Wien (bmi) - "Kulturgutkriminalität ist kein Kavaliersdelikt, sondern
eine Kriminalitätsform, die weite Bereiche der Gesellschaft bedroht", sagte General Franz Lang anlässlich
der internationalen Konferenz zum illegalen Kulturguthandel in Mittel- und Osteuropa in Wien (8. bis 10. Juni 2010).
Diese Konferenz, die das Generalsekretariat Interpol gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt in Österreich durchführt,
hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Akteuren weiter zu intensivieren und neue Erfahrungen
und Erkenntnisse auszutauschen. Neben Vertretern zahlreicher Staaten nehmen auch UNODC, UNESCO und ICOM (International
Council of Museums) an der Konferenz teil.
Österreich bzw. das Bundeskriminalamt arbeitet mit Interpol von Beginn an eng zusammen. Vor allem die internationale
Kunstdatenbank, in der gestohlene Kunstgegenstände gespeichert werden, ist ein mittlerweile unverzichtbares
Werkzeug für die tägliche Arbeit.
Zudem ist die internationale Zusammenarbeit für die Bekämpfung der Kulturgutkriminalität sehr wichtig:
fast jeder Fall entwickelt eine internationale Dimension. "Viele unserer Fälle der letzten Jahre haben
gezeigt, dass gestohlene Kulturgüter eine Reise um den halben Erdball machen bevor sie wieder auftauchen.
Ohne den internationalen kriminalpolizeilichen Informationsaustausch ist heute im Kulturgutbereich keine Ermittlung
mehr möglich", sagte Mag. Anita Gach, Leiterin des Referates Kulturgutkriminalität im Bundeskriminalamt.
Als Beispiele nannte sie ein Gemälde von Ferdinand Georg Waldmüller, das in Wien gestohlen wurde und
zwei Monate später in Rumänien sichergestellt werden konnte. Durch die Fahndung via Interpol hatte die
rumänische Polizei bereits sämtliche wichtige Informationen über die in Wien gestohlenen Kunstgegenstände
erhalten. Und auch die Anfang der 70er Jahre gestohlene Madonna von Leobendorf in Niederösterreich tauchte
2003 in München auf einer Kunstmesse wieder auf. Sie wurde dort von einem holländischen Kunsthändler
angeboten, der sie in New York ersteigert hatte. Ein weiteres Beispiel ist ein aus dem Schloss Schönbrunn
1998 gestohlener Haarstern der Kaiserin Elisabeth, der 2007 in Kanada sichergestellt werden konnte.
Zum illegalen Kulturguthandel werden aber nicht nur gestohlene, sondern auch gefälschten oder illegal ausgegrabene
Gegenstände gezählt. "Was Fälschungen betrifft, haben wir in den letzten Jahren vermehrt gefälschte
Gemälde zeitgenössischer Künstler, auch österreichischer Künstler, festgestellt. Es kursieren
Totalfälschungen, die eigentlich Neuschöpfungen sind, aber durch die Signatur eines berühmten Künstlers
als Totalfälschungen bezeichnet werden können. Und es gibt verfälschte Kunstwerke, die vermutlich
den Großteil des Betrugs mit Kunst ausmachen: bei den verfälschten Werken wird beispielsweise ein Gemälde
eines unbedeutenden Malers aus dem 19. Jhdt. mit der Signatur eines bekannten Malers aufgewertet", sagte Gach.
Die Online-Verkäufe im Internet bieten eine optimale Möglichkeit, um gestohlene, gefälschte, illegal
ausgeführte oder illegal ausgegrabene Kunstgegenstände zu verkaufen. Die Tatsache, dass der Verkäufer
weitgehend anonym bleibt, die unüberschaubare Anzahl von Angeboten, die nur kurze Zeit zu sehen sind. Dazu
kommt die Möglichkeit des weltweiten Verkaufs, die es leicht macht, illegales Kulturgut zu verwerten. |