreckend sind.

Unter Strafe gestellt werden sollen insbesondere pornografische Online-Darbietungen sowie der bewusste Zugriff auf Kinderpornografie. Damit soll auch das Anschauen von Kinderpornografie auf Webseiten erfasst werden, was in Österreich seit dem 2. Gewaltschutzgesetz bereits strafbar ist. Erleichtert werden soll auch die Strafermittlung. Straftäter aus der EU, die außerhalb der Union Kinder missbrauchen oder ausbeuten, können in Zukunft ebenfalls verfolgt werden, womit man dem Sex-Tourismus begegnen will. Die Bestimmungen würden auch zu einem EU-weiten Verbot für Sexualstraftäter führen, Tätigkeiten im Kontakt mit Kindern auszuüben. Auch in diesem Richtlinienvorschlag gibt es zahlreiche Bestimmungen zu einem verbesserten Opferschutz und zu mehr Prävention. Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner wies in diesem Zusammenhang auf die Vorreiterrolle Österreichs beim Opferschutz hin. So gebe es bereits seit 16 Jahren opferschonende Vernehmungen. Durch die fortschrittliche österreichische Gesetzgebung würde die geplante Richtlinie keinen Änderungsbedarf in Österreich hervorrufen, sagte sie.

Auch zu dieser Vorlage äußerten sich die Abgeordneten aller Fraktionen durchwegs positiv. So begrüßte etwa Abgeordneter Johannes Jarolim (S) die Initiative der Kommission. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) betonte die Wichtigkeit der Maßnahmen, denn kriminelle Handlungen an Kindern zählten zu den abscheulichsten Verbrechen, und die Opfer litten oft lebenslang unter den Folgen. Beide wiesen auf das hohe Niveau der österreichischen Gesetzgebung hin und erinnerten an das zweite Gewaltschutzpaket zur effizienteren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs.

In der von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ angenommenen V-S-Ausschussfeststellung wird der Entwurf als ein wichtiger Schritt bezeichnet, um die Bekämpfung von Kinderpornografie in Europa und darüber hinaus voranzutreiben, Lücken sowohl in der Strafverfolgung als auch im Opferschutz zu schließen und eine angemessene Abschreckungswirkung zu erzeugen. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) ging näher auf den Inhalt des Antrags ein und unterstrich die Wichtigkeit einer gemeinsamen Definition der Straftatbestände, die die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erleichtert. Er unterstützte auch die vorgesehene Strafbarkeit juristischer Personen.

Eine ausführlichere Diskussion entwickelte sich zum Thema Internet. In der mehrheitlich angenommenen Ausschussfeststellung heißt es, die Möglichkeit, Internetseiten zu sperren, stelle eine weitere Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderpornografie dar. Keinesfalls dürften dadurch aber die Anstrengungen zur Löschung von kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet nachlassen.

Zu diesem Thema legten auch die Grünen einen Antrag auf Ausschussfeststellung vor, in dem rechtliche Rahmenbedingungen gefordert werden, die sicherstellen, dass die Provider in jenen Staaten, in denen sich die Server befinden, kinderpornografische Inhalte löschen. Abgeordneter Albert Steinhauser (G) erläuterte dazu, Internetsperren würden den Inhalt nicht aus dem Netz entfernen. Es würde lediglich ein technischer Vorhang darüber gestülpt, womit die Inhalte über Nummernadressen weiterhin abrufbar seien. Mit dem Sperren von Seiten würde man damit nur einem Placebo-Effekt erzielen. Es gehe einfach darum, die Märkte trocken zu legen. Die EU müsse auch Druck auf jene Länder ausüben, die die Inhalte nicht löschen wollen, weshalb man die Diskussion auch auf der Ebene der UNO führen sollte.

Die Abgeordneten Johannes Jarolim (S) und Heribert Donnerbauer (V) wiesen darauf hin, sowohl im Richtlinienentwurf, als auch in der angenommenen Ausschussfeststellung werde festgehalten, dass das Löschen Vorrang vor dem Sperren haben müsse. Dennoch sei es oft sehr schwierig, dies bei Drittländern durchzusetzen, weshalb es die zweitbeste Alternative, nämlich das Sperren, geben müsse. Ministerin Bandion-Ortner ergänzte, die EU intensiviere in dieser Frage die Verhandlungen mit anderen Ländern. Der Antrag der Grünen wurde mehrheitlich von SPÖ und ÖVP abgelehnt.

Nachdem Abgeordneter Herbert Scheibner (B) in einem weiteren Antrag auf Ausschussfeststellung die Abschaffung der Verjährungsfristen bei strafbaren Handlungen gegen die Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen gefordert hatte, wurde auch dieses Thema in der Diskussion näher beleuchtet. Bundesministerin Bandion-Ortner hielt diesen Vorschlag für wenig zielführend, da eine Abschaffung zu einer weiteren schweren Belastung der Opfer führen könnte, da nach etwa 40 Jahren die Beweisführung schwierig sei. Die österreichische Rechtslage, wonach die Verjährungsfrist erst mit dem 28. Lebensjahr der Opfer beginnt, sei ausreichend. Außerdem sei zu bedenken, dass von einer solchen Maßnahme nur zukünftige Fälle betroffen wären und heutige Opfer aufgrund der zahlreichen Opferschutzeinrichtungen wesentlich früher über das ihnen zugefügte Leid sprechen.

Dennoch meinte Abgeordneter Albert Steinhauser (G), man sollte über die Verjährungsfristen einen Round-Table mit StrafrechtsexpertInnen und PsychotherapeutInnen abhalten. Es hätten sich die technischen Mittel verbessert, um lange zurückliegende Fälle aufzuklären. Dem stimmte auch Abgeordneter Johannes Jarolim (S) zu. Es sei sehr unterschiedlich, wann Opfer in der Lage seien, über das, was ihnen angetan wurde, zu reden. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) warf ein, in vielen Fällen würden die Opfer die Täter nicht kennen, durch moderne technische Mittel könnten aber nunmehr die Spuren nach Jahrzehnten zu den Tätern führen.

Der von den anderen Fraktionen abgelehnte Antrag des BZÖ enthält darüber hinaus etwa auch die Forderung nach Verdoppelung der Strafrahmen von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen, nach verpflichtend lebenslangen Kontrollmaßnahmen im Anschluss an die Haftentlassung und nach einer generellen Anzeigepflicht. Das BZÖ wendet sich auch gegen eine bedingte Strafnachsicht sowie gegen eine bedingte Entlassung bei Freiheitsstrafen wegen Sexualdelikten an minderjährigen Personen. Scheibner wollte dies als ein Signal dafür sehen, dass für den Staat und die Gesellschaft sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen als ein Kapitalverbrechen angesehen wird und dass hier keine Rücksichten gelten dürften wie bei anderen Straftaten. Vor allem dürfe man das Restrisiko von Wiederholungstätern nicht Kindern und Jugendlichen aufbürden.

Den Einwand des Abgeordneten Johannes Hübner (F) dass der Antrag zu weit gehe, weil er, wie auch die Vorlage der Kommission, nicht zwischen Jugendlichen unter 14 Jahren und Jugendlichen über 14 Jahren unterscheide, begegnete Scheibner mit dem Hinweis, sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sei nicht vergleichbar mit Körperverletzung und Vermögensdelikten. Hier gehe es um den Eingriff in die Psyche und Integrität von Menschen, die das Ausmaß anderer Delikte übersteigen. Abgeordneter Hübner blieb jedoch bei seiner Feststellung, durch die mangelnde Differenzierung zwischen Mündigen und Unmündigen würde der Rechtsstaat um wichtige Aspekte beraubt. Die Ministerin informierte daraufhin die Abgeordneten, dass diese Frage in einem Arbeitsdokument aufgeworfen werde und die Diskussion darüber laufe.
     
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